happygolucky:
Mich würde auch einmal mehr interessieren, was säkularer Buddhismus beinhaltet und was nicht. Das wurde mir auch nach der Lektüre von Batchelor nicht ganz klar.
Ist säkularer Buddhismus ein Buddhismus der ohne Klöster auskommen möchte? Meint säkularer Buddhismus ein Gedankengebäude ohne Spekulation über alles Jenseitige? Will man nur Karma und Wiedergeburt streichen oder auch die Lehre des bedingten Entstehens oder das Konzept der Erleuchtung? Was bleibt von den 4 edlen Wahrheiten?
Ist der säkulare Buddhismus ein ideologisch abgespeckter Buddhismus? Und welche Teile von der Lehre Buddhas werden beibehalten?
Den 'säkularen Buddhismus' gibt es nicht, vielleicht darf ich schreiben - noch nicht. Seit der Zeit Buddhas sind 2.500 Jahre vergangen. Die Menschen mit ihren existentiellen Grundproblemen und Grundfragen sind gleich geblieben, die Welt in der wir leben hat sich rasant verändert.
Wer Buddhismus primär als Weltflucht oder Weltüberwindung verstehen möchte wird nicht angesprochen. Wer der Lehre in der Welt lebend folgen möchte, braucht Antworten auf die Entwicklung der Welt. Ich nenne als Hauptantriebe der sB Anhänger die Fortschritte der Wissenschaft (und damit meine ich nicht einzelne Ergebnisse der Wissenschaft) und die Auswirkungen von Aufklärung und Demokratie.
Zu Deinen Einzelfragen gäbe es viel zu schreiben, ich versuche ein paar Stichwortantworten aus meiner Sicht
happygolucky:
Ist säkularer Buddhismus ein Buddhismus der ohne Klöster auskommen möchte?
Warum? Wenn sich Menschen gern zusammentun möchten und einen Teil ihres Lebens zentral der Verfolgung buddhistischer Ziele widmen wollen, was spricht dagegen, wenn sie sich selbst Regeln für das Zusammenleben geben und Rituale befolgen wollen? Ich kenne keine Klöster mit sB Anhängern, aber ganz grundsätzlich sehe ich keinen Widerspruch.
happygolucky:
Meint säkularer Buddhismus ein Gedankengebäude ohne Spekulation über alles Jenseitige?
Da die Lehre Buddhas die Spekulation über alles Jenseitige streng ablehnt, fällt es leicht, sich dran zu halten, wenn man diese Vorschrift geprüft und für hilfreich befunden hat.
happygolucky:
Will man nur Karma und Wiedergeburt streichen oder auch die Lehre des bedingten Entstehens oder das Konzept der Erleuchtung?
Ich vermute, die meisten, die sich als säkulare Buddhisten verstehen, werden Inhalte, die hinter diesen Begriffen stehen anders definieren als ältere Schulen, haben aber mit den Begriffen selbst wenig Probleme.
happygolucky:
Was bleibt von den 4 edlen Wahrheiten?
Jeder Buchstabe!
happygolucky:
Ist der säkulare Buddhismus ein ideologisch abgespeckter Buddhismus?
Wie so oft kommen wir auf die Frage nach der Bedeutung von Begriffen zurück. Was verstehst Du unter Ideologie? Vielleicht paßt 'religiös abgespeckter Buddhismus' für mich besser (und da kommt es darauf an, was ich mit Religion meine
)
happygolucky:
Und welche Teile von der Lehre Buddhas werden beibehalten?
Die Lehre Buddhas ist die Lehre Buddhas. Vielleicht werden Sprachwissenschaftler und Indologen im Lauf der Jahrhunderte feststellen, daß einzelne Texte eher nicht auf Buddha zurückgehen, sondern später von frommen Mönchen hinzugefügt wurden. Aber das hat nichts mit sB zu tun.
Die Lehre bleibt komplett erhalten. Einige Elemente werden aus einem neuen Blickwinkel betrachtet und ausgelegt. So wie es jede der bestehenden älteren Schulen irgendwann einmal gemacht hat.
Ich sehe es so, daß sB Anhänger oft eher bereit sind, kritische Textstellen aus den Bedingungen der Entstehungszeit heraus zu verstehen, als diese einfach hinzunehmen.
Ein Beispiel: im historischen Aufnahmeritual für Mönche wird die Aufnahme von Körperbehinderten in einen Orden ausgeschlossen. Das ist Teil der Mönchsregeln und damit Teil der Lehre und Teil unseres Erbes. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Buddha dies aus ideologischen oder religiösen Gründen festgelegt hat. Sehr gut nachvollziehen kann ich die Idee, daß in der Anfangszeit das Leben in Mönchsgruppen extrem hart und entbehrungsreich war und daß eine Aufnahme von Menschen, die möglicherweise eine Belastung dargestellt hätten praktisch unmöglich gewesen ist.
Was meinst Du? Wie würde Buddha diese Frage heute regeln?
Du hast gefragt, welche Teile der Lehre werden beibehalten? Ich finde, wir sollten nichts verbergen oder ableugnen wollen. Wir sind 2.500 Jahre weiter und dürfen einige Dinge anders sehen.