Beiträge von Sudhana im Thema „Leerheit im Zen“

    Festus:
    Sudhana:

    ........Die, die Du ihr gibst. Das eröffnet diverse Möglichkeiten ...


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    Joo, so isses. Klodeckel, Baum, Haus, Kissen, Sudhana, Festus................


    Ich dachte da eher an die Alternative Gequatsche oder Kyosaku. Sorry, aber mit dem Thema hattest Du angefangen. Ich für meinen Teil halte nichts davon, den Leuten mit Prügeln etwas Verstand einzubleuen (auch, wenn das durchaus funktionieren mag) - mit ihnen zu reden scheint mir sinnvoller. Warum dann wiederum jemand, der den Kyosaku bevorzugt, (was ja in Ordnung ist, so lange er Leute findet, die sich freiwillig prügeln lassen oder selbst drauf steht) in aller Regel meint, darüber auch noch quatschen zu müssen, will mir nicht so recht einleuchten.


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    Festus:
    Sudhana:


    Du hinkst ein wenig ... Da muss man aufpassen, dass man nicht im Kreis wandert.


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    Wenn alles Leerheit ist, Sudhana, dann ist auch alles Form. :grinsen:
    Wenn Form Leerheit und Leerheit Form ist, welche Form hat dann die Leerheit?
    Hat man mich mal gefragt. :)


    Die, die Du ihr gibst. Das eröffnet diverse Möglichkeiten ...


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    Tai:

    Diese Frage ist auf jeden Fall ein guter Weg, sich gleich mal dreißig Schläge beim Zen-Meister abzuholen. Denn sobald du es verstehst, ist es nicht mehr Leerheit. Und das gilt selbst noch unter Berücksichtigung treffender Unterscheidungen wie der von Sudhana eingebrachten zwischen intellektuellem Verständnis gegenüber einem mit "ungeteiltem Körper-und-Geist".


    Fein beobachtet. Die Pointe der Erfahrung der Leere mit "ungeteiltem Körper-und-Geist" ist natürlich die, dass diese Erfahrung des "ungeteilten Körper-und-Geist" - um die bekannte Metapher Dogens zu bemühen - in seinem "Abfallen" besteht. In der Tat - wer sollte da was (und wie) verstehen? "Verständlich" kann da allenfalls das sein, was in den "ungeteilten Körper-und-Geist" zurückgespiegelt wird, der Moment des "Abfallens" - aber das ist eben nur Spiegelung, nicht das Gespiegelte.

    Tai:

    "Leerheit" wird daher in der Zen-Lehre i.d.R. nicht als ein zu verstehender Begriff, sondern als eine Art Fingerzeig auf etwas verwendet, das zugleich auch mit "Geist" bezeichnet wird. So sind etwa in den Lehren der Meister Huang Po oder Lin Chi die Begriffe "Leere" und "Geist" fast überall substituierbar.


    Ich habe einmal gelesen (weiss nicht mehr, wer das verzapft hat), dass es in all den Koan eigentlich nur um zwei Themen geht: 'Leere' und 'Geist'. Mir scheint, da ist was dran, auch wenn das stark simplifiziert ... Wobei man da als Westler sicherlich schon etwas vorsichtig mit dem Begriff 'Geist' umgehen muss, der ja eine lange Begriffsgeschichte im abendländischen Denken hat, was leicht Anlass zu Missverständnissen gibt. Das deckt sich nur partiell mit dem Geistesbegriff, den die Yogacarin entwickelten und der obendrein in China mit Ideen der Tathagathagarbha-Tradition zur Doktrin der Buddhanatur (die vor allem - in der Interpretation Dogens - für das Soto-Zen zentral ist) verschmolz. Die prominentesten Werke dieser Richtung - das Fo Xing Lun (Buddhadhātu-śāstra) und das Dasheng Qixin Lun (Mahāyāna śraddhotpādaśāstra) werden nicht zufällig (wenn auch mit ziemlicher Sicherheit fälschlich) zwei Patriarchen des Zen (Vasubandhu und Aśvaghoṣa) zugeschrieben. Jedenfalls ist diese Sichtweise das Komplement zur Sichtweise der Leere (was in beiden Fällen etwas Anderes ist, als deren unmittelbare Erfahrung) - mittlerer Weg.


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    Spock:
    Sudhana:

    ...Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass das wirkliche Verständnis von Leerheit/Leere - und damit meine ich eben kein intellektuelles, sondern eines mit ungeteiltem Körper-und-Geist - sich sprachlichem Ausdruck auf konventioneller Ebene entzieht...


    ich verstehe deine Aussage so, dass sich das "wirkliche Verstaendnis von Koerpergeist" dem Intellektuellen entzieht und somit auch dem sprachlichen Ausdruck, aber waere ein Ausschluss der Ausdrucksformen nich unvollstaendige Uebung?


    Nun - es geht ja nicht um einen Ausschluss von Ausdrucksformen, sondern um eine Gewichtung von Ausdrucksformen hinsichtlich ihrer Eignung als didaktisches Mittel des 'Zeigens'. Wobei die Gewichtung unter den Bedingungen eines Austauschs in einem Internetforum zwangsläufig etwas anders ausfällt als unter der eines Dokusans. Gut, wenn man da (und auch sonst) in der Wahl der Mittel nicht allzusehr eingeschränkt ist. Auch habe ich nicht behauptet, das von und mit 'Shinjin' erfahrene Verständnis entziehe sich sprachlichem Ausdruck, sondern dies bewusst mit "auf konventioneller Ebene" eingeschränkt.


    Dabei ist mir persönlich wichtig, nicht nur die Koan und Gedichte / Lieder als unkonventionelle (und daher scheinbar 'rätselhafte') sprachliche Ausdrucksformen zu begreifen, sondern auch die gemeinsame Rezitation etwa des Herzsutra. Als Ausdrucksform transportiert dies sehr viel mehr als der reine Text, der mit dem konventionellen Mittel der Hermeneutik zwar problemlos zu entschlüsseln - aber nicht über die intellektuelle Ebene hinaus zu verstehen ist. Und gerade um das Darüber-hinaus-Gehen geht es da ja ...


    Ansonsten: jede Ausdrucksform ist unvermeidlich "unvollständige Übung" weil nicht identisch mit dem Eindruck, den sie ausdrückt. In der Minimierung dieser Unvollständigkeit liegt die Herausforderung und der Reiz der "unvollständigen Übung".
    Gasshô ()

    Sherab Yönten:

    Was versteht man im Zen Buddhismus unter Leerheit/Leere ?


    Nun - ich weiss nicht, was man in Deiner (tibetischen?) Tradition unter "Leerheit/Leere" versteht und ob das tatsächlich dasselbe ist wie im Zen. Ich weiss nicht einmal, ob man überall im Zen dasselbe unter "Leerheit/Leere" versteht - nicht einmal, ob mein Sitznachbar dasselbe Verständnis hat wie ich. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass das wirkliche Verständnis von Leerheit/Leere - und damit meine ich eben kein intellektuelles, sondern eines mit ungeteiltem Körper-und-Geist - sich sprachlichem Ausdruck auf konventioneller Ebene entzieht. Was bei dem Schwerpunkt, den Zen bei der Lehrübermittlung auf die unmittelbare, existentielle Erfahrung von Śūnyatā / legt, sich darin zeigt, dass geringeres Gewicht auf die klassische buddhistische Literatur gelegt wird (was nicht heisst, dass man sie nicht kennt) als auf das lebendige, persönliche Vermitteln - das 'Zeigen' durch jemanden, der dem Schüler die existentielle Erfahrung, von der ich oben schrieb, voraus hat. Dieser Zweifel am Wert oder doch zumindest Nutzen des Sagbaren drückt sich auch in der unkonventionellen Sprache der Kōan aus - und in der Wertschätzung des Herzsutra, das in seiner aphoristischen Kürze die gesamte Prajñāpāramitā-Literatur in ein paar Zeilen zusammenfasst.


    Das Madhyamaka kam bereits um 400 u.Z. nach China und führte dort zur Entstehung der Sānlùn zōng, der 'Schule der drei Abhandlungen'. Konkret sind das Nāgārjunas Zhōnglùn (die Mūlamadhyamakakārikās mit einem kurzen Kommentar des Übersetzers), Nāgārjunas Shíèr mén lùn (Dvādaśadvara-śāstra, nur in chinesischer Übersetzung erhalten) und Kānadevas Bǎi lùn (Śata-śāstra). Kānadeva ist identisch mit dem in Tibet bekannten Āryadeva. Die Schule hatte Ableger in Korea und Japan und war eine wichtige Quelle für die ca. zwei Jahrhunderte später entstehenden indigenen Schulen Huāyán zōng (jap. Kegon-shū) und Tiāntái zōng (jap. Tendai-shū) und über deren Vermittlung für die sich ab dem 7. Jahrhundert u.Z. formierende Chan zōng (jap. Zen-shū). Die exegetische Ausrichtung des ostasiatischen Madhyamaka ist am ehesten mit der des Prasaṅgika vergleichbar - wobei man berücksichtigen muss, dass die für das tibetische Madhyamaka so entscheidende Rollen einnehmenden Kommentatoren Nāgārjunas Bhāvaviveka und Candrakīrti für das in China längst verankerte Madhyamaka keine Rolle mehr spielten.


    Nāgārjunas Präsentation der 'zwei Wahrheiten' findest Du im 24. Abschnitt der Mūlamadhyamakakārikās - anders als bei den (abschließenden) Abschnitten 26 und 27 wird ihre Authentizität von der (indologischen) Wissenschaft nicht in Zweifel gezogen.


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