Beiträge von Doris im Thema „Gelübde“

    Selbst:

    Ich entnehme aus den Beiträgen:


    - Es ist nicht möglich, nicht zu töten. (Monday)
    - Es geht darum, nicht mit Absicht zu töten. (melv0)
    - Diese Absicht ist aber womöglich schon vor einem Gelübde gar nicht vorhanden. (von Ellviral angedeutet)
    - Das Gelübde soll ein stärkeres Bewusstsein auch für die Folgen des Handelns schaffen. (Sudhana)


    Hier entsteht für mich das Problem. Durch das Bewusstsein wird plötzlich ein möglicherweise absichtsloses Töten zu einem Akt, der stärker beachtet werden soll. Damit kann es passieren, dass aus dem absichtslosen Akt ein absichtsvoller würde, also ein ganz bewusster. Das Gelübde würde dann erst dazu beitragen, dass absichtsloses (!) Töten unmöglich wird, weil es etwas wertend in das Bewusstsein erhebt, was vorher so dort nich vorhanden war. Ich glaube darum, dass viele Menschen keine Probleme mit dem Rasenmähen haben, weil sie damit keinerlei Absicht des Tötens verbinden. Sie sind damit im Grunde besser dran als einer, der sich hier den Kopf zerbricht und dann den Rasenmäher stehen lässt. Das ist wirklich amüsant. Die einen sind mit sich im Reinen, die anderen nicht. Aber die, die es nicht sind, denken, dass sie möglicherweise moralisch besser dastehen.


    Dieses Dilemma entsteht nur, wenn ich das mit meinem Ego betrachte, also MICH mit ANDEREN vergleiche und dabei werte.
    Das ist nicht Bodhisattva-like. :D
    Man darf die Gelübde auch nicht so einfach isoliert sehen, dass bringt auf die Dauer nur Fundamentalismus und Verwirrung hervor. Es ist eigentlich immer ein Bündel an Gelübden. Sie beziehen sich aufeinander, ergänzen, erklären und modifizieren sich gegenseitig.


    Wenn ich so ein Tagesgelübde nehme, also heute werde ich z.B. mich der berauschenden Substanzen enthalten, dann habe ich ein Problem erkannt oder will zumindest sehen, ob es eines damit gibt. Für das Sich-dem-Töten-beim-Rasenmähen-Enthalten gilt dasselbe. Ich mähe den Rasen so achtsam, dass ich es möglichst vermeide Tiere zu töten. Das kann sein, dass ich gucke, ob sich Jungvögel im Gras verstecken, oder ein Tierjunges in Scheckstarre verharrt, dass ich nicht ausgerechnet dann mähe, wenn viele Regenwürmer draussen sind usw. So ein Gelübde dient demnach nicht nur dem tatsächlichen Vermeiden von Unheilsamen, sondern auch der Bewusstmachung.


    Was kann das bewusst machen? Die eigenen Schwächen, den Zusammenhang aller Wesen, den Kreislauf des Lebens, der Verletzlichkeit der Welt, dem Nicht-Vermeiden-Können des Tötens, der Unzulänglichkeit sich unreflektiert an Moralvorstellungen zu halten, wie wenig Kontrolle wir wirklich haben, und und und.
    Diese Übung ist also mehrdimensional. Letztendlich kann alles was ich tue, auch so vermeintlich harmlose Dinge wie Rasenmähen, für andere Wesen eine existenzielle Katastrophe bedeuten. Das kann dann zur Erkenntnis führen: Es gibt kein wirklich harmloses Handeln, das ist nur ein Konzept.
    Damit steht man mit dem Rücken zur Wand. Aber es ist die Realität. Mit der gilt es dann zu leben. Leicht ist es niemals. Man kann sich aber mit sich und der Welt versöhnen, diese Chance bietet einem diese Verlorenheit: Ich bin verloren, aber zusammen mit allen anderen. (Da hast Du übrigens eine tiefe Einheitserfahrung ohne Drogen.)