Beiträge von fotost im Thema „Dalai Lama und Einfluss der Wissenschaften“

    jianwang:

    Auch wenn ich gleich gevierteilt werde:
    Wieso "bestimnt" ein Mensch über das, was richtig oder falsch im Buddhismus ist?


    Natürlich müssen Aussagen, die auf dem Niveau von Indien zur Zeit Buddhas beruhen, korrigiert werden. Doch inwieweit hat z.B. die buddhistische Kosmologie mit dem "inneren Sinn" des buddhistischen Weges zu tun?


    Wer sonst als ein Mensch?
    Jeder, der die buddhistische Lehre annimmt, entscheidet für sich, daß die Hauptaussagen der Lehre richtig sind. Und dann nimmt jeder (mehr oder weniger) das aus dem Angebot, was ihm paßt und nicht zu viele Widersprüche bewirkt.


    Das klingt jetzt erst einmal eher negativ, aber ich denke, es ist einfach die Realität. Wie viele Mitglieder hier im Forum kennen auch nur den gesamten PK? Ich rede nicht von den Standardkommentaren oder anderen Sammlungen..


    Und daß Aussagen korrigiert werden müssen, die sachlich falsch sind ist klar. Buddha hatte nichts dagegen.
    Die Frage ist doch wie so eine Korrektur aussehen kann (sollte, muß)?

    Liebe Grüße mkha'


    vielleicht beruhen gelegentliche Mißverständnisse ganz einfach darin. daß wir unterschiedliche Sprachen sprechen.
    Da hilft dann Nachfragen und/oder Umformulieren weiter und daß wir beide dazu bereit sind zeigt mir die echte Bereitschaft andere Meinung zu respektieren.
    Zum Teil hat das Mißverstehen ja auch fast pädagogische Absichten :D


    Wenn Du mir etwa ein Transzendieren von Wahrheiten nahelegst machst Du dies mit einem Zwinker-Smilie, weil Dir klar ist, daß für mich ein Begriff wie Transzendenz nur eine Bedeutung hat im Zusammenhang mit der Sprache anderer. Für mich ist der Begriff so leer wie 'covfefe' :rofl:


    Ganz nebenbei - fällt Dir eine Stelle im PK ein. wo es heißt 'Das sind die 4 edlen Wahrheiten und jetzt transzendiert die mal schön'?

    mkha':

    Lieber fotost,

    Zitat

    „Wenn Elemente der Umsetzung der Lehre in Ritus oder Alltag in Widerspruch zur anderen Elementen der Lehre oder zu anderen Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung geraten - wie verhalten wir uns?“

    Ich kann Dir keine allgemeingültige Antwort (für ein WIR oder UNS) geben, … aber ich kann versuchen, Dir meine Sicht der Dinge näherzubringen.


    Lieber mkha,


    nicht mehr kann und darf ich je erhoffen

    mkha':

    Im Unbeständigen ist nichts Beständiges auffindbar. Alles ist im steten Wandel begriffen und keineswegs ausschließlich linear ausgerichtet. Infolge findet sich auch nichts Widersprüchliches – es sind lediglich multiple (Verständnis-)Ebenen.


    Das entsprichst genau meinen Vorstellungen. Es wäre schön, wenn es lineare Beziehungen geben würde. Buddha hat sie nicht gesehen. Ich finde sie auch nicht.


    mkha':


    Jedes Lebewesen hat seine ihm eigene Art, (die seinem Potential entsprechende Weise), das, "was (ihm) erscheint“, mit den Sinnen „wahr“-zunehmen, zu erkunden, zu verarbeiten, zu verstehen, zu verinnerlichen – und (seinem Potential Entsprechendes) zu schlussfolgern.


    Für DICH ist das "ein (einer der) Einstieg(e) in den säkularen Buddhismus" gewesen, … für mich ein Grund, mir entsprechende Lehrer zu suchen, die mich lehrten, meinen Geist meinen Fragen entsprechend zu schulen – tiefer zu sehen, … zu erfahren und verinnerlichen.

    Zitat

    „Mir ist schon klar, daß ich mit einem dauernden Beharren auf diesen Standpunkt manchmal nervig werde. Es ist nicht einfach, immer der Außenseiter zu sein. Ich hätte wirklich gerne eine ganz reale Sangha in der Nähe. Daß es so etwas in einer Großstadt wie Hamburg nicht gibt macht mir meine Lage recht deutlich.“

    Fotost, hast Du schon einmal darüber nachgedacht, dass es deutlich einfacher ist, Fluss aufwärts zu laufen, als gegen den Strom zu schwimmen? … Nicht einfach in der Vorläufer Fußstapfen zu treten, ist nun einmal anstrengender.


    Schon einmal darüber nachgedacht? Einmal? Hunderte Male! Es ist anstrengender den eigenen Weg im Dschungel zu schlagen statt den Vorläufern nachzulaufen! Ganz bestimmt.


    Ich gehe flußaufwärts! Zur Wahrheit.



    Schade für Dich, daß Deine persönlichen Erfahrungen so wenig fruchtbar oder angenehm waren.
    Es tut mir leid für Dich. Ich wünsche Dir ein gutes Leben.

    Karnataka:
    fotost:


    Bei mir geht das etwas weiter. Was, wenn in 5 Jahren reproduzierbar, mit einer wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Theorie über Wirkzusammenhänge feststeht, daß Meditation, daß Sitzen, daß Achtsamkeitsübungen wirklich wirken (wovon ich ausgehe), aber gleichzeitig auf gleichem Niveau festgestellt wird, daß leichtes Joggen oder Gesellschaftsspiele oder (ganz schlimm) 10 Tabletten über 2 Monate eingenommen deutlich bessere Ergebnisse bringt?


    Aus säkularer Sicht finde ich deine Frage berechtigt.
    ...


    Nur aus einer säkularen Sicht?


    Was macht die Zen Gemeinde, wenn eindeutig feststehen sollte, daß deutlich bessere Ergebnisse in dem das sie anstrebt durch XYZ in viel kürzerer Zeit erreicht werden können? Bleiben die einfach sitzen? (Nichts gegen Zennies :rose: , einer muß als Beispiel herhalten :grinsen: )


    Mir ging es bei der Frage um eine Betrachtung der Aussage des DL, daß buddhistische Lehre nicht in Widerspruch zur Wissenschaft stehen solle. Die Problematik dahinter ist mir schon klar - welche Vorstellung von Wissenschaft steht dahinter, wie sind Widersprüche zu definieren etc. Ich wollte das etwas auf Praxis ausweiten.


    Wenn Elemente der Umsetzung der Lehre in Ritus oder Alltag in Widerspruch zur anderen Elementen der Lehre oder zu anderen Möglichkeiten der Erkenntnisgewinnung geraten - wie verhalten wir uns?
    Für mich ist das ein (einer der) Einstieg(e) in den säkularen Buddhismus gewesen. Mir ist schon klar, daß ich mit einem dauernden Beharren auf diesen Standpunkt manchmal nervig werde. Es ist nicht einfach, immer der Außenseiter zu sein. Ich hätte wirklich gerne eine ganz reale Sangha in der Nähe. Daß es so etwas in einer Großstadt wie Hamburg nicht gibt macht mir meine Lage recht deutlich.


    fotost:


    Bei mir geht das etwas weiter. Was, wenn in 5 Jahren reproduzierbar, mit einer wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Theorie über Wirkzusammenhänge feststeht, daß Meditation, daß Sitzen, daß Achtsamkeitsübungen wirklich wirken (wovon ich ausgehe), aber gleichzeitig auf gleichem Niveau festgestellt wird, daß leichtes Joggen oder Gesellschaftsspiele oder (ganz schlimm) 10 Tabletten über 2 Monate eingenommen deutlich bessere Ergebnisse bringt?


    Was wäre die rationale Entscheidung? Oder spielt Ratio überhaupt keine Rolle in diesem Zusammenhang? Fordern wir in fast allen Lebenssituationen, daß es so rational wie möglich zugeht, nur bei Weltanschauung/Religion/Lehre schalten wir plötzlich ab?

    Karnataka:

    ...
    Die Frage nach Wissenschaftlichkeit im Sinne der Ethik des DL meint, ob die praktische Methode der Geistesschulung (also die Meditation von Liebevollen Güte bzw. Mitgefühl) nachweislich geeignet ist, eine positive Veränderung der Persönlichkeit zu bewirken.


    Der DL schreibt sinngemäß, dass eine solche wissenschaftliche Bestätigung wichtig sei, um die Methode der Geistesschulung im Schulsystem zu verankern. An anderer Stelle meint er sinngemäß sogar, dass ihre Wirkung bis zu einer physischen Veränderung des Gehirns reichen könnte. Dies könne für säkular denkende Menschen etwas mit dem religiösen Begriff der Erleuchtung Vergleichbares bedeuten, schreibt er.
    ...


    Wenn es nur das wäre, wäre es in der Konsequenz zu wenig für mich.
    Ich bin nicht ganz so skeptisch wie Du über die grundsätzliche Überprüfbarkeit solcher Veränderungen.


    Bei mir geht das etwas weiter. Was, wenn in 5 Jahren reproduzierbar, mit einer wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Theorie über Wirkzusammenhänge feststeht, daß Meditation, daß Sitzen, daß Achtsamkeitsübungen wirklich wirken (wovon ich ausgehe), aber gleichzeitig auf gleichem Niveau festgestellt wird, daß leichtes Joggen oder Gesellschaftsspiele oder (ganz schlimm) 10 Tabletten über 2 Monate eingenommen deutlich bessere Ergebnisse bringt?


    Hallo kilaya,


    auch Dir danke. Vielleicht sollte ich mich mehr mit dem Tibeter Material beschäftigen :grinsen:


    Wenn man da mal die (meine) Auslöseknöpfe 'spirituell', 'geschickte Mittel' wegläßt, kann das auch in modernem wissenschaftlichen Zusammenhang Sinn machen.


    Wenn eine Mutter ihrem Kind bei einer leichten Erkrankung statt Chemiebomben lieber homöopathische Mittel (ohne jeden naturwissenschaftlich nachweisbaren Wert) gibt, aber gleichzeitig damit ihre Aufmerksamkeit und Zuwendung schenkt, kann das zu besseren Ergebnissen führen als die rein technisch optimale westliche Medikamentenbehandlung.
    Wobei die Weisheit in diesem Beispiel darin liegen könnte rechtzeitig zu erkennen, ab wann diese Zuckerpillen nicht mehr sinnvoll sind.


    Hallo void, danke für die Richtigstellung :) .


    Dein Text war für mich wirklich mißverständlich. Da ich mit Dir eigentlich diese angedeutete Interpretation nicht verbinden konnte, freue ich mich über die zusätzliche Erklärung. Es ist dabei dann egal, ob ich etwas damit für mich anfangen kann oder nicht.


    WOW.. das ist harter Tobak.. ;) Das muß ich erst einmal verdauen.


    Zitat

    Und ist es nicht so, dass jedes Konzept da mehr oder weniger ein "geschicktes Mittel" gesehen wird? Dies erinnert an sehr moderne, wissenschaftliche Herabgehensweisen, wo man bei einem Modell nicht mehr die Frage "Ist es wahr?" sondern "Funktioniert es?" im Vordergrund steht.


    'geschicktes Mittel'? Die Nazi Gaskammern waren technisch bestimmt ein geschicktes, effizientes Mittel für eine Aufgabe für eine kurze Zeit. Die Dokumente der Vergangenheit zeigen, daß sie funktioniert haben.


    Wenn das (geschickte Mittel) die Sichtweise eines pragamatisch-tantrischen Weges sein sollte, geht mich dieser nichts an. Die Vermischung der Betrachtungsebene einer Funktion mit der Beschreibung und Analyse der zugrunde liegenden wissenschaftlichen Erklärung erscheint mir hier falsch. 'Ohne Wissenschaft hätte es nie die Atombombe gegeben - böse Wissenschaft' :angel:


    Hier scheint mir eine ganz grundlegende Vermischung der Ideen Wissenschaft und Technik vorzuliegen.


    Zitat


    Aber ist die Kehrseite dieser überraschenden Toleranz nicht, dass im religiösen Bereich die religiösen Zwecke ausschlagegebend sind, also dort von wissenschaftliche Erkentnissen nicht in Frage gestellt werden können?


    Definitiv nein. Es bedeutet nur, daß der 'religiöse Bereich' sich nie sicher sein darf, daß religiöse (was auch immer das bedeutet) Behauptungen nicht morgen plötzlich wissenschaftlich okkupiert werden können oder gesellschaftlich hinterfragt.
    Daß heutige 'religiöse Zwecke' nicht morgen im gesellschaftlichen Kontext als Verbrechen erkannt werden.

    pamokkha:
    fotost:

    Im Prinzip könnten wir hier die ganze Diskussion sB wieder aufrollen. Wenn der DL bei sich selbst suchen möchte (Du hast das Thema bei den Tibetern reingestellt) Horoskope, Orakel, Beschwörungen. Keine Ahnung, wie weit das heute eine Rolle spielt, aber historisch hatte es Bedeutung.


    Das "könnten wir hier die ganze Diskussion sB wieder aufrollen" will ich hier tatsächlich vermeiden. An seine Orakel usw. habe ich auch gedacht.

    Ich schließe mich an, weil es A) wenig bringt und B) im Tibeterbereich unpassend wäre.
    Man kann das Thema ausschließlich unter dem Blickwinkel des DL betrachten, trotzdem ist der Hinweis erlaubt, daß er damit schon recht mutig und offen über einen engen Horizont blickt und in diesem Teilbereich den Säkularen die Hand ausstreckt.


    Im Prinzip ist das wie in anderen Religionen auch - manchmal sind die oberen Kader weit eher bereit sich mit Dingen auseinanderzusetzen, die einfachen Mitgliedern heilig (intern) oder suspekt (extern) sind.


    Daher weiter oben mein Hinweis darauf, daß die Führung der katholischen Kirche etwa die Evolutionstheorie absolut akzeptiert; auch wenn einige Mitglieder lieber an eine 7 Tage Schöpfung etc. glauben möchten. Big Bang ist nebenbei für die letzten Päpste auch kein Problem mehr gewesen.
    Manchmal verstehen die leitenden Organe, daß man besser keine Schlachten schlägt, die schon vor dem Beginn verloren sind..


    Beim DL würde ich dabei nebenbei keinen Opportunismus unterstellen, sondern zum großen Teil einfach eine oft beinahe völlige Offenheit und die Suche nach der Wahrheit auch über die Wahrheiten der tibetischen Lehre hinaus.

    Sherab Yönten:

    Buddhismus ist in erster Linie eine "Wissenschaft des Geistes".
    Wir haben in diesem Forum allerdings häufig genug erlebt, dass es "den" Buddhismus nicht gibt, sondern viele verschiedene Ausprägungen des Buddhismus.
    Genauso ist es mit der Wissenschaft. "Die" Wissenschaft schlechthin gibt es nicht.
    Geisteswissenschaften "funktionieren" per se schon anders wie Naturwissenschaften.
    Ich glaube, wenn der Dalai Lama sich auf Wissenschaften bezieht, dann meint er (vermutlich) vor allem die Neurowissenschaften und die Psychologie. Dazu wäre es mal interessant, tiefer in die beiden Wissenschaftswelten einzutauchen und eine vergleichende Analyse mit der "buddhistischen Wissenschaft" anzustellen.


    Ich kann hier zu der konkreten Meinung des DL nichts beitragen. Für mich wäre im Zusammenhang der Ausgangsfrage auch eher das ganz grundsätzliche wissenschaftliche Prinzip interessant, interessanter als einzelne Zweige oder Ergebnisse von Teilwissenschaften.


    Wissenschaftliches Denken beinhaltet tief im Kern etwas, das einen Schutz gegen die Fessel 'Hängen an Regeln und Riten' bedeutet.


    Was mir zum Thema noch einfällt wäre die Frage nach intensiven 'Wirksamkeitsstudien' zu einzelnen Momenten der Praxis.
    Welche Kriterien für 'Wirksamkeit' gibt es innerhalb der Lehre? Wie wird diese Wirksamkeit gegen vergleichbare Wirkungen vollkommen fremder (dem System Buddhismus fremd) Methoden, Anwendungen, you name it bewertet?
    Könnte sich hier ein Schutz gegen 'Dünkel' verstecken?


    4. Buddhismus und Wissenschaft sind verschiedene Wege zum Gewinn von Erkenntnis. In Bereichen, in denen beide widersprechende, sich ausschließende Aussagen vorlegen ist diejenige Aussage zu bevorzugen, die in einem Peer-Review Prozeß erfolgreich überprüft wurde und die Falsifikationskriterien anbietet.


    Soweit man das akzeptiert, ergibt sich 1. zwangsläufig. 2. ist sicher davon abhängig, in welchem Bereich man sich bevorzugt bewegt.


    3. Naja, auch der DL muß seine Brötchen verdienen und ein paar Bücher mehr schaden da nicht :rofl:


    Nein, ich sehe es definitiv nicht als Marketingspruch. Wer besorgt beobachtet, wie in der Welt in weiten Bereichen die offene Wissenschaftsfeindlichkeit Raum gewinnt, muß solche Fragen deutlich ansprechen.



    Wenn Du weiter Beispiele suchst, wo es Probleme zwischen Wissenschaft und Buddha Lehre gibt - grundsätzliche Kosmologie Ideen. BL geht hier in Richtung zyklische Kosmologie (das asiatische Prinzip), in der Physik wird momentan eher eine lineare Entwicklung bevorzugt (Big Freeze).


    Die ganzen Wunder Geschichten, durch Berge gehen, ohne technische Hilfsmittel Dinge in riesiger Entfernung hören etc.
    Ich habe (als hartnäckig Säkularer) mit solchen Dingen null Probleme, wenn man sie als Metaphern nimmt. Reine Naturwissenschaftler sind da nüchterner.


    Im Prinzip könnten wir hier die ganze Diskussion sB wieder aufrollen. Wenn der DL bei sich selbst suchen möchte (Du hast das Thema bei den Tibetern reingestellt) Horoskope, Orakel, Beschwörungen. Keine Ahnung, wie weit das heute eine Rolle spielt, aber historisch hatte es Bedeutung.