Beiträge von void im Thema „Ist die Übertragung des Zen in das Politische der Faschismus?“

    kongjiazhong:
    void:

    "Du bist nichts - dein Volks ist alles"


    Das ist nicht Faschismus, sondern eine Meditationsanleitung.


    Nimm dich zurück, du bist nicht so wichtig, die Erfüllung deiner Wünsche ist nicht das Bedeutsamste, kümmere dich um andere, du bist von ihnen abhängig, du wurdest in eine bestimmte Generationenfolge hineingeboren, in eine Familie, in ein Volk, vergesse das nicht,


    Den eigenen Egoismus hin auf einen Gruppenegoismus hin zu über winden, ist natürlich ein Stück weit gesprungen. Aber soll es wirklich das Ziel des Buddhismus sein? Oder ist es nicht eher ein Schritt von der Traufe in den Regen?


    Seit Ashoka gibt es im Buddhismus einen Tendenz Befreiung mit Mitgefühl und dieses dann mit dem Gemeinwohl zu verknüpfen, das man dann ( z.B als Avalokiteshvara) wieder mit Königen, Gesellschaftssystemen und Völkern verbunden kann.


    Neben dieser Strömung, in denen Buddha das Soziale ist, gibt es aber auch immer "asoziale" Strömungen, in denen man sich von weltlichen Bindungen befreit. Gerade in China wurden die Buddhisten ja angefeindet, weil sie die Jugend zur eitlen Innenschau verleitet, weg von den staatstragenden konfuzianistischen Aktivitäten.


    So gab es immer ein Spannungsfeld zwischen einem anarchischen Buddhismus und einem in dem weltliche und spirituell Herrschaftsordnung zusammen gedacht wurden.

    Axel:

    Du missverstehst (hoffentlich nicht absichtlich...) mein Zitat als Faschismus-Apologie.


    Es geht mir nicht darum, den historischen Faschismus oder die Militarisierung der japanischen Gesellschaft gegen Kritik zu immunisieren, sondern um eine gewisse Denkfaulheit, die glaubt, es wäre ein Erkenntnisfortschritt damit verbunden, einfach irgendwo ein Etikett draufzukleben.


    Um bei meinem Zitat zu bleiben: Ich kritisiere weniger das 'Draufschlagen' auf Pegida, als vielmehr das hirnlose Draufschlagen mit schiefen historischen Analogien.


    Ich assoziiere das Wort Faschismus stark mit einer Haltung, die in dem Spruch "Du bist nichts - dein Volks ist alles" ausgedrückt werden kann. Solche extrem kollektivenn Haltungen, in denen man sich selber als unwichtigen Teil einer Masse sieht, kommen in der Menschnheitsgeschichte gar nicht so selten vorkommen - gerade im Zusammenhang mit Kriegen.


    Allerdings ist es so, dass die Moderne da ja eine Zäsur gesetzt hat, in dem so ein "vormodernes" kollektives Denken den "Anderen", "Primitiven" zugeordnet wird, während Europa durch diverse Modernisierungsprozesse hindurchgegangen ist und sich individualisiert und modernisiert hat -ein Fortschritt an Zivilisation auf der sich traditionell viel an kolonialem Herrschaftanspruch gründete.


    Wenn Barbaren sich barabarisch aufführen und kollektiv denken, dann kann sich der fortgeschrittene europäische Chauivinist zurücklehnen weil er insgeheim nichts anderes erwartet hatte. Während - wenn sich Europäer, die eigentlich aufgeklärt sein sollten, zu vormodernen Denken neigen, dies eine Infragstellung ist. Der moderne Mensch darf zwar im Namen der Zivilisation druchaus shr barabarisch sein, weil der Zweck ein wenig die Mittel heiligt, aber gerade deswegen muss immer sichergestellt sein, dass das alles für Fortschritt und Zivilisation geschieht und nicht einfach "blosse Barbarei" ohne höheren Zweck ist.


    Von daher scheint mir der Begriff "Faschismus" als ganz stark mit einem Zivilisationsbruch verbunden zu sein. Weil der Faschist ja aus modernen Vorraussetzungen (Individuum, Politik, Nation, Revolution) in das "Du bist nichts - dein Volks ist alles" zurückwill und beides verbindet. Von daher schwingt bei dem Faschismusvorwurf immer etwas von "Apostat der Zivilisation" und "Verrat an der Moderne" mit. (Ich glaube das steht mit dem "ganz, ganz … ganz Bösen" in Verbindung, von dem kongjiazhong sprach)


    Die Ironie der Geschichte, scheint also zu sein, dass der Faschismusbegriff selber so eine Unterscheidung zwischen ziviliserten und User19823baren voraussetzt. Nur wenn man in den Meiji-Japanern ziviliiserte Gentlemen sieht, kann man ihnen vorwerfen in die Faschismus zurückgefallen zu sein. Während man wenn man geneigt ist, in ihnen "asiatische Barbaren" zu sehen, es überhaupt keine Basis für eine solche Denkweise gibt. So wie man wohl auch in Islamisten wohl deswegen keine Faschisten sehen will, weil man ihnen nicht zugestehen will ein Produkt der Moderne zu sein.


    Merkwürdige Sache.

    Sudhana:


    Ist nicht gerade Demut das Problem? Demut vor dem nächsthöheren Bonzen in der Hierarchie, Demut vor Kaiser, Staat, Kultur, den Göttern - vor wasauchimmer. Demut heisst, eine Hackordnung zu etablieren und seinem Ego einen Platz darin zuzuweisen. Demut ist das Lieblingsthema für die Predigten der Feldkaplane. Vor und nach der Schlächterei Helm ab zum Gebet und "Ich bete an die Macht der Liebe" singen - das ist Demut. Den Schülern, die am tiefsten vor dem Meister buckeln, sollte man besser keinen kyosaku in die Hand geben.


    Die japanische Gesellschaft war ja traditionell sehr hierarchisch und so ist es nicht verwunderlich, dass sich das auch in der Religion widerspiegelt.


    Man müsste diese spezifisch japanischen Elemente gut untersuchen können, indem man den japanischen Zen mit seiner chinesischen (Chan) und koreanischen Form vergleicht. Ich Frage mich, ob schon jemand so einen Vergleich versucht hat.

    mogun:

    ... aber es stellt sich für mich die Frage, ob die Zen-Schulen eine Art "rote Linie" etablierten, die davor schützt, dass sie in Zukunft nicht zum Werkzeug des Faschismus bzw. Mittäter laut Victoria werden. Wie hat sich die Lehre und die Organisation verändert?


    Ich fürchte, wenn jemand etwas in so einem Sinne interpretieren will, kann man dagegen keine Schutzmechanismen einbauen. Ich muss da immer an Charles Manson denken, der in harmlose Beatles Songs Aufrufe zum Rassenkrieg reininterpretiert hat. Wahrscheinlich hätte es da jeder beliebige Text getan.

    Ich glaube jede Art von Spiritualität wird - wenn man sie aufs politische überträgt höchst problematisch.


    Viele im Bezug auf den Umgang mit den eigenen Geisteszustande sinnvolle Anweisungen, werden wenn man sie aufs Gesellschaftliche münzt, total unmenschlich.


    Aber auch wenn man beschliessen würde, die Gesellschaft gemäß dem Gartenratgeber zu gestalten, würde das zum Fiasko führen. Weil man mit anderen Menschen eben nicht so umgehen sollte, wie das mit den eigenen Büschen oder Geisteszuständen angemessen ist.