Beiträge von Schmu im Thema „Warum ich die Daseinsbereiche nicht auf Bewusstseinszustände anwende“

    Über aller Argumentation, über allen Ergrübelungen muss die Einsicht stehen: Die Frage ist nicht zu klären. Meine Meinung.


    Unsere jeweilige Sicht ist nicht das folgerichtige Ergebnis des eingehenden Studiums der Buddha-Worte, so gerne wir das auch hätten. Sie ist stattdessen das Ergebnis einer Art grundlegendem "Bauchgefühl", das einen viel höheren Stellenwert hat als unser vermeintliches "richtiges" Verstehen der Worte Buddhas.

    Wenn mir das nicht klar ist, werde ich meine Ansicht für die zweifellos richtige halten, und die andere Ansicht für die offensichtlich "unwissende", "verblendete".


    Was unter Wiedergeburt / Wiederwerden zu verstehen ist, kann nicht erörtert, sondern nur erkannt werden. Dafür ist ein Fortgeschrittensein notwendig, von dem wir alle noch weit entfernt sind. Alleine es "ausdiskutieren" zu wollen, ist selbst Unwissenheit.


    Denken, diskutieren, erörtern, abwägen – ist nicht geeignet, eine solche Frage zu beantworten. Denken ist so, wie es der Bildhauer Auguste Rodin bestens in seinem Werk "Le penseur / Der Denker" getroffen hat:


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


    Die ganze Körperhaltung bringt es auf den Punkt, wie unser Denken beschaffen ist. Das ist das Gegenteil dessen, wie jemand in Meditation / Zazen sitzt.


    Der Körper ist einerseits verdreht und verkrümmt, und andererseits (obwohl es ein muskulöser Mann ist) erschlafft, eingesunken.

    In der Meditation / Zazen wird nicht umsonst darauf geachtet, dass die Körperhaltung aufrecht, gerade ist und es wird (anfangs) ein Meditationsobjekt gewählt, das vom Denken / Grübeln wegführen soll.


    Einen Begriff wie Wiedergeburt / Wiederwerden zu begreifen, erfordert eine Leere, Offenheit und Geschmeidigkeit des Geistes, die weit entfernt von den üblichen Denkprozessen ist.

    Wenn ich das wirklich erkennen sollte, was Punabbhava bedeutet, gehe ich davon aus, dass ich keinerlei Interesse mehr daran habe, darüber zu "diskutieren".

    Wenn ich schon versuche, es anhand der Reden im Palikanon mit dem Intellekt zu erfassen (von vorneherein schon ein Unding), dann muss ich wenigstens alles, was dort steht, miteinander verknüpfen und unter einen Hut bringen.


    Zitat

    31. "Bhikkhu, 'Ich bin' ist eine Vorstellung; 'Ich bin dies' ist eine Vorstellung; 'Ich werde sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde nicht sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde Form besitzen' ist eine Vorstellung; 'Ich werde formlos sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde wahrnehmend sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde nicht-wahrnehmend sein' ist eine Vorstellung; 'Ich werde weder-wahrnehmend-noch-nicht-wahrnehmend sein' ist eine Vorstellung. Vorstellung ist eine Krankheit, Vorstellung ist ein Geschwür, Vorstellung ist ein Stachel. Indem man alle Vorstellung überschreitet, Bhikkhu, wird man ein Stiller im Frieden genannt [6]. Und der Stille im Frieden ist nicht geboren
    [7], er altert nicht, stirbt nicht; er wird nicht erschüttert und hat keine Sehnsucht. Denn da ist nichts in ihm gegenwärtig, wodurch er geboren werden könnte. Nicht geboren, wie könnte er da altern? Nicht alternd, wie könnte er da sterben? Nicht sterbend, wie könnte er da erschüttert werden? Nicht erschüttert, wie könnte er da Sehnsucht haben?"

    MN 140

    Eine andere Sache, die ich nicht verstehe:

    Wieso muss ich alles, was ich nicht unmittelbar sofort verstehe, in eine neblige Parallelwelt außerhalb meiner Erfahrung transportieren? Und da bleibt es dann nicht selten auch zeitlebens.


    Ich habe in einem anderen Thread, in dem die ewige punabbhava - Diskussion auftauchte mal geschrieben, dass Wiederwerden doch immer und überall beobachtet werden kann. Sowohl außerhalb von mir als auch in mir. Da lachen die Leute dann, dass ich so etwas Profanes, Selbstverständliches wage mit der großen Buddhalehre und dem Begriff Wiederwerden dort vergleiche.

    Natürlich ist es auch das, was du selber sehen / erkennen kannst, wovon Buddha spricht. Damit ist vielleicht noch nicht alles darüber gesagt, ich muss es aber auch nicht in das Reich der Fantasy-Romane katapultieren.

    Aber die bisherigen Argumente hier sind einfach zu schwach, um Wiedergeburt im traditionellem Verständnis zu widerlegen.

    Der Versuch, mit Argumenten und Diskussionen zu verstehen, was vor deinem 80-Jahre-Abschnitt gewesen ist, und was danach passiert, ist zwecklos. Dem kann man sich mit Verstand und Argumenten nicht annähern. Wie soll das gehen?


    Was ist das "traditionelle Verständnis" und was das "nicht-traditionelle Verständnis"? Ich kenne keinen einzigen Meister, der gesagt hat: "Also, das müsst ihr so verstehen: Ihr werdet eine bestimmte Zeit nach eurem physischen Tod als ein Mensch oder ein Tier wiedergeboren. Oder auch als ein Himmelswesen oder ein Höllenwesen, das hängt von eurem Karma ab, das ihr angesammelt habt." Wer von den großen Meister/Innen der Jahrhunderte nimmt die entsprechenden Stellen im Pali-Kanon so buchstabengetreu? Ich kenne keinen, schließe aber nicht aus, dass es ein paar geben könnte.

    Einige Lehren des Buddhadasa Bikkhu sind für mich schwer verständlich, deshalb habe ich mich damit nicht viel befasst.


    Desweiteren ... sinds ja 4 Arten der Geburt/der Entstehung, die in MN12 beschrieben werden. Der Ausdruck 'physische Geburt' kommt da gar nicht vor. Und müsste die ersten drei Arten der Geburt meinen.


    Hier mal ein Ausschnitt aus Anatta and Rebirth von Buddhadasa übersetzt ins Deutsche 1999 von Manfred Wiesberger, in dem er über Geburt spricht:


    Quelle: Buddhadasa_Bhikkhu-Anatta_und_Wiedergeburt.pdf


    Die entsprechende Rede Buddhadasas gibt es bei youtube mit einer Übersetzung ins Englische von Santikaro Bhikkhu, 1988:


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    Zur Erinnerung:


    Wir reden hier über Angelegenheiten, die in allen buddhistischen Schulen ein wenig unterschiedlich beurteilt werden. Wenn diese Tatsache für jemanden bereits ein Problem darstellen sollte, wird er in diesem Thread keinen fruchtbaren Austausch sehen, im Gegenteil, er wird vielleicht am Ende sogar gereizt oder ärgerlich werden.


    Es kann hier nicht darum gehen, jemanden zu überzeugen. Das beste, was passieren kann, ist, dass die unterschiedlichen Sichtweisen gut zum Vorschein kommen.


    Allen einen schönen Tag, was immer ihr auch damit machen werdet!

    Am Ende ist das alles gar nicht so wichtig, miteinander zu vergleichen, wie wir dieses oder jenes verstehen, wie wir es auslegen. Es kann mir bei meiner eigenen Klärung helfen, ja.

    Ab dann muss ich den Weg für mich gehen. Wichtig ist nur, dass ich immer geradeaus gehe, nicht ständig stehenbleibe oder abbiege. Und wenn es einer lieber so ausdrückt, dass es in Wahrheit gar keinen "Weg" gibt, auch gut.

    Also wäre dann 'Menschenbereich' und 'tierischer Bereich' und 'himmlischer Bereich' und 'Hungergeisterbereich' nicht symbolisch zu verstehen, aber 'Höllenbereich' symbolisch?


    Macht für mich keinen Sinn, und passt nicht zur generellen, sehr geordneten Aussagestruktur der Lehrreden. Es würde sich dann um eine Unordnung der Begriffe handeln. Innerhalb einer geordneten Gesamtaufzählung ist ein zentraler Begriff ein "Symbol", in der nächsten gleichartigen Aufzählung ist der zentrale Begriff dann kein "Symbol".

    Davon habe ich nichts gesagt. Das sind natürlich (in diesem Zusammenhang) alles symbolische Begriffe. Siehst du das anders?

    Aberglauben spielt auf jeden Fall nach wie vor eine große Rolle.


    Es gab nicht irgendwann einmal ein Zeitalter des Aberglaubens, und nun ist es vorbei. So ist das nicht. Wir sind immer noch voller Anteile von Aberglauben, ob und das passt oder nicht. Du, ich, alle. Da muss man bei sich selber schauen, wo sowas noch schlummert. Und das ist gar nicht immer so einfach, das kann ziemlich unbewusst und versteckt sein.


    Sich auf Erleuchtung / Erwachen zuzubewegen, heißt für mich auch, sich erstmal durch einen großen Schleier und Nebel überhaupt erstmal ein wenig Sicht zu verschaffen.


    Noch meine Oma hat mir Sachen über Himmel, Gott, Hölle erzählt, die von falschen Schlüssen nur so wimmelten. Das ist gerade mal 45 Jahre her, 45 Jahre sind nichts.

    Natürlich unterscheidet sich mein Verständnis der "Welt" stark von dem meiner Oma, das heißt aber nicht, dass es nicht auch in mir noch einiges zu finden gibt, das dem Reich der Fantasie angehört.

    Es ist doch klar, was an dem Begriff Wiedergeburt dasjenige ist, was "die Geister" scheidet. Natürlich hat Buddha Wiedergeburt gelehrt, das lässt sich ja problemlos nachlesen. Alles dreht sich doch immer wieder um die Frage, was wiedergeboren wird, was wieder wird.


    Wenn ich davon spreche, dass es nicht nötig ist zu glauben (Vertrauen und Glauben sind nicht dasselbe!), dann meine ich die Bereiche in uns, die sich auf das beziehen, wo wir besonders unsicher sind, wo sich die Grund-Zweifel des Menschen ansiedeln.


    Es gibt zwei Beiträge in diesem Forum (von denen, die ich gelesen habe), die meinem Verständnis von Wiedergeburt besonders nahe kommen. Sie sind beide von Sudhana , der es wesentlich fundierter ausdrücken kann. Das sind diese beiden:

    Vermischung / Hauptpfeiler des Buddhismus

    Vermischung / Hauptpfeiler des Buddhismus


    Das Wichtigste in diesen Beiträgen ist (für mich, nur für mich!): Wenn ich über Wiedergeburt spreche, muss ich auch über das Ich sprechen. Ein Verständnis ist sonst nicht möglich. Und das andere ist: Der Begriff selber lädt natürlich zu Vorstellungen ein, die ganz schön weit entfernt sein können (nicht müssen) von der Wirklichkeit. Deshalb hoffe ich, dass das richtig ist, was Sudhana dazu schreibt (ich selber weiß es nicht, dafür fehlen mir die Kenntnisse):


    Zitat

    Es ist kein Zufall, dass sich unter den 12 nidāna des pratītyasamutpāda ein bhava findet, ein 'Werden'. Und es findet sich ein jāti, 'Geburt'. Aber kein punarjāti, keine 'Wiedergeburt' - danach sucht man besser in hinduistischen Texten. Was man allenfalls im Buddhadharma findet, ist ein punarbhava (Pali punnabhava) - und das, was da "wieder wird", sind absolut nicht-personale Faktoren; aus avidyā entstehende saṁskāra, die zu einer neuen (nicht Wieder-)Individuation in Form einer Geburt, führen. Warum man dieses problemlos mit "Wiederwerden" übersetzbare Wort nun unbedingt mit "Wiedergeburt" übersetzen zu müssen meint, dafür finde ich eigentlich nur zwei einleuchtende Erklärungen. Entweder nimmt man da auf Wunschdenken des Publikums Rücksicht oder man ist Opfer eigenen Wunschdenkens.

    Hier in diesem Forum geht es ja vorrangig um die Worte Buddhas. Also das (wie es andere zu anderen Zeiten beschrieben haben) ändert auch nichts an meinen Handlungen und Auffassungen (also meiner Praxis), weil ich mich damit ja nicht beschäftige.

    Ja, es geht um die Worte Buddhas. Ich wollte mit den verschiedenen Zeiten zum Ausdruck bringen, dass alles immer im Wandel ist, einschließlich dem Verständnis solcher Begriffe wie ich sie da aufgeführt habe.



    Du liest ja anscheinend selber die Lehrreden.

    Ja, ich lese auch die Lehrreden. Das ist ein wichtiger Zugang zum Buddhismus. Ich kann nicht nur zeitgenössischere Texte lesen, dann hätte ich das Gefühl, es fehlt etwas.

    Allerdings muss ich für die Lehrreden im Palikanon in sehr guter geistiger Verfassung sein, das kann ich nicht mal eben so nebenbei. Konzentration und Auffassungsgabe müssen stimmen. ;)


    Es hängt natürlich vom Verstehen ab, wie man die Worte auffasst. Also zum Beispiel, ob man bei dem Wort 'Wiedergeburt' an eine Seele, einen festen Wesenskern denkt, der in einem anderem Körper nur geboren wird.

    Ja. Ich wundere mich eben manchmal, wie über einen so hochsensiblen Begriff wie Wiedergeburt geschrieben wird. Dann wird noch die passende Stelle aus dem Palikanon dazu gereicht (die die jeweilige Sichtweise untermauern soll), und fertig ist mein Verständnis. Das ist mir schleierhaft.

    Mit Glauben kann ich nichts anfangen. Entweder ich habe etwas erkannt, dann kann ich darüber sprechen, oder mir ist etwas noch nicht so richtig klar, dann kann ich bestenfalls meine Unklarheit versuchen zum Ausdruck zu bringen.


    Und manches sehe ich auch wie Punk . Nicht alles im Palikanon ist brauchbar und hilfreich. Da stehen auch Sachen drin, die man jetzt, 2500 Jahre später, schlichtweg beiseite lassen kann.

    Ich sehe Buddha auch nicht als einmaligen Wundermenschen, der Dinge erkannt hat, für die fast alle anderen Menschen nicht entwickelt genug werden können, und deshalb eben manche Dinge einfach glauben müssen, weil sie nicht in der Lage sind, es zu erkennen. Niemand muss irgendwas unerkannt glauben, das ist nicht nötig. Das ist gerade genau das, was ich am Buddhismus so einzigartig finde.

    Es ändert nichts an meiner Praxis hier und jetzt, wie Begriffe wie Daseinsbereiche, Wiedergeburt, gutes Karma, schlechtes Karma, Himmelsbereiche, Götter, Höllenwesen... in verschiedenen Zeiten gesehen wurden. Ob vor 5000 Jahren, vor 2000 Jahren, vor 1000 Jahren, vor 500 Jahren. Ob von dieser buddhistischen Tradition oder von jener buddhistischen Tradition.


    Was mich aber immer wieder wundert, ist dass diese Begriffe ohne zu zögern mit sehr konkreten Vorstellungen gefüllt und nahezu wortwörtlich genommen werden.

    Buddhas Reden sind voll von Gleichnissen, sie machen einen großen Teil seiner Lehre und seiner Veranschaulichungen aus. Bei solchen Begriffen wird es dann aber 1:1 genommen, was da gedruckt steht.