Beiträge von void im Thema „Es gibt noch echte Menschen - Impressionen einer Kumbh Mela“

    Freeman reloaded:

    Ja doch. Bezogen auf Indien: Pracht und Protzerei der indischen Elite auf der einen Seite und Unterdrückung und Elend auf der anderen Seite. Die Menschen (unterste Kaste!) auf der Kumbh Mela sind die Opfer jener Politik, nicht nur in Indien, sondern eben auch in Rom usw.


    Im Bezug auf den Klimawandel hasr du doch gut veranschaulicht, wie sehr jeder von uns mit Teil des Problemes ist, insofern er Teil der Struktur ist. Hier unterscheidest du aber sehr stark zwischen einer "schuldigen Elite" und einem "unschuldigen Volk".


    Der andere Punkt ist, dass in der traditionellen indischen Gesellschaftsstruktur "Spriritualität" nichts harmloses ist, und auch nichts was das Gegenteil von materieller Unterdrückung ist. Im Gegenteil: Das ganze Traditionelle System Kreist um die Begriffe "Reinheit" und "Unreinheit" und auch um spirituell höher und niedriger. Und diese sakrale Herrschaftsordnung schwingt im Kumbh Mela mit.


    Das hat auch was unglaublich positives. Denn das bedeutet ja, dass das auch der Punkt ist, wo man anfangen kann die Dinge anders zu sehen. Das da mal alle so ausgelassen zusammenkommen, MUSS ja nicht bedeuten, dass sie dann wieder nachhause gehen und kuschen. Ich finde es toll, dass es beim Kumbh Mela auch Podien gibt, wo politische Fragen angeschnitten werden.


    Freeman reloaded:

    Was also schlägst Du vor, um jene Unterdrückung zu unterbinden? Abschaffung der Kumbh Mela?


    Nein, da verstehst du mich falsch. Mir ging es nur einfach darum, dass man nicht einfach eine Ausdrucksform einer traditionellen Gesellschaft 1:1 als Gegenmittel zu modernen Problemen sehen kann. Weil man da leicht in einer naive, romantisierende Sichtweise abgleiten kann.


    Das bedeutet aber nicht, dass es irgendwie grundsätzlich schlecht wäre und nicht wirklich was Positives beitragen kann.


    Freeman reloaded:

    Jedenfalls haben jene Menschen, die auf der Kumbh Mela zu finden sind, NULL politische Macht und sind somit nicht für jene Ungerechtigkeiten verantwortlich.


    Aktive Politik fängt dort, an, wo man sich selber als verantwortlich sieht und nicht bloss als ohnmächtiges Opfer. So gab es am Kumb Mela ja grossangelegte Projekte gegen die Pläne der indischen Regierung, den Ganges aufzustauen.


    Jeder der wählt, hat politische Macht und da in Indien derzeit die hindu-nationalistische BJP an der Macht ist, die ja immerhin auf traditionelle Hinduwerte beruft (sogar einen Yogaminister gibt), muss man anehmen, dass die Stimme der Yogis auch innerparteilich Gewicht haben könnte. So wie man in der CSU in Bayern hört, was der Bischof auf den kirchentag so von sich gibt.

    Freeman reloaded:

    Die Kumbh Mela bzw die Menschen dort mit dem Petersdom bzw dem superreichen Vatikan zu vergleichen ist arg weit hergeholt.


    Mir geht es eher um den Teil und das Ganze und wie sie zusammenhängen. Und da ist der Petersdom für mich nur ein Beispiel dafür, wie Schönheit und Pracht auf der einen Seite mit Unterdrückung und Hässlichkeit wo anders zusammenhängen.


    Ich glaube du willst die Fröhtlichkeit auf dem "Kumbh Mela" als einen unbeschwerten, unverdorbenen Menschen sehen, den du unserer Konsumgesellschaft entgegenstellen kannst. Im Rahmen der indischen Gesellschaft ist es aber ja so, dass man im Allgemeinen in den starren System von Klasse, Geschlecht und Herkunft lebt und die fröhlichen Feste den Chrakter eines Ventils haben. Ein Ventil, in dem für kurze Zeit Dampf abgelassen wird, und man sich in einem Zustand der Unbeschwertheit befindet, das aber genau dadurch zur Starrheit beiträgt.


    Also so wie die alten Römer als "Ventil" die Saturnalien hatten, wo einmal im Jahr Ausgelassenheit und ein Hauch von Anarchie herrschte und sogar Sklaven und Herren mal kurz die Rolle tauschten und lustig zusammen feiern konnten. Damit es den Rest des Jahres züchtiger und ungerechter zugehen kann. Die Saturnalien stehen nicht für die "unverdorbene römische Gesellschaft".


    Freeman reloaded:

    Ich schätze generell einfache Menschen, die noch nicht so sehr von der westlichen Konsumgesellschaft verdorben sind. Solche Menschen findet man nicht nur in Indien, sondern zB auch in Deutschland oder anderswo.


    Die Leute sind nicht so von der modernen Industriegesellschaft verdorben, aber sie sind auch nicht frei. Sondern mindestens so tief, in ihre traditionellen Strukturen verstrickt. Die sicher ihre schönen Seiten haben, was man an so Festen sieht, aber auch bizarre Ungerechtigkeit beinhalten.

    fotost:


    Komm' runter. Werde wieder nüchtern! Ich würde niemals irgend etwas von Aljazeera verlinken!


    Sollte man grundsätzlich nicht zu denen verlinken?


    Also ich finde das jetzt nicht besonders "buddhistisch", aber es ist doch auch schön, wie die so feiern. Und ich kann verstehen, wenn Freeman diese Unbeschwertheit teilen möchte. Auch wenn "echte Menschen" natürlich nie ideale Menschen sind.

    Freeman reloaded:

    Com on, offenbar hast Du Dir doch nichtmal die Mühe gemacht, den Film anzuschauen, denn sonst hättest Du gesehen, dass die Kumb Mela ein spirituelles Volkfest ist, auf dem völlig mittellose Yogis und Sadhus buchstäblich im Staub der Strasse leben, da ist nicht viel mit "Reinheit".


    Es geht um spirituelle Reinheit, die nix aber auch gar nichts mit Sauberkeit zu tun hat. So gilt Z.B der Ganges oder Kuh-Urin als spirituell rein. Und es ist wirklich so, dass die Sadhus und Yogis als die Prototypischen Vertreter dieser Heiligkeit und Reinheit gelten. Und, dass diese Erhabenheit zustande kommt, indem an anderer Stelle krass abgewertet wird.


    Das ist wie man die Erhabenheit des Petersdom zusammen mit den nicht so schöne Seiten der Kirche sehen muss. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten.


    Mir kommt vor für dich ist das ein "spiritueller Osten" der dir als Gegenentwurf zum "materialistischen Westen" dient.