Beiträge von Merkur-Uranus im Thema „The Broken Dhamma or The Karma that Kills the Dogma of Buddhism“

    Ein lesenswerter Absatz aus dem vorgestellten Buch "Broken Buddha":


    "Was ist Therâvada?
    Das Pâli-Wort thera bedeutet Älterer und weist auf einen Mönch hin, der 10 oder mehr Jahre ordiniert ist. vâda bedeutet Sicht oder Meinung. So kann also das Wort Theravâda mit Lehre der älteren Mönche übersetzt werden. Die Theravâdins behaupten, dass ihre Version des Dhamma exakt mit Buddhas Lehren korrespondiert, so wie sie im Pâli-Kanon aufgezeichnet sind, was aber nur bis zu einem gewissen Grade stimmt. Es wäre korrekter zu sagen, dass der Theravâda auf einer bestimmten Interpretation bestimmter Lehren des Pâli-Kanon basiert. Der Pâli-Kanon beinhaltet eine wahrhaft erstaunliche Vielfalt von Texten, von ethischen bis zu erkenntnistheoretischen, von psychologischer bis zu praktischer Weisheit. Es wäre schwierig, all diese Texte in einer einzigen Schule oder in einem einzigen System zusammenzufassen und tatsächlich haben die Theravâdins das auch nicht getan. Sie haben statt dessen einige von Buddhas Lehren und Konzepten betont, andere eher vernachlässigt oder sogar ignoriert.


    Die vier Ausdrucksformen des Mitgefühls (sangha vatthûni) zum Beispiel, werden oft vom Buddha erwähnt und können wichtige Auswirkungen für ein tieferes Verständnis von Liebe und Mitgefühl und besonders von ihrer sozialen Anwendung haben. Während der Theravâda diesem Konzept so gut wie keine Aufmerksamkeit schenkte, entwickelte der Mahâyâna aus diesem Konzept eine ganze Philosophie des praktischen Altruismus. Ich habe festgestellt, dass die Ausdrucksformen des Mitgefühls auch nicht in Nyanatilokas Buddhistischem Wörterbuch stehen und nach 30-jährigem Studium der Theravâda-Literatur, erinnere ich mich nicht daran, je etwas über dieses Thema gelesen oder einen Hinweis darauf gefunden zu haben.


    Ein anderes Beispiel: Eines der zentralen Konzepte der buddhistischen Lehre ist die Bedingte Entstehung. Von dieser Lehre existieren zwei Versionen – eine, die das Entstehen des Leidens zeigt und eine andere, die das Entstehen von Befreiung, von Freiheit zeigt. Zweifellos ist die erste Version die bekannteste, aber nicht notwendigerweise am besten verstandene aller buddhistischen Lehren. Sie ist praktisch in jedem Lehrbuch über den Theravâda zu finden, sie wird oft in Listen oder Diagrammen dargestellt, die in Form von großen Tafeln an den Wänden der Tempelhallen hängen, und ihre 12 Bestandteile werden oft von den Mönchen bei Zeremonien rezitiert. Die zweite, und wie man denken sollte, wichtigere Version ist praktisch unbekannt, auch bei gelehrten Theravâdins. Bhikkhu Bodhi, der einzige westliche Theravâda-Mönch, der diesem wichtigen Schema der Bedingten Entstehung Aufmerksamkeit schenkte, sagt: „Traditionelle Kommentatoren haben diesem Thema kaum die Aufmerksamkeit zukommen lassen, die es verdient“. Korrekter wäre es, zu sagen, dass sie es gänzlich ignoriert haben. Caroline Rhys-Davids bezeichnete diese positive Version der Bedingten Entstehung als eine Oase und fragte: „Wie hätte sich das Bild des Buddhismus im Westen entwickelt, wenn die positive Variante der Bedingten Entstehung mehr Akzeptanz erfahren hätte?“ Tatsächlich hätte es das ganze Bild des Theravâda in Asien verändert.


    Wenn wir also untersuchen, wie das ausgewählte Material interpretiert wurde, finden wir, dass es häufig auf eine äußerst wörtliche, gestelzte und phantasielose Art geschah, oder dass es einfach missverstanden wurde. Ich gebe dafür nur zwei Beispiele: 1. der Buddha beschreibt eine liebende Person als jemanden, in dessen Geist die Barrieren niedergerissen wurden (cetasa vimariyada katena). Was für ein außergewöhnlicher Ausdruck! Wenn eine Person seine durch eigene Vorstellungen erschaffenen Barrie- ren wie Rasse, Stand, „mein“ und „nicht mein“ durchschaut hat, ist sie in der Lage, alle Wesen bedingungslos zu lieben. Der Visuddhimagga illustriert mit Hilfe einer Geschichte, wie das aus der Theravâda-Perspektive verstanden werden soll. Ein Mönch saß zusammen mit drei anderen – einen Freund, einem Fremden und jemand, der ihn nicht mochte, als sie von eine Gruppe von Schlägern angegriffen wurden, die einen aus dieser Gruppe nehmen und ihrem Gott opfern wollten. Der Mönch wurde nun aufgefordert, das Opfer auszuwählen, aber weil er einen Geist mit niedergeris- senen Barrieren hatte, war er außer Stande, irgendeine trennende Unterscheidung zwischen sich und den anderen vorzunehmen. Er saß einfach da und konnte keine Entscheidung treffen. Unabhängig davon, dass das viel zu vereinfacht ist, widerspricht dies auch einer Aussage des Buddha, dass eine liebende Person sogar dazu fähig ist, ihr Leben für einen anderen zu opfern (D,III,187). 2. Die Begriffe papañca und papaìca - saììâ-saíkhâ sind zum Verständnis der Meditation und Psychologie, wie sie der Buddha lehrte, ungeheuer wichtig. Bhikkhu Ñâòananda zeigt in seinem herausragenden Werk Concept and Reality, dass die Theravâda-Tradition die Signifikanz dieser Begriffe verkannt hat, und dass es interessanterweise der Mahâyâna-Buddhismus war, der viel von ihrer ursprünglichen Bedeutung und folglich auch ihrer tieferen philosophischen Konsequenzen bewahrt hat.


    Diese Kombination von einseitiger Betonung und konservativer, beschränkter und vereinfachender Interpretationen hat den Theravâda zu dem gemacht, was er heute ist. Hätte man verschiedenes Material des Pâli-Kanons herausgestellt und es unterschiedlich, aber in gleichberechtigter oder sogar in stichhaltigerer Weise interpretiert, man hätte einen ziemlich andersartigen Buddhismus erhalten. Und dies ist tatsächlich passiert. Die Sravastavadins, Dharmaguptakas, Sautantikas, Abhayagirivasins usw. waren unterschiedliche Schulen mit einem unterschiedlichen Standpunkt, obwohl sie auf einem Sutta- und Vinaya-Pitaka basieren, der im Wesentlichen die gleiche Pâli-Quelle benutzt, wie der Theravâda. Unglücklicherweise sind diese Schulen verschwunden und haben den Theravâdins als einzige „orthodoxe“ Interpreten der Lehren des Buddha das Feld überlassen. Natürlich würde ein Theravâdin sagen, dass es gefährlich oder unnötig ist, Buddhas Worte zu interpretieren oder weiterzudenken. Aber schon zu Lebzeiten des Buddha wurde das getan. Ich verweise hier auf Mahâ Kacchayâna, der auf eine sehr kreative Art und Weise eine von Buddhas Reden ausgelegt hat (SN,III,9). Es scheint, dass immer, wenn es negativ oder theoretisch wird, die Theravâdins bemerkenswert kreativ werden. Nur, wenn es um etwas geht, das praktisch, positiv oder irgendwo außerhalb ihres selbst gewählten und eng begrenzten Wirkungsfeldes liegt, fehlen ihnen scheinbar die Worte." Bhante Dhammika