Beiträge von void im Thema „Buddhismus und Demenz“

    mkha':

    Dass die Demenz nicht bekannt war, ist meines Erachtens nicht besonders verwunderlich.


    Also ich kann mich aus dem tibetischen Buddhismus an einen Text erinnern, wo es darum ging, sich die Vergänlichkeit des eigenen Köpers in Erinnerung zu rufen und das wurde sehr detailiert auf Alter und Krankheit eingegangen. Also wie Sehkraft und Hörvermögen nachlassen, dass man zum gehen einen Stock braucht und eben auch, wie die geistigen Kräfte nach und nach weniger wird, und man "hilflos lallend wie ein Säugling" wird. Sowas würde ich als Zeichen dafür werten, dass den Autoren Alterverirrung und Demenz nicht unbekannt sind. (ich kann mir vorstellen, dass man unter harten Lebensbedingungen zwar nicht so alt wird, dass aber dann die Altererscheinungen eben mit 60 statt mit 90 auftreten. )


    Ich denke, es hat sich bei uns erst im letzen Jahrhundert eine Veränderung der Sichtweise ergeben, die vom Erlahmen und Verkalken hin zu einer Vorstellung einer "Krankheit Demenz" ging. Weil ja bei einer Krankheit immer die Möglichkeit von Heilung und Therapie mitgedacht ist, während das ja bei der Altererscheinung und beim Verschleiss nicht so gesehen wird.


    Die Sicht als Krankheit ist auf der einen Seite natürlich optimistischer, der Nachteil der Idee Krankheit ist aber, dass man sich da auch immer was gesundes dazuimaginieren kann. Während ja "Verschleiss" was Schicksalhaftes hat.


    Und dieses Schicksalhaftes hat ja auch so seine eigene (oftmals würdelose) Würde. So wie der Tote den Lebenden ein Moment Mori sein kann, kann ja auch der Demente dem jungen Menschen seine eigene Zukunft und Beschränktheit zeigen. Demente sind ja oft wirklich leicht gruselig in der Art wie sie nicht mehr von dieser Welt sind. Als meine Oma sehr alt und auch verwirrter war, sprach sie von ihrer Reise und dass sie nach Amerika gehen würde. Ich schätzte, dass viele Tibeter so jemanden als "mit einem Fuss im Bardo stehend" sehen würden, und die Ausserungen als in diese Richtung gehend auffassen würden. Ich kann mir vorstellen, dass das Greisentum mit seiner Würde und seinem Verfall in vielen Gesellschaften auch als ein Zustand nahe an der geistigen Welt mit seinen Bardos gesehen wurde und der Demente so als eine Art von Medium.


    Es ist vielleicht die Frage, wie man dem an der Grenze stehenden erlaubt sich zu äußern, oder ob man darin etwas rein "Krankes" oder zu Bannendes und Verdrängendes sehen will. Aber das ist ja mehr so ein gesellschaftliche Frage, die den Pflegenden bei ihrem schweren Job nicht hilft.

    Demenz ist ja so eine Sache, wo man grundsätzlichste buddhistische Aussagen ganz erschreckend konkret erfährt: Also das nicht nur Auesseres vergänglich ist, sondern auch Erinnerungen, Identität, Persönlichkeitsstruktur. Von daher ist es doch naheliegend, buddhistische Herangehensweisen da helfen können.


    Von daher wundert es mich, dass es da nichts Spezielles zu dem Thema gibt.