Sudhana:Alles anzeigenIm Kontext der Ausgangsfrage wäre nun von Interesse, ob die Praxisgemeinschaft, in der eine solche Reueformel rezitiert wird, den in ihr Übenden tatsächlich auferlegt (oder meinetwegen ihnen auch nur empfiehlt), das Empfinden von sexuellem Verlangen als Versagen gegenüber einer Selbstverpflichtung / einem Gelübde zu bereuen.
Wenn das nicht so ist, dann ist der Ritus in dieser Form nicht funktional, dann ist das leerer Ritualismus ohne Bedeutung. Das ist die Fessel śīlavrata-paramārśa, auf die schon @Frieden_und_Freude und Noreply hingewiesen haben. Wenn dem aber so ist, dann stellt sich die Frage, ob eine solche Funktion - also Menschen dazu zu bringen, ihr sexuelles Verlangen zu bereuen - sinnvoll bzw. heilsam ist.
Ich persönlich hielte das in einem solchen Fall in etwa so sinnvoll, wie das Empfinden von Hunger zu bereuen. Sexuelles Verlangen ist eine normale Körperfunktion, die bei einem geistig und körperlich gesunden Menschen endokrinologisch gesteuert unvermeidlich auftritt. So etwas zu bereuen ist nicht nur Quatsch - das ist , wie man heute aus langer Erfahrung mit religiös motivierter sexueller Verklemmtheit weiss, psychisch ungesund. Eine andere Frage ist, wie man mit sexuellem Verlangen umgeht. Ein Buddhist beantwortet diese Frage grundsätzlich mit der Art seiner Selbstverpflichtung - den Gelübden, die er bei seiner Initiation hinsichtlich seines Verhaltens ablegt bzw. empfängt. Als Laie wird er sich zumindest auferlegen, sexuellem Verlangen nicht auf unheilsame Weise nachzugehen. Als Vinaya-Ordinierter legt er sich auf, dieses Verlangen zu sublimieren oder zu unterdrücken - wobei sich letzteres häufig pathologisch, also durchaus nicht heilsam auswirkt. 'Bereuen' ist da jedenfalls in keinerlei Hinsicht hilfreich.
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Sehr klar auf den Punkt gebracht!
Da kann ich nur zustimmen.