Beiträge von Sudhana im Thema „? Kishin - Begriffsklärung“

    Baika:

    Dōgen nutzte, meinem Verständnis nach, den Begriff im Tenzo Kyōkun, um den Wert der Tätigkeit des Tenzo im Sinne von Dharmapraxis („Alles ist Praxis!“) zu verdeutlichen.

    Ich denke, gerade in diesem Verständnis liegt die Wurzel des Verständnisproblems. Der Tenzo dient Dōgen dazu, sein Verständnis von Bodhisattvapraxis darzulegen. Diese Praxis wiederum ist das Komplement zur 'Nicht-Praxis' des Zazen. Ansonsten wäre das Tenzo Kyōkun ja lediglich eine Schrift von ausschließlichem Interesse für Leute, die als Tenzo praktizieren oder dies vorhaben. Eine Stellenbeschreibung für einen Klosterkoch. Aus diesem Blickwinkel ist die Antwort auf diese Frage:

    Baika:

    Ist Kishin auf den Tenzo und ein klösterliches Leben beschränkt oder findet der Begriff heutzutage darüberhinaus Verwendung in der Berufswelt?

    - wohl klar. Kishin steht nicht speziell mit einer Praxis als Tenzo in Zusammenhang, sondern allgemein mit Bodhisattvapraxis. Und da gilt eben nicht

    Baika:

    „Alles ist Praxis!“

    - jedenfalls nicht in dem Sinn "Alles ist Bodhisattvapraxis." Bodhisattvapraxis umfasst nach Dōgen vier Aspekte, wörtlich "vier Arten des Erfassens" (shishōbō, 四摂法): fuse (布施 - Geben, dana), aigo (愛語, freundliche/ liebevolle Worte), rigyō (利行, wohltätiges Handeln) und dōji (同事, Zusammenarbeit). Eine kleine Zusammenfassung findet sich in den Abschnitten 21 - 25 des Shushōgi, die wiederum auf Dōgens Shōbōgenzō Bodaisatta Shishōbō beruhen - letztere Abhandlung bietet sich für ein vertieftes Studium an. Insbesondere der Aspekt dōji dürfte verdeutlichen, dass es bei der Tenzo-Praxis, die Dōgen pars pro toto als Idealtyp der Bodhisattvapraxis beschreibt, mit Sicherheit gerade nicht um ein "Ego-Ding" geht.


    Was uns dann auch zur Antwort auf die Frage

    Baika:

    Wie entwickelt man Kishin?

    führt. Nicht nur durch Tenzo-Praxis, sondern durch jede Bodhisattvapraxis. Bodhisattvapraxis und freudvoller Geist (kishin, 喜心), pflegender Geist (rōshin, 老心) und großherziger Geist (daishin, 大心) bedingen und nähren sich wechselseitig.


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