void:Alles anzeigenIch glaube die Mentalität hat auch viel mit der materiellen Grundlage zu tun (auch wenn man ersteres nicht auf letzteres reduzieren kann). Und diese Grundalge ist in vielen asiatischen Ländern der Reisanbau. Der Reis bringt ein anderes Denken hervor als z.B das Getreide. Bei dem Getreide ist es so, dass es so etwas wie einen störrisch, indivdualistischen Einzelbauer geben kann, der mit seiner Familie autonom die Felder bewirtschaftet und dem das Dorf egal ist.
Reis wächst nicht so sehr in der Erde als im Wasser. Und beim Wasser reichen schon kleine Verunreigungen ( ein verwesender Fuchs ) um alles zunichte zu machen. Außerdem ist es so, dass man für die Reisernte sehr viel Menschen in sehr kurzer Zeit braucht. Das heisst, dass am besten jeder beim anderen Mithelfen. Für das gemiensame Überleben ist es deswegen nicht nur wichtig, dass die Felder sauberes Wasser haben, sondern auch die Harmonie im Dorf ist überlebenswichtig. Zerfällt das Dorf in streitende Sippen, dann hat keiner genügend Arbeitskräfte und die Ernte wird für alle schlecht. Von daher ist es sinnvoll, wenn alle als "blaue Ameisen" gemeinsam und ununterscheibar im Reisfeld arbeiten und sich keien Spaltungen aufbauen.
Ich glaube das hat sich auch philsophisch ausgewirkt: Sieht man den Weizen aus dem Korn kommen, dann macht man sich Gedanken über den Kern und den Ursprung der Dinge. Während man beim Reis der aus und im Wasser wächst, eher auf die Bedingungen achtet. in den chineischen Religionen geht es stets darum, nach dem Zustand zu suchen, in dem die Dinge in Harmonie sind (so entstanden die Begriffe Yin und Yang aus den Bezeichnungen für die wetterzugewandte und die wetterabgewandte Seite eines Berges )
Und man kann sagen, dass Chan eine Form des Buddhismus ist, der im Dialog mit der Harmoniesuchenden chinesischen Kultur entstand. Aber auch in der chinesischen Kultur gab es ja einen grossen Gegensatz zwischen denen, denen eher die soziale Harmonie wichtig war, also den Konfizianisten und der eher auf die Natur ausgerichteten Daoisten. Die gleichzeitig Harmonie (Konfirmität) des Menschen mit der Welt anstrebten, dabei aber druchaus sozial unangepasst sein konnten -machmal sogar anarchistisch und obrigkeitsskeptisch. Wobei dies eben nicht indivualistisch gedacht wurde, sondern man eher so dachte, dass die sozialen Ordnung selbst ein unharmonischer Bruch mit der Natur bedeutet.
Zwischen der chinesischen und der japanischen Kultur gibt es dann nochmal grosse Unterschiede.
Der Philosoph Peter Singer widmet in seinem Buch Wie sollen wir Leben? (Original aus 1993) ein Kapitel der Frage: Wie die Menschen in Japan leben. Eine sehr ungefähre Kurzfassung: Gibt die japanische Lebensweise eine Alternative zur individualistischen und konkurrenzbetonten westlichen Lebensweise?
Die Firma als ethische Gemeinschaft: Singer meint, dass das Feudalzeitalter für uns zur fernen Vergangenheit gehört, während es für Japaner erst relativ kurz zurückliegt. So erklärt er den hohen Stellenwert der Treue gegenüber der Firma und die kollektive Denkungsart. Die Menschen schuften täglich über die offizielle Dienstzeit bis in den späten Abend, bleiben in der Regel aber auch bis zur Pensionierung im gleichen Betrieb. Auch Vorgesetzte empfinden dieses Verantwortungsgefühl gegenüber ihren Mitarbeiter und interessieren sich für deren persönliches Wohlergehen. Wer sich als ungeeignet erweist, wird an einen Posten gesetzt, wo er keinen Schaden anrichten kann. Die Firma wird traditionell als erweiterte Familie und wichtiger Teil des Lebens betrachtet. Bei Firmenausflügen werden Lieder über die „kostbare Blume unserer Einheit“ angestimmt, die bei uns maximal ein Lacherfolg wären. Singer zieht eine Parallele zum Mannschaftssport, nämlich insofern Konkurrenzdenken weniger innerhalb der Firma, sehr wohl jedoch gegenüber anderen Firmen besteht.
Singer nennt in seinem 1993 erschienenen Buch übrigens gleich an mehreren Stellen Donald Trump: …ist auch der Grund, warum es in der japanischen Wirtschaft keine Donald Trumps gibt. Mit dem eigenen Vermögen laut zu prahlen, wäre in Japan absolut geschmacklos. Dabei ist der berufliche Rang absolut wichtig, aber er wird nicht zur Schau getragen: Eine gewisse Unaufrichtigkeit ist bei dieser demonstrativen japanischen Zurückstellung der eigenen Person und gegenseitigen Rücksichtnahme allerdings nicht zu leugnen. Dennoch trügt der Schein nicht völlig: Die typische japanische Firma dient nicht ausschließlich dem Geldverdienen, die Gehaltsunterschiede zwischen Management und Arbeitern sind wesentlich geringer als etwa in den USA, meint Singer.
Das Ich und die Gruppe: Hier kommt Singer auch auf den Buddhismus zu sprechen: In einem großen Teil des östlichen Denkens, des konfuzianischen wie des buddhistischen – und beide Traditionen waren in Japan einflussreich –, gilt der Konflikt zwischen Individuum und Gruppe als ein grundsätzlich falsches Dilemma. Die Befriedigung des Einzelnen findet sich nur in der Hingabe an die Gruppe. Es entspricht dem Zen, Japans eigenem Beitrag zum buddhistischen Denken, dass der Einzelne seine persönliche Erfüllung in Pflichtergebenheit und einer so weitgehenden Entwicklung der Selbstdisziplin findet, dass der Konflikt seiner Wünsche mit dem Wohl des Größeren, für das er sich einsetzt, überwunden wird.
Ist Japan besser? Tokyo wird als eine der sichersten Großstädte der Welt bezeichnet. Die Einkommensunterschiede sind vergleichsweise gering. Japan ist wirtschaftlich ungeheuer erfolgreich. Das japanische Leben ist jedoch von starken Zwängen und Konformitätsdruck geprägt. Menschen sterben an Überarbeitung. Selbst Kindergartenkinder haben nach dem Kindergarten noch Privatstunden in Lesen und Schreiben,…
Die Hingabe an die Gruppe meint keine gleiche Berücksichtigung von Außenstehenden und des umfassenderen Ganzen. Es gibt in der japanischen Ethik keine Parallele zum Gebot der christlichen Nächstenliebe. In der Samurai Tradition besteht sogar vollkommene Gleichgültigkeit gegenüber Fremden. Singer berichtet von drei Japanreisen, wo er mit Umweltfragen und Fragen des Tierrechts befasst war. Er fand praktisch keine Unterstützung für solche Anliegen: Denen, die sich für etwas Größeres als die Interessen der Gruppe einsetzen, gibt die japanische Gesellschaft keinen Rückhalt. Singer findet so zu einem sehr skeptischen Schluss: Obwohl also die japanische Alternative zu unserer Vorstellung vom eigenen Interesse wichtige Vorteile gegenüber dem westlichen Individualismus bietet, ist ihr doch die umfassendere ethische Sichtweise mehr oder weniger fremd,…
Ich könnte mir vorstellen, dass Singer nicht falsch liegt. Japans Gesellschaft altert stärker noch als die Gesellschaften Europas. Vermutlich bedingt die Lebensweise sehr traditionelle Geschlechterrollen, da die Männer nur wenig Zeit für ihre Familien haben. So drückt sich die Gleichberechtigung der Geschlechter besonders intensiv in der demographischen Entwicklung aus. Japaner sind nach Gunnar Heinsohn jedoch der Ansicht, keine Zuwanderung zu bedürfen, da sie sich aus eigener Kraft als wirtschaftlich stark genug empfinden. So geben sie den Frauen aus Indonesien, die die Altenpflege übernehmen, keine Staatsbürgerschaften. Dies bestätigt für mich, dass ein starkes und anerzogenes Gruppenbewusstsein keineswegs automatisch dazu führt, auch Außenstehende besonders zu achten.