Beiträge von Karnataka im Thema „Wie wird man schwere Anhaftungen los?“

    Hallo Anandasa,


    Genau weiß ich ja nicht, wovon du sprichst. Eine wirklich schwere Anhaftung kann aber unabhängig von der jeweiligen Stimmung bestehen. Dann wird Meditation keine große Veränderung bewirken, fürchte ich. Eine schwere Anhaftung kann auch bedeuten, dass Ängste mit der Vorstellung verbunden sind, sie aufzugeben.


    Vermutlich können wir durch kontinuierliche Bemühung und Geistesschulung sogar unsere persönlichen Eigenschaften sehr stark ins Positive wenden. Dies könnte eine gute Voraussetzung für langfristigen Erfolg sein. Zunächst braucht es aber vermutlich große Disziplin und die Toleranz von Unlustgefühlen, die mit dem Aufgeben einer schweren Anhaftung einher gehen.

    Doris Rasevic-Benz:

    Ja, ich spalte, und das aus gutem Grund. Denk mal darüber nach, wie das ist, wenn Du auf eine Behörde gehst (um mal den Klassiker anzuführen), und da sitzt jemand, der stur nach Regel arbeitet, obwohl es völlig idiotisch ist. Sein Argument: So machen wir es immer, und jetzt mache ich Mittag. Oder denke an einen Arzt, der Dir seit Jahren dieselbe Medizin gibt, obwohl sie nichts hilft und null Anstalten zeigt, was neues auszuprobieren, sich auf den neusten Stand zu bringen. Oder denke daran, wie schwierig es ist, wenn Kollegen neue Regeln ablehnen, die eigentlich das Arbeitsleben leichter machen. Oder wenn sie zum hundertsten Mal kommen und Dich fragen wie ein PDF gemacht wird, weil sie keine Lust haben, sich eine halbe Stunde hinzusetzen und sich damit zu befassen.


    Im chronischen Widerstand sich auf Neues einzulassen, sehe ich ein psychisches Problem. Es ist auch ein gesellschaftliches. Denn die Leute mit dem Das-haben-wir-schon-immer-so-gemacht sind die eigentlichen Bremser jeder Entwicklung. Die Umwelt einfach ausgebeutet, das haben wir nämlich immer schon so gemacht, seit Jahrtausenden (nur waren wir weniger und konnten ausweichen). Auf unser Vorurteile stützen wir uns auch schon seit Menschengedenken. Unsere Unarten heutzutage scheinen nur neu zu sein. In Wirklichkeit sind sie Teil von uns, schon immer. Deshalb könnte es gut sein, dass wir als Geschlecht keine Chance auf ein Überleben haben und durch unsere schiere Anzahl kurz vor der Ausrottung stehen, wie bei der Eutrophierung eines Gewässers … Sollte eine Gruppe das überleben, dann weil sie sich anpassen kann, sich ändern kann, flexibel ist, keine Angst vor Veränderung hat, sich ihre Lernfähigkeit bewahrt hat.


    Zunächst sehe ich ein logisches Problem. Auch du wirst zugestehen, dass nicht jede Veränderung automatisch eine Verbesserung für alle Beteiligten bedeutet. Beispielsweise bringt die Einführung einer Stechuhr nicht allen Beteiligten eine Verbesserung. Auch gibt es einen Gesamtzusammenhang. Etwa kann eine gutgemeinte Verbesserung anderswo Ressourcen fehlen lassen. Es braucht also ein an der Praxis geschultes Knowhow.


    Da eine solche Unterscheidung demnach objektiv nicht gerechtfertigt ist, findet sie sich zumeist auch nicht in der Realität. Mir persönlich wäre in meinem Arbeitsleben noch nie die pauschale Eigenschaft einer Gruppe aufgefallen, grundsätzlich immer bremsen oder immer alles verändern zu wollen, da dies der Komplexität nicht entspricht. Daher bin ich der Ansicht, dass eine solche Spaltung, wenn sie in Gedanken passiert, die widersprechenden Umstände leugnet.


    Das möchte ich dir selbstverständlich nicht unterstellen! Dennoch möchte ich auf ein Problem, das aus Spaltung resultiert, hinweisen. Im übelsten Fall kann Spaltung dazu führen, dass Menschen schubladisiert, idealisiert oder entwertet werden. Die eigene Gruppe wird dann natürlich immer als gut, gerecht und immer im Recht betrachtet. Gegenüber den Feinden besteht eine Hypersensitivität für alles Negative, Kritische, das zum Beweis für die eigene Überzeugung wird.

    Doris Rasevic-Benz:

    Mir sind in meinem Arbeitsleben zwei Gruppen von Menschen begegnet: Die einen sträuben sich vor Veränderungen, die anderen brauchen Herausforderungen. Ich muss zugeben, mit letzteren zu arbeiten macht mehr Spaß und ist einfacher, vor allem, wenn es mal rund geht. Und wenn es ruhiger ist, dann sind sie offen für neue Dinge. Sie blicken immer über den eigenen Tellerrand. Mit Unruhe hat das nicht viel zu tun. Im Gegenteil. Mir erscheinen diese Leute viel ruhiger und stressresistenter zu sein, sie geraten nicht alle Augenblicke in Panik, sie sind unkomplizierter und räsonieren nicht ständig und können improvisieren.


    Unterforderung ist Stress. Das Gehirn braucht Möglichkeiten was Neues zu lernen. Es sträubt sich gegen Verkümmern. Langeweile ist wichtig, weil sie uns dazu bringt, was Neues zu lernen, was Neues auszuprobieren, kreativ zu sein. Ein gewisses Maß an Routine und Stabilität finde ich gut als Ausgleich und um Raum zu schaffen, damit ich mir was Neues aneigne, aber wenn die Arbeit nur noch daraus besteht, dann ist mir das viel zu wenig. Es gehört dann ein gehöriges Maß an Selbstdisziplin dazu, mit demselben Elan sich an die ewig gleichen Dinge zu machen. Ich glaube nicht, dass das Gehirn dafür geschaffen ist. Der Mensch scheint ein Lerntier zu sein.


    Wenn Du Dich in Deinem Job allmählich anfängst zu langweilen und keine Aussicht besteht, dass es wieder interessant ist – man verbringt schließlich den Großteil seines Lebens damit – dann wird es Zeit zu neuen Ufern aufzubrechen. Das kann ein neuer Job sein, eine neue Aufgabe in Deiner Firma, eine Weiterbildung, ein neues Hobby …


    In deinem Beitrag finde ich eine sehr kluge Überlegung. Aber auch eine solche, die mich skeptisch macht. Meine Skepsis betrifft den ersten Absatz. Einmal wäre es unvernünftig, bloß die Veränderung gutzuheißen. Auch psychologisch wäre eine Haltung problematisch, die Arbeitskollegen in solche und solche spaltet und eine Gruppe ablehnt.


    Dagegen finde ich im zweiten Absatz eine Aussage, die mir sehr wichtig erscheint. Denn ich glaube, eine solche Ansicht von unserem Gehirn steht doch in gewissem Widerspruch zu folgender Meinung: Ein vollendeter Buddhist sitzt da und hört dem Regen zu. Manchmal steht er auf und wäscht sein Geschirr.

    In Zusammenhang damit sehe ich übrigens auch eine Frage, die schon gelegentlich aufkam: Sollen wir im Leben Ziele verfolgen? Hier braucht es vermutlich eine differenzierte Auseinandersetzung, die Faktoren wie Stress und unrealistische Erwartungen ebenso wie Selbstverwirklichung und das gemeinsame Wohl berücksichtigt.