Nils:
Einer der bekanntesten Texte im Pali-Kanon zum Thema der Selbsttötung ist das Channovāda-Sutta:[VeW 1]
„Den auf Grund von schwerer Krankheit suizidalen Mönch Channa besuchen Sāriputta und Mahācunda, dessen Weggefährten. Ausführlich erkundigen sie sich über eventuelle Mängel der Nahrung, der Pflege oder der medizinischen Versorgung. Doch Channa verneint jeden Mangel. Dann erkundigen sie sich über eventuelle Mängel der Erleuchtung, doch Channa legt ausführlich dar, dass er die Erleuchtung verwirklicht hat. Nachdem die beiden Mönche bei Channa keinen Mangel gefunden haben, sprechen sie ihm noch einmal die Lehre vom Ende des Leidens zu und verlassen ihn. Channa greift zum Schwert und tötet sich so. Daraufhin befragt Sāriputta den Buddha und legt ihm den Fall vor:
‚Vom ehrwürdigen Channa, o Herr, ist zum Schwert gegriffen worden. Welches ist sein Weg, welches sein Schicksal nach dem Tod?‘[VeW 2]
Buddha verweist darauf, dass Channa sich in der gründlichen Befragung als untadelig erwiesen hat, also als einer, der Arhatschaft erlangt hat und nicht wiedergeboren werden wird. So gesehen ist schon die Fragestellung des Sāriputta verfehlt. Sāriputta verweist aber auf die Verwandten und Freunde, die das Verhalten von Channa als verwerflich erachten, doch dies weist Buddha zurück:
‚Wer, o Sāriputta, diesen Körper abwirft, und einen anderen Körper anlegt, den nenne ich tadelnswert. Das ist bei Channa dem Mönch nicht (der Fall); untadelhaft hat Channa, der Mönch, zum Schwert gegriffen‘
Dass Traditionen nichts mit Versagen (aus ihrer Sicht) zu tun haben wollen und dass sie das vollbringen, indem sie ihren Versagern ihr Versagen (aus ihrer Sicht) als Erlangung umdichten, das ist nun aber nichts Neues, oder?
Ganz neu wäre es, bloß zur Kenntnis zu nehmen, dass da einer offentlich nicht mehr wollte, und das einfach hinzunehmen ohne es an einem Imperativ zu messen.