Beiträge von Yofi im Thema „Vom Glauben zur Meditation – ein buddhistischer Lebensweg ?“

    Das sehe ich auch so. Die Angst vor dem Glauben ist ein ganz übliches Angstbild, die Reaktion des Ego auf die Gefahr als Hemmung erkannt zu bleiben, es ist quasi sein Überlebenskampf. In der Meditation sind Ratio und Ego eine Nebensächlichkeit, darum bedingt sie auch eine Weiterentwicklung. Wenn man nicht daran glauben würde, dass man damit Erfolge erzielt, wenn man nicht daran glauben würde, dass es da ein Ziel gibt, warum sollte man sich mit der Meditation beschäftigen? Das würde sicher niemand tun.

    hedin02:


    Die vier Wahrheiten mit ihren Tiefsinnigkeiten sind m.E. am Beginn der Lehre ohnehin deplatziert, sie gehören dorthin, wo sie letztlich geistig, intellektuell auch nachvollzogen werden können.


    Was bedeutet für dich dieses Nachvollziehen? :) Das intellektuelle Begreifen muss nicht zwangsläufig zur Erfahrung führen...


    Zitat

    Für mich persönlich ist die Befreiung aus dem samsarischen Kreislauf eine Metapher, die der Zielorientierung für den Weg in eine Welt dienen soll, die vom verblendeten samsarischen Geist nicht erfasst werden kann.
    Daran zu glauben bringt nichts, deshalb besser mal abwarten. :angel:


    Oh ja. Die Unwissenheit gehört nicht zur Natur des Geistes... Die Meditation ist ein Zustand, in dem seine Natur zum Wirken kommt und das intuitive Erkennen bedingt. Dann können sich bestimmte Erfahrungen auf der intellektuelle Ebene im Nachhinein bemerkbar machen. Oder wie würdest du das aus der Abhidhamma-Sicht beschreiben? Ich meine damit z. B. die Zwei Pfeile. Erst passiert etwas, wird erkannt, erfahren, und danach kommt die Erinnerung, Überlegung, Werturteil, schließlich das Wollen. Man will z. B. wissen, wer den Pfeil abgeschossen hat. Die Evolution hält im Samsara fest und lässt immer besseres Vorausschauen, Meiden, Bevorzugen und Sich-Schützen entwickeln. Der ursprüngliche Instinkt weicht in den Hintergrund. Vielleicht ist sein Zweck eine andere Überlegung gewesen, nämlich dass Pfeile schießen gar keine gute Idee ist, auch wenn das zugegebenermaßen bitter für den Mann klingen mag, der gerade am Boden liegt.

    Zitat

    Hier ein exemplarisches Beispiel von religiösen Glaubensinhalten, die der buddh. Philosophie diametral gegenüber stehen:


    „Eure Rettung ist wirklich reine Gnade, und ihr empfangt sie allein durch den Glauben. Ihr selbst habt nichts dazu getan, sie ist Gottes Geschenk. Ihr habt sie nicht durch irgendein Tun verdient; denn niemand soll sich mit irgendetwas rühmen können.“
    Epheser 2,8-9


    Es liegt mir fern jemanden seinen „Glauben“ seine Zuversicht und sein Vertrauen in die Buddh-Lehre madig zu machen.


    Kein Problem. Das kann man sicher von unterschiedlichen Standpunkten sehen. Zunächst dachte ich: Hoffnungen auf eine Rettung ohne dass man aktiv werden muss. Da ich aber ein notorischer Verfechter von Gemeinsamkeiten zwischen den alten Religionen bin, die in den heutigen im jeweils unterschiedlichen Umfang fragmentarisch enthalten sind, ist mein zweiter Gedanke gewesen: Das ist der Unterschied zwischen dem Stolz (Ich-allein-schaffen, Wille, Tat, Karma) und dem Aufgeben dieser Aktivität, wobei die dadurch erreichte innere Haltung eine Eigendynamik auslöst, die der Mensch wirklich nicht erschaffen hat. Und wenn damit argumentiert wird, dass der "Glaube" in der Geschichte viel Unheilsames angerichtet hat, kann man das auch so sehen, dass es in Wirklichkeit der Ich-Glaube gewesen ist, gegen den sich auch der Spruch oder die Bibel-Weisheit richtet.


    Grüße

    Vielleicht meinen wir zwei unterschiedliche Arten des Glaubens. Vertrauen kann im gewissen Sinne bedeuten daran zu glauben, dass das, was man im Moment noch nicht erkannt und nicht erfahren kann, später ersichtlich sein wird. Man kann es auch Zuversicht nennen. Jene setzt die Erkenntnis (vielleicht aber auch zunächst Glaube oder Intuition) voraus, dass man sich mitten in der Unwissenheit und Dualität mithilfe des Vertrauens zu einer Lehre (Praxis) aus dem Kreislauf befreien kann.


    Nehmen wir z. B. Vier Edle Wahrheiten. Die ersten zwei sind bei einer entsprechenden Lebenserfahrung leicht erkennbar und nachvollziehbar. Der Glaube (Vertrauen) daran, dass die übrigen zwei ebenso zutreffen, kann man zunächst nicht überprüfen, aber die positive Einstellung dazu bedingt eine entsprechenden Geisteshaltung, die eine spätere Erfahrung möglich macht.


    Als Inspiration: A.X.61-62

    Morpho:

    Un(auf)geklärt wäre dann: Unlauter ( böse, unwürdige Erwägungen - Bilder der Gier, des Hasses und der Verblendung )
    Wie ist der buddhistische Begriff ?


    Es kommt darauf an, warum man sich nicht aufklären lässt. Ist die Motivation Stolz, Mattheit, Gewissenlosigkeit usw.


    http://www.abhidhamma.de/frame…amma.de/txt_abhiS_02.html


    (der Link zu der Tabelle II bei 14 Unheilsamen - funktioniert hier nicht direkt)


    So etwas ist kein Pessimismus, das ist einfach die Wahrheit. Wer das verdrängt ist eher ein Pessimist, weil er nicht annimmt, dass das alles überwunden werden kann.


    Aber sicher ist: sympathisch klingt das alles nicht.

    Stero:
    nescio:

    das mag, wie Yofi bemerkte, die typische Auffassung der westlichen Kultur zu sein, in der die Beziehungen zu Mythen und Religion teilweise verloren gegangen sind.


    Wenn die Beziehung zu Mythen und Religion in der westlichen Kultur nur teilweise verloren gegangen ist, dann bin ich bereits westlich des Westens.


    Ich habe zu dem Thema gerade einen Beitrag in "Nagarjuna" geschrieben. Es geht hier "im Westen" niemandem besser als zuvor, und wenn, dann nur weil wo anders en masse an Hunger gestorben wird. Wir leben leider in einer Zeit der Regression, in der die Bedeutung der Sprache aus ihrem religiösen Kontext heraus gerissen, auf ein Mindestmaß reduziert wurde und in folge dessen auf keine ethische Werte mehr hindeutet. Letzteres geschah anhand einer zu dem Zweck entwickelten Symbolik, die heutzutage nicht einmal mehr verstanden wird, was manche zum unverständlichen Umgang damit veranlasst.

    Von einem solchen Zeitalter, einem Himmel oder der Zeit, in der Mensch mit dem Universum eins gewesen ist, berichten alle Entstehungsgeschichten, Mythen und religiöse Richtungen rund um den Globus. Für mich besteht kein Grund anzunehmen, dass alte Kulturen sich einen Abwärtstrend und Regression ausgedacht hätten, weil die natürliche Art des Menschen eigentlich eher Verbesserungen anzustreben sowie auf bessere Zeiten zu hoffen ist. Wir können selbst in der Zeitspanne der letzten 3 Generation beobachten, dass die Entwicklung nicht positiv ausfällt und für alle industrielle Errungenschaften ein hoher Preis durch die Vergiftung der Umwelt sowie schlechte Gesundheit aller höheren Lebewesen gezahlt wird. Es gibt nicht weniger Elend oder Lieblosigkeit in der Welt, ebenso Kriege werden nicht weniger, die hergestellten Waffen nicht humaner.

    nescio:

    Der Glaube als nützliche, in jungen Jahren wohl eine gewisse psychische Stabilität verleihende Hilfskonstruktion ?
    Besteht so gesehen, der tiefere Sinn des Glaubens nicht darin, eben jene zugrunde liegende,
    prinzipiell auf Subjekt Objekt beruhende Konstruktion als solche zu erkennen und am Ende,
    wenn die Zeit gekommen ist, zur Einheit in stiller Meditation zurückzukehren ?


    Das mag wohl so sein, weil wir zunächst ein Verständnis für Subjekt-Objekt-Beziehungen entwickeln müssen um die nötige Geistesruhe für meditative Erfahrungen zu gewinnen. Die Vorstufe der Ethik lernt das Kind aus den Märchen sowie der religiösen und mythenhaften Überlieferungen aus den kulturellen Anfängen der Menschheit, als - wie man sagt - der Mensch und seine Welt eins und nicht getrennt voneinander waren. Ebenso den tibetischen Kindern werden Märchen von Göttern und den Himmeln, von Tieren und Fabelwesen erzählt, die alttibetische sowie indische Kosmologie und auch der Palikanon bieten anhand ihrer Symbolik Einblicke in das tiefere Verständnis des Daseins. Der Übergang zwischen den Märchenwelten und Kosmologie einerseits, und dem buddhistischen bzw. hinduistischen Weg auf der anderen Seite ist in diesen Kulturen fließend, während sich im Westen i. d. R. ein Verulst der Orientierung im Alter, in dem Märchen nicht mehr gehört werden während der reale Bezug zur Mythologie und Religion verloren ging, manifestiert. Dann dienen eben Konsumorientierung und egoistische Handlungsweisen, die sich aus dem systemeigenen Gewinn- und Konkurrenzdenken der Gesellschaft entwickeln, als Ersatz für das erfüllte Erleben und das Gemeinschaftsgefühl der früheren Zeiten.