Beiträge von Doris im Thema „Ud.VIII.8 Visākhā“

    Lieber fotost,


    weiter geht es …
    Für mich zeigt die Sutra, dass es eben nicht möglich ist, ohne Bindung zu leben. Zumindest ein Elternteil oder die Person, die uns als Kind genährt und versorgt hat, bedeutet Bindung und Liebe. In Fällen wo das fehlt, gibt es die schwersten psychischen Schäden bis hin zum Tod schon im Säuglingsalter. Wir brauchen einander, wir brauchen Bindung, Verlässlichkeit, Solidarität, Gemeinschaft, Zärtlichkeit. Damit geht Verlust einher. Wie mit allem anderen auch. Sich dagegen zu wehren, beendet das Problem nicht und schafft nur zusätzliche Probleme. Ein Teil dieser zusätzlichen Probleme entsteht durch übermäßiges Anhaften. Daran kann man arbeiten. Das macht Beziehungen dann auch besser und befriedigender. Der Rest ist immanent und unvermeidlich, gehört zum Bauplan dazu.
    Ich finde, das einfach zu akzeptieren, macht alles einfacher. Also Vergänglichkeit, Veränderung zu akzeptieren, auch dass das Gegenüber einen anderen Weg einschlägt. Damit ist das Anhaften beendet.


    Ich weiß nicht, ob das ein Dauerzustand ist oder ob das so ist wie bei den meisten Dingen: Man muss immer wieder neu loslassen. Von mir selbst weiß ich, dass es "Liebesobjekte" gibt, an die ich kaum mehr anhafte. Da ist nur Mitfreude und große Liebe. Da geht es nicht um mich und meine Vorstellungen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das generell möglich ist.


    Ich habe mal meinen Lehrer gefragt, wenn doch Liebe Anhaften bedeutet, ob dann Beziehungen schlecht sein. Sein Antwort darauf war, dass es ein Anhaften sei, das Menschen miteinander verbinde, und das sei gut.


    Wie ich in dem anderen Thread schon schrieb, ich finde, Trauer und Schmerz gehören zum Leben. Meiner Erfahrung nach stellt das keinen Mangel dar, egal wie weh es tut. Viel wichtiger ist für mich, dass ich mit diesen Menschen ein Stück des Weges gehen durfte. Das überwiegt allen Schmerz. Das ist was übrig bleibt, wenn der Schmerz verblasst. Trauer und Schmerz haben eben auch ihre Zeit.



    Kohelet 1–3


    Liebe Grüße
    Doris

    Wie soll es möglich sein, nichts "Liebes" zu haben???
    Daher lese ich den Text anders als es die meisten hier wohl tun.


    Da es unmöglich für Menschen ist nichts "Liebes" zu haben (außer im Falle von extrem bindungsgestörten Menschen, die außerordentlich selten vorkommen), ist es unmöglich keine Trauer zu empfinden, dem Verlust und damit verbundenen Schmerz zu entkommen. Es ist die andere Seite der Medaille, dafür dass wir soziale Wesen sind. Und nein, Bindung ist nicht gleichbedeutend mit krankhaftem Anhaften.