Beiträge von Shankara im Thema „Warum ich die Daseinsbereiche nicht auf Bewusstseinszustände anwende“

    Das Streben das Dasein zu verstehen und zu einer Wahrheit zu kommen, ist sicher auch ein treibender Faktor, sowohl im Bezug auf die Entstehung des Buddhismus als auch beim Hinfinden zu dem Glauben.

    Ich habe den Buddhismus für mich selbst überwiegend demystifiziert - die Lehren sehe ich in vielen Teilen als Metapher an. Wobei, Metapher vielleicht sogar das falsche Wort ist - letztendlich verändert sich Sprache über Generationen. Selbst wenn die unzähligen Übersetzungen 1:1 korrekt sind, heißt das nicht unbedingt, dass nicht ein wenig von der Bedeutung hinter den Wörtern verloren geht.

    Ich habe weder Lehrmeister, noch habe ich mich besonders intensiv mit den buddhistischen Texten beschäftigt (Anfangs doch mehr, inzwischen so gut wie gar nicht mehr). Mein Zugang ist einer der großteils auf Beobachtung basiert. Zuerst bei mir selber - die Erkenntnis, wie meine Gedanken entstehen, wie sie agieren, wie sie wieder verschwinden. Danach die Beobachtung bei Anderen - die Erkenntnis, dass die Prozesse im Gehirn und darüber hinaus die Gleichen sind. Letztendlich führt mich diese Erkenntnis zu einem Verständnis, wie auch damals die Verfasser der Schriften denken mussten. Der Prozess der Entstehung des Buddhismus wurde so zu einem der wichtigsten Werkzeuge für mich, um die Schriften besser zu verstehen.

    Lange Einleitung, nun zum eigentlichen Thema:
    Da meine Wahrnehmung auf mein jetziges Dasein begrenzt ist - und ich bezweifle, dass sich die Mönche vor hunderten und tausenden von Jahren wesentlich von mir unterschieden haben - glaube ich auch die Daseinsbereiche und Konzepte wie Wiedergeburt sind als Metapher zu verstehen.

    Ich denke, es ist auch kein Zufall, dass es 6 Daseinsbereiche geben soll - in zweier Paaren machen sie sich sehr gut als dualistisches Gespann. Müsste ich diese Dualität, die zwei Pole benennen, wäre es nach meiner Sicht "Wissen" und "Unwissen".

    Vielleicht starten wir in der Mitte: Mensch & Tier.
    Der Mensch ist ja bekanntlich ein Tier, auch wenn Einige das gerne vergessen. Ich denke, das Tier könnte sogar als der Daseinsbereich beschrieben werden, in den wir Hineingeboren werden. Geführt von Trieb und Instinkt, wissen wir nicht was wir tun, bis wir mit Erfahrung lernen, das Konstrukt unseres Ego und unserer Persönlichkeit bilden und letztendlich ins Dasein des Menschen einkehren. Wir sind uns nun unseres Leidens bewusst, so sehen wir uns doch als "Ich" - doch dafür ist uns auch Freude und Wissen gewährt.

    Laufen wir zu sehr der Freude nach und kämpfen gegen das Leid, kann es uns passieren, dass wir jeweils ins Hungergeist- bzw Höllen-Dasein geraten. Auch hier sehe ich die Dualität Wissen und Unwissen. Der Hungergeist handelt aus Not und Verzweiflung - er ist unwissend dem, was er tut - doch er leidet und verbreitet auch mit seinem Handeln leid. Die Hölle die mit dem Hass verbunden ist, erkennt hingegen die Situation. Nicht durch Not und Verzweiflung entsteht Hass, sondern durch eine innere Entscheidung. Negative Emotionen lassen sich nicht verhindern, doch jene die im Daseinsbereich der Hölle sind, richten ihre negative Emotionen wissentlich auf Andere.

    Last but not least: Götter & Dämonen
    Die beiden letzten Daseinsbereiche sind dem Menschen insofern voraus, dass sie sich der Kraft ihres Handelns bewusst sind. Während Hungergeist und Hölle quasi Opfer sind, sind Götter & Dämonen die Erhabenen. Sie erkennen die Formbarkeit der Welt und ihre Macht, die sie in der Welt inne haben. Sie können Alles erreichen, wenn sie denn nur wollen. Der Gott weiß, dass ihm das Leben so wie er es lebt am meisten Spaß macht - er hat sich vollkommen der Ekstase hingegeben, ohne Gedanken an sein Tun und Wirken zu verschwenden. Die Dämonen, die gierigen Götter, finden sich auf dem anderen Seite des Spektrums wieder. Sie tun zwar auch, was sie wollen und sind sich ihrer unendlichen Wirksamkeit in der Welt bewusst - dennoch eifern sie den Göttern nach - denn ihre Unwissenheit liegt im Verständnis, dass die Ekstase der Götter von Innen und nicht von Außen kommt.


    So sehe ich auch die Wiedergeburt als einen Zyklus der nicht unbedingt über Lebzeiten hinaus geht, sondern als die ständige Reinkarnation des Egos, der Persönlichkeit, des Geistes. Wie wir die Welt wahrnehmen (wollen), ändert sich laufend. Wahrscheinlich sind viele hier etwa ehemalige Katholiken die sich nun dem Buddhismus angenommen haben - das etwa ist ein Akt, den ich als Wiedergeburt sehe. Wobei: Versteht mich nicht falsch, ich meine damit nicht nur die großen lebensverändernden Entscheidungen. Ich denke Wiedergeburt geschieht beinahe täglich.