Beiträge von Tai im Thema „Zazen und Spielgefährte“

    Karnataka:

    Ein Pädagoge sollte seine eigenen Gefühle bewusst wahrnehmen. Auch für den Umgang mit schwierigen Kindern wäre es nicht vorteilhaft, selbst übertrieben zornig zu reagieren. In jedem Fall sollte er den Kindern zeigen, dass sie ihm am Herzen liegen, oder? Wenn er sich überfordert fühlt, dann liegt es in der Regel nicht daran, dass ihm das Wissen fehlen würde, wie es besser ginge.


    Stimmt.


    Aufschlussreich wäre vielleicht zu ergründen, warum er sich überfordert fühlt. Vor etlichen Jahren hörte ich einmal Baker Roshi über den Besuch bei einem Freund berichten, der auf einem riesigen Stück Land einige tausned Bisons hielt. Die Bisons, so der Freund, seien ein wenig schwer zu kontrollieren. Man könne sie nur bewegen, dahin zu gehen, wohin sie ohnehin gehen wollten. So ähnlich verhält es sich auch mit Kindern. Wenn einer in der Arbeit mit ihnen demotiviert ist und sich schnell überfordert fühlt, mag es daran liegen, das er zu sehr versucht, sie in die ein oder andere Richtung zu zwingen. (Das Ganze ist natürlich auch eine Metapher auf die Kontrolle des Geistes im Zen)


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    Karnataka:


    Heiter und gelassen zu sein, ohne etwas erreichen zu wollen - würdest du eine solche Haltung auch auf das alltägliche Leben beziehen? Sollte es nach dem Zen darum gehen, das "Geschirr zu waschen", ohne Hoffnungen und Pläne für die Zukunft, ohne dass wir irgendwie ein zukünftiges Glück antizipieren? Das stelle ich mir als das Schwierigste vor. Weiß nicht mal, ob ich es wollte...


    Wie siehst du die Sache mit dem persönlichen Ehrgeiz?


    Als Koan-Praktizierender bietet Zazen mir optimale Voraussetzungen, mich ganz auf die Koanfrage einzulassen und darin alles Denken, alle Pläne und jeden persönlichen Ehrgeiz einzuschmelzen. (Ich behaupte nicht, das wirklich zu können) aber stell dir einfach mal vor, ich würde das verwirklichen beim Zazen und im Alltag. Woran könnte ich mich in einem solchen Zustand des gegenstandslosem Gewahrseins während meiner täglichen Arbeit halten - ? Ich würde einfach tun, was die Situation erfordert.


    Bestünde mein Job darin, Pläne zu schmieden, würde ich Pläne schmieden. Wäre ich (was ich tatsächlich bin) ein Erzieher von Kindern, für die Spielen ja nun mal gefühlt so wichtig ist wie Atmen, meist wichtiger als Essen, Trinken oder Schlafen und die sich zudem mit ganzem Herzen an jedes Wesen binden, das ihnen offen entgegentritt - dann wäre ich wohl ein guter Spielgefährte. Wollte ich stattdessen als Zen-Meister (der ich nicht bin) Schüler ins Zazen einweisen, dann würde ich sicher nicht zu ihnen sagen: "Geht mal raus und spielt mit den Kindern!" Erst recht nicht würde ich sie mit philosophischen Ergüssen über das Spielen im Raum der Leere etc. zuschwurbeln. Warum nicht? Weil Zen darin besteht, alles begriffliche Denken loszulassen und selbst die großartigsten Philosophien oder Spekulationen z.B. über die Frage, ob mich Zen nun zu einem besseren Spielgefährten macht oder nicht, mich diesem Loslassen keinen Schritt näher bringen. Im Gegenteil. Ich würde meinen Schülern stattdessen vielleicht sagen: "Von Augenblick zu Augenblick werft euch mit Haut und Haaren in eure Koanfrage!" Und unter Zen-Meister verstehe ich jemanden, der das tatsächlich umsetzen kann.


    Just my two cents
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    Karnataka:
    Tai:

    Zen zielt nicht auf gesellschaftlichen Nutzen oder Schaden; es spricht weder für noch gegen das Spiel.


    Das ist ein bisschen wie mit zwei Typen, die blöde vor sich hinstarren. Der eine verwirklicht vielleicht gerade das gegenstandslose Augenblicksgewahrsein, der andere gibt sich plattem Stumpfsinn hin - beides ganz furchtbar schlechte Spielgefährten. Na und?


    Ist es also egal, ob man durch den Zen-Weg ein besserer Spielgefährte oder sogar ein besserer Mensch wird? Geht es nur um ein mystisches Erleben und gar nicht um die Verbesserung persönlicher Eigenschaften?


    Wie ich es sehe, bezeichnet Zazen vor allem den Geist einer gewissen Absichtslosigkeit, der sich schlicht nicht in Einklang bringen lässt mit der Absicht, ein besserer Mensch zu werden oder irgendein besonderes mystisches Erlebnis zu forcieren.


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    Karnataka:


    Im Spielen ist man im Hier und Jetzt. Damit scheint mir die Ähnlichkeit mit dem Zen genannt.


    Im Spiel bist du ganz hier und jetzt aber auch nur in dem Sinne, in dem zwangsläufig alles, was du tust, im Hier und Jetzt stattfindet; also in dem Sinne, in dem du auch im Hier und Jetzt bist, während du z.B. gerade gedankenverloren vor dich hinträumst. Mit dem im Zusammenhang von Zazen gerne erwähnten Gewahrsein des hier und jetzt Gegebenen in seiner Soheit hat das Spiel in aller Regel überhaupt nichts zu tun. Im Gegenteil würde ich das Spiel eher als ein geniales, lustvoll-kreatives und durchaus lehrreiches Eintauchen in die ein oder andere Fantasiewelt beschreiben - das genaue Gegenteil von dem, was mit Zazen bezeichnet wird.


    Karnataka:


    Wo liegt der gesellschaftliche Nutzen von Religion? ... Manchmal hört man doch, dass es im Zen nix zu erreichen gäbe?


    Da hast du's ja schon selbst beantwortet. Zen zielt nicht auf gesellschaftlichen Nutzen oder Schaden; es spricht weder für noch gegen das Spiel.


    Das ist ein bisschen wie mit zwei Typen, die blöde vor sich hinstarren. Der eine verwirklicht vielleicht gerade das gegenstandslose Augenblicksgewahrsein, der andere gibt sich plattem Stumpfsinn hin - beides ganz furchtbar schlechte Spielgefährten. Na und?

    Piti:

    Kann Zazen den Weg zu einem besseren Spielgefährten (nach Fred Donaldson) fördern?


    Wenn, was immer du tust, den Weg zu etwas fördert, ist es jedenfalls nichts, das den Namen Zazen verdient.


    Zitat

    Hogen vom Seiryo-Kloster war dabei, vor dem Essen einen Vortrag zu halten, als er feststellte, dass der Bambusvorhang, den man für die Meditation heruntergelassen hatte, nicht hoch gerollt worden war. Er wies darauf hin. Zwei Mönche aus der Zuhörerschaft erhoben sich und rollten ihn hoch. Hogen, der sie beide in ihrer körperlichen Bewegung beobachtete, sagte: "Der erste Mönch hat es, der zweite nicht." (26. Fall des Mumonkans)


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