Beiträge von mukti im Thema „Colin Goldner: Hinter dem Lächeln des Dalai Lama“

    Ich denke man kann die Dalai Lamas nicht für die angebliche "blutige Geschichte Tibets" alleine verantwortlich machen, gibt es doch kaum eine Kultur die keine blutige Geschichte hat. Auch in neuerer Zeit ist überall viel Blut geflossen und fließt noch immer, wenn auch unter anderen Voraussetzungen. Der Zeitgeist verändert sich aber ist auf längere Sicht nie wirklich friedliebend, auch wenn die Masse der jeweils Beteiligten gerne nachträglich mit dem Finger auf eine bestimmte Person zeigt.

    Hi fotost,



    Das ist eher allgemein gemeint, ohne Berücksichtigung der verschiedenen Kultformen im Detail. So wie es im westlichen Mittelalter angeblich kaum jemanden gab der nicht an Gott glaubte, glauben die Tibeter an die Befreiung aus dem Samsara. Was mir mehr zusagt als die gesellschaftliche Priorität materialistischer Werte. Neben den volkstümlichen Alltagspraktiken gibt es dabei immer einige sehr intensive Bemühungen Einzelner, Asketen oder Yogis, die beim Volk in hohem Ansehen stehen. Während solche vergleichsweise im modernen Westen, wo sie nicht auf Gleichgültigkeit stoßen, oft Geringschätzung, Angriff oder Verhöhnung ausgesetzt sind und sich nur eine kleine Minderheit davon inspiriert fühlt.

    void:


    Ich finde man sollte das weder durch die rosarote noch durch die rabenschwarze Brille sehen und es möglichst nüchtern angehen.


    Dem kann ich nur zustimmen. Die Brillen werden allerdings erst nach vollständiger Erkenntnis der Sachlage und ihrer komplexen Zusammenhänge vollkommen obsolet. Oder - buddhistisch gesprochen - mit dem Erwachen, der Beseitigung aller Irrtümer und dem Sehen der Wirklichkeit. Bis dahin wird das Thema nicht ohne der Absicht behandelt werden, den eigenen ideologischen Standpunkt zu bestätigen. Da steht am einen Ende der Skala die Befreiung von Unwissenheit und Leid, am Anderen der materielle Gewinn aller Art. Wobei eine nüchterne Beurteilung im Allgemeinen wohl der Bemühung entspricht, einen Mittelweg zwischen bedingungsloser Hingabe und skeptischem Zweifel zu finden.


    Die spirituelle Ausrichtung der tibetischen Gesellschaft hat meine ungeteilte Sympathie, während ich dem Feudalismus und allzu ausgeprägter Hierarchie argwöhnisch gegenüberstehe. Weil ich nur Sympathisant und kein Anhänger des tibetischen Buddhismus bin, habe ich nur einen ungefähren Eindruck vom jetzigen Dalai Lama, über Medien und Bücher, zwei Vorträge von ihm selber habe ich besucht. Seine Anhänger finde ich friedlich und seriös, die tibetische spirituelle Praxis interessant bis faszinierend. Meine Brille zeigt einen ehrlich wohlmeinenden und geistig hochstehenden Menschen, von der Art wie man sie nicht an jeder Straßenecke trifft. Mißständen in der tibetischen Politik wäre er nach eigener Aussage bereit zu beseitigen. Einen Erleuchteten, vollkommen Erwachten zeigt mir die Brille allerdings nicht.

    Übrigens glaube ich nicht, dass die Person des Dalai Lama so ohne Weiteres mit der Geschichte Tibets in Verbindung zu bringen ist, er ist ja gar nicht zum Regieren gekommen. "Wir wussten dass es in Tibet Reformbedarf gibt, aber wir hätten das gerne selber gemacht" war seine Antwort auf den chinesischen Vorwurf der Feudalherrschaft. Von seiner Exilregierung in Indien sind mir keine Menschenrechtsverletzungen bekannt. Er hat auch schon vor einiger Zeit seine politische Funktion zurückgelegt um nur mehr spiritueller Lehrer zu sein.

    accinca:

    Hinter dem Lächeln des Dalai Lama.
    Ich lese hier immer "Lächeln" vom DL.
    Hier scheint keiner zu wissen was Lächeln ist.
    Der DL und "Lächeln" ein Gegensatz in sich selber.
    "Kichern" würde es schon eher treffen.


    Er lächelt, und er lacht auch oft. Ein offenes, unbeschwertes, fröhliches und herzliches Lachen, auch über sich selbst lacht er. Es ist kein Auslachen, keine Geringschätzung und keine Bitterkeit in diesem verbindlichen Lachen, das auch verstockte Gemüter aufhellt und wenigstens für den Augenblick Abneigungen und Verbohrtheiten auflöst.


    Es passt gut zu dem was er einmal gesagt hat:

    Zitat

    Wenn ich heute an die verschiedensten Orte dieser Welt reise und mit den verschiedensten Menschen rede, so spreche ich nicht über Buddhismus, sondern ich spreche über das was wir am Meisten brauchen: Herzenswärme.


    Was nützen auch gelehrte Abhandlungen und Dispute mit zahlreichen Meinungen, die endlosen Haarspaltereien kontroverser Diskussionen, das Kritisieren und Fehlerfinden, wenn darüber versäumt wird die einfache und grundlegende Güte zu entwickeln. Daran erinnert das Lächeln des Dalai Lama und hebt sich wohltuend ab von all den zwischenmenschlichen Querelen denen so oft nicht mal ein kleiner Bruchteil der Tragödie zugrundeliegt, die er selber erlebt hat.