Lieber fotost,
weiter geht es …
Für mich zeigt die Sutra, dass es eben nicht möglich ist, ohne Bindung zu leben. Zumindest ein Elternteil oder die Person, die uns als Kind genährt und versorgt hat, bedeutet Bindung und Liebe. In Fällen wo das fehlt, gibt es die schwersten psychischen Schäden bis hin zum Tod schon im Säuglingsalter. Wir brauchen einander, wir brauchen Bindung, Verlässlichkeit, Solidarität, Gemeinschaft, Zärtlichkeit. Damit geht Verlust einher. Wie mit allem anderen auch. Sich dagegen zu wehren, beendet das Problem nicht und schafft nur zusätzliche Probleme. Ein Teil dieser zusätzlichen Probleme entsteht durch übermäßiges Anhaften. Daran kann man arbeiten. Das macht Beziehungen dann auch besser und befriedigender. Der Rest ist immanent und unvermeidlich, gehört zum Bauplan dazu.
Ich finde, das einfach zu akzeptieren, macht alles einfacher. Also Vergänglichkeit, Veränderung zu akzeptieren, auch dass das Gegenüber einen anderen Weg einschlägt. Damit ist das Anhaften beendet.
Ich weiß nicht, ob das ein Dauerzustand ist oder ob das so ist wie bei den meisten Dingen: Man muss immer wieder neu loslassen. Von mir selbst weiß ich, dass es "Liebesobjekte" gibt, an die ich kaum mehr anhafte. Da ist nur Mitfreude und große Liebe. Da geht es nicht um mich und meine Vorstellungen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das generell möglich ist.
Ich habe mal meinen Lehrer gefragt, wenn doch Liebe Anhaften bedeutet, ob dann Beziehungen schlecht sein. Sein Antwort darauf war, dass es ein Anhaften sei, das Menschen miteinander verbinde, und das sei gut.
Wie ich in dem anderen Thread schon schrieb, ich finde, Trauer und Schmerz gehören zum Leben. Meiner Erfahrung nach stellt das keinen Mangel dar, egal wie weh es tut. Viel wichtiger ist für mich, dass ich mit diesen Menschen ein Stück des Weges gehen durfte. Das überwiegt allen Schmerz. Das ist was übrig bleibt, wenn der Schmerz verblasst. Trauer und Schmerz haben eben auch ihre Zeit.
ZitatAlles anzeigen1. Alles hat Zeit und für jedes Vorhaben unter dem Himmel .
2. Zeit zum Gebären und Zeit zum Sterben, Zeit zum Pflanzen und Zeit zum Ausreißen des Gepflanzten.
3. Zeit zum Töten und Zeit zum Heilen, Zeit zum Niederreißen und Zeit zum Bauen.
4. Zeit zum Weinen und Zeit zum Lachen, Zeit zum Klagen und Zeit zum Tanzen.
5. Zeit zum Steinewerfen und Zeit zum Steinesammeln, Zeit zum Umarmen und Zeit zum Fernhalten vom Umarmen.
6. Zeit zum Suchen und Zeit zum Verloren gehen lassen, Zeit zum Bewachen und Zeit zum Wegwerfen.
7. Zeit zum Zerreißen und Zeit zum Zusammennähen, Zeit zum Schweigen und Zeit zum Reden.
8. Zeit zum Lieben und Zeit zum Hassen, Zeit für Krieg und Zeit für Frieden.
9. Welchen Gewinn hat der Schaffende, von dem womit er sich abmüht?
10. Ich sah die Sache die G-tt den Menschen gab sich darin abzumühen.
11. Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch legte er die Ewigkeit in ihr Herz, nur das der Mensch nicht herausfinden kann das Tun, das G-tt getan hat von Anfang bis Ende.
12. Ich erkannte, daß es nichts Gutes für sie , außer sich zu freuen und Gutes zu tun für ihr Leben.
13. Aber auch, daß jeder Mensch ißt und trinkt und Gutes sieht in all seinen Mühen, das ist eine Gabe G-ttes.
14. Ich erkannte, daß alles, was G-tt gemacht hat für ewig sein wird. Ihm ist nichts hinzuzufügen und nicht davon wegzunehmen. Und G-tt hat es gemacht, damit man sich vor ihm freut.
Kohelet 1–3
Liebe Grüße
Doris