hedin02:Um auf die Sinnlosigkeit der Einwände gegen die Begriffsessenz wie dem „Geistkontinuum“ hinzuweisen, möchte ich z.B. einen der vielen anderen solcher Synonyme erwähnen, den Daseinsstrom. Nicht weil der Name in den alten Schriften nicht erscheint, dort wird von „bhavanga“ geschrieben, sondern weil der Begriff ein gutes Beispiel dafür ist, wie eine Fülle von Sachverhalten mitsamt ihrer Randerscheinungen in einem Wort zusammengefasst werden kann.
Das ist ja soweit in Ordnung - nur ist es nicht sehr sinnvoll, Begriffe in eine Diskussion einzubringen, die bestimmte Inhalte und/oder Aussagen lediglich suggerieren (sollen). Anders gesagt: wenn man einen Begriff wie „Geistkontinuum“ in die Diskussion einbringt, kommt man um eine Begriffsbestimmung nicht herum.
hedin02:Dabei ist allerdings der Daseinsstrom nicht mit dem Geistkontinuum gleichzusetzen, der eben die geistige Essenz davon ist, was dem Zerfall eines Individuums überdauert und der Daseinsstrom transportiert/trägt die Gesamtheit des geistigen Vermögens des jeweiligen Individuums.
Das ist z.B. eine Begriffsbestimmung, wenn auch eine reichlich grobe. Immerhin ist einigermaßen klar, was Du damit meinst. Ob dieser so bestimmte Begriff nun tatsächlich geeignet ist, im PK formulierte Ideen wiederzugeben, wäre im Einzelnen nachzuweisen bzw. zu begründen. Da nehme ich in Deiner Argumentation ein erhebliches Defizit wahr.
hedin02:Wenn ich mich zu diesem sehr schwierigen Thema äußere, dann setze ich natürlich voraus, dass die Funktion von Synonymen dieser Art, dem Leser nicht unbekannt ist. Scheinbar bin ich aber in diesem Fall viel zu naiv.
Nun - zumindest mir ist schon bekannt, was ein Synonym ist. Der Begriff „Geistkontinuum“ in der von Dir bestimmten Form ("die geistige Essenz davon [...], was dem Zerfall eines Individuums überdauert") lässt zunächst einmal offen, was denn nun "dem Zerfall eines Individuums überdauert" - in welcher Beziehung soll dieses Überdauernde" denn nun genau zum Individuum stehen? Und was soll man sich unter seiner "Essenz" vorstellen? Wie auch immer - für ist es naheliegend, Dein „Geistkontinuum“ als Synonym für "Atman" oder "Seele" zu verstehen. Wobei ich gar nicht ausschließen will, dass das lediglich an Deiner rudimentären Begriffsbestimmung liegt. Die Krux ist doch: wie "individuell" ist denn dieses „Geistkontinuum“ von Dir gedacht?
hedin02:Ich kenne diese Wortklauberei zur Genüge
"Wortklauberei" ist häufig das Ergebnis, wenn Gedanken inkonsistent und vage formuliert werden - sie dient der Klarheit. Das Bestehen auf klaren und eindeutigen Formulierungen von Argumenten im Diskurs pejorativ als "Wortklauberei" zu bezeichnen, ist nicht nur der Klarheit, sondern auch dem Diskurs allgemein nicht dienlich.
hedin02:Übrigens: das „patisandhi-citta“ wird in den buddhistischen Wörterbüchern mit Wiederverbindung angegeben und die Bedingung für sein Entstehen ist das „cuti-citta“ (Sterbebewusstsein) das mit Abschneiden bezeichnet wird.
Es ist empfehlenswert, sich die Bedeutung des Begriffs „patisandhi-citta“ nicht nur aus einem Wörterbuch zu erschließen, sondern aus der Primärquelle, auf die sich das Wörterbuch bezieht. In diesem Fall (wie schon angemerkt) nicht der PK, wo dieser Begriff nicht vorkommt, sondern das Visuddhimagga - ein exegetischer Text aus dem 5. Jahrhundert. Dort findest Du dann allerdings nichts von dem, was Du in den Begriff hineinlesen willst - schon gar nicht dies:
hedin02:Das patisandhi-citta hat demnach die Funktion, den Übergang vom Geistkontinuum, „nama“ zu „rupa“, dem Körper zu vollziehen.
Gemäß Visuddhimagga hat patisandhi-citta keine "Funktion", sondern es ist der initialisierende Moment eines neu entstehenden "Bewusstseinsstroms" (bhavangasota). Dieser bhavangasota ist nun - nach Visuddhimagga - tatsächlich ein individuelles Bewusstseinskontinuum. Es endet mit seinem letzen Moment, dem "Sterbebewusstsein" (cuticitta). Die "Verknüpfung" (patisandhi) zwischen einem cuticitta (und einem damit endenden Geisteskontinuum) und einem patisandhi-citta (und damit einem neuen Geisteskontinuum) besteht lediglich im Bewusstseinsobjekt. Dasist - um es noch einmal zu unterstreichen - Visuddhimagga, nicht PK.
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