Beiträge von Doris im Thema „Gerüchte“

    Das Dilemma hierbei ist aber, dass Du Dein Kind nur schützen kannst, indem Du es auf Verdacht vom Nachbarn fernhältst. Du kannst es gar nicht "rein" machen. "Rein" kann nur Dein Herz sein, indem Du das Kind schützt und Dir überlegst, wie Du dabei möglichst wenig Kollateralschaden machst und den Nachbarn nicht zu hassen beginnst.


    Ich halte das für ein Märchen, dass Laien schwerer erwachen könnten. Ich denke, das gehört zu den Mythen, die Ordinierten gerne verbreiten, um sich ihre Privilegien zu erhalten. Es gibt nichts, was nicht zum Erwachen führen könnte. Sogar eine Sandale.


    Als Buddha Gautama sein Kind bekam, hatte er eigentlich eine ganz andere Lebensplanung. Von Erwachen war da noch keine Rede. Er hat sich schlicht verdrückt, aus der Verantwortung gestohlen. Der Sohn ist ihm ja nicht abhanden gekommen in seiner Zeit später, sondern zu seiner Gruppe gestossen, und da ist mir keine Stelle bekannt, wo er sich über Rahul als Fessel beklagt. Also kann das nichts mit der Tatsache zu tun haben, dass er einen Sohn hatte, sondern dass er es damals so empfand, weil er was suchte, das er dort nicht gefunden hatte, wo er sich gerade befand. Als er es dann gefunden hatte, gab es keine Fessel. Und so ein Orden, schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe, müsste eine sehr dicke Fessel gewesen sein. Die Fessel kann also nur im Geiste entstehen.
    Ein freier Mensch ist immer und überall frei.

    Zitat

    Und ich würde andere Eltern "warnen" und so vielleicht einen unschuldigen Mann den Ruf ruinieren. Was zeigt, dass ich nicht bereit bin, die Praxis in letzter Konsequenz zu gehen, weil ich viel zu sehr an meinem Kind anhafte. Das weiß ich aber auch ohne mir so ein Beispiel zu überlegen :grinsen:


    Anders gesagt: Viele Fragen "darf ich das oder darf ich es nicht" sind gar nicht so schwer zu beantworten - dass es uns schwerfällt zeigt eher, dass wir noch sehr stark anhaften :)


    Moment mal.
    Du bist verantwortlich für das Wohl Deines Kindes. Es vor Gefahren zu schützen ist Dein Job. Diese Form des Anhaftens ist heilsam.
    Stell Dir vor, Du tätest es nicht und das Gerücht würde sich als wahr herausstellen und Dein Kind würde missbraucht werden.


    Ich seh das so: Das Leben ist voller Dilemmata und wir können dem nicht ausweichen. Wir werden immer irgendwas "falsch" machen und schaden. Wir müssen immer Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen wir nicht erahnen können. Du kannst einem Menschen bei einem Unfall das Leben retten, und kurze Zeit später geht er los und erschießt hundert Leute. Du kannst das Beste von Deinem Nachbarn denken, und dann stellt es sich heraus, dass er seine Frau prügelt.


    Jetzt weißt Du, warum Leute so gerne ins Kloster gehen. Sie müssen keine Entscheidungen treffen, können vor sich hin meditieren, alles ist geregelt, die Probleme sind marginal. Selbst die härteste Disziplin kommt nicht an das heran, was ein Mensch im Alltag täglich an Entscheidungen treffen muss, wenn er sie auch noch bewusst treffen möchte.

    Dein trauriges Beispiel steht für eine Verleumdung und ihren Folgen. (Und alle Achtung, wie gelassen Ihr damit umgeht.)


    Ich möchte das ein bisschen von einem Gerücht unterschieden wissen, das nämlich auch wahr sein kann. Es kann sogar einen positiven Inhalt haben ("es geht ein Gerücht um, dass Hartz IV um 15 % erhöht wird.") Ein Gerücht ist außerdem anonym, eine Verleumdung hat einen erkennbaren Verursacher, bis sich dieser in einem Gerücht verliert.
    Aber egal, es geht darum, wie man sich verhält. Ich komme einfach auf keinen Königsweg, so sehr ich auch nachdenke. Manchmal tötet ein Gerücht, manchmal rettet es Leben.
    Das Einzige was ich selbst tun kann ist, keine Lügen über Andere in die Welt zu setzen. In manchen Fällen kann ich nachhaken und etwas klären, mehr Informationen besorgen. Der Rest ist für mich komplette Unsicherheit und ein Glücksspiel. Ich habe diesbezüglich keine Sicherheiten. Tja.

    Kannst Du sie nicht begründen? Oder willst Du nicht?
    Ich kann meine Meinung begründen. Auch aus persönlichen Gründen.


    Ich finde, man macht es sich zu einfach Gerüchte nur abzutun. Ein bisschen unterscheiden finde ich wichtig. Und am Ende ist es so, dass ich selbst keine Faustregel und schon gar keine allgemeingültige Regel dafür finden kann, wie man mit Gerüchten umgehen soll. Sie zu übersehen kann ebenso mächtig in die Hosen gehen, wie ihnen Glauben zu schenken.


    Was hätten wir getan, wenn das Gerücht in Umlauf gebracht worden wäre, dass Herr Döring eine besondere Affinität zu kleinen Jungs hätte und uns jemand gefragt hätte, ob er dort hingehen soll, womöglich noch ein Jugendlicher? Es einfach ignoriert? Ihm gesagt, er solle da hingehen und ein wenig vorsichtig sein? Ihn hingeschickt, weil man Döring selber sehr schätzte?
    Was tut man, wenn in der Nachbarschaft jemand unter so einem Verdacht steht?
    Im Fernsehen ist das meist ganz klar, und es ist immer Rufmord. Und in der Wirklichkeit, wie geht man da um? Lässt man sein Kind mit dem Nachbarn alleine?
    Ich sage es ganz ehrlich, ich habe nicht die Bohne einer Ahnung, wie ich mich verhalten würde. Und das ist Scheiße. Damit muss ich leben.

    Wenn Du vor 80 Jahren in München gelebt hättest, wären Dir viele Gerüchte zu Ohren gekommen über eine kleine Stadt im Norden Münchens namens Dachau. Es war ein geflügeltes Wort: "Pass auf, sonst kommst Du nach Dachau!" Viele Leute haben das als Gerücht abgetan. Auch Dachauer, denen der Wind eine Geschichte zu erzählen versuchte. Ich habe von den alten Leuten oft gehört, wenn sie von früher erzählten: "Wir wussten ja nichts. Es waren ja nur Gerüchte."

    Die wussten nicht, dass das Gerücht kein Gerücht war.
    Das ist typisch für ein Gerücht, dass man nicht weiß ob es wahr ist oder nicht.

    Es gibt genügend Beispiel, wo die Leute bei Gerüchten geschwiegen haben. Mit katastrophalen Folgen.
    So einfach finde ich das also nicht.