Man kommt aus der Zwickmühle nicht heraus, wenn man Glaube durch Überzeugung ersetzt. Me gerade dann nicht. Das Äquivalent zum theistischen Konzept 'Glaube' ist Śraddhā, was mE zutreffender mit 'Vertrauen' übersetzt wird. Was es allerdings auch nicht so ganz trifft.
Dieser mit Śraddhā bezeichnete "Glaube" steht unter dem Vorbehalt empirischer Bestätigung. Er ist also nicht dogmatisch fixiert, sondern entwickelt und verändert sich mit der fortschreitenden Erfahrung, die man, dem "Glauben" in seiner jeweils momentanen Gestalt folgend, damit macht. Nun kann man das als 'Vertiefung' des Glaubens bezeichnen, aber ich halte das für eine allenfalls temporär hilfreiche Wertung - was wiederum heisst, für einen Glauben, den man irgendwann nicht mehr braucht und dann auch nicht mehr "hat". Śraddhā ist anitya, beständig im Fluss.
Das christliche Konzept von Glaube ist in dieser Hinsicht deutlich anders. Dieser Glaube ist (oder soll es zumindest sein) statisch und bedingungslos. Credo quia absurdum est - dies drückt gemäß der christlich-theologischen Tradition den Gegensatz zwischen Glaube und Vernunfterkenntnis aus. Was historisch aufgrund der höheren Bewertung des Glaubens zu äußerst unschönen Ergebnissen geführt hat und der entscheidende Grund dafür war, dass die Religion (insbesondere die christliche) durch die Aufklärung entmachtet wurde. Und das ist gut so, möchte ich hinzufügen.
Hier kann man dann auch tatsächlich von einer 'Vertiefung' sprechen, weil hier ein 'Kern' postuliert wird, dem sich der Praktizierende bis zur Verschmelzung annähert. In dieser Hinsicht ist Glaube statisch. Man vertieft ihn oder, wenn man den Widerspruch zwischen Glaube und Vernunfterkenntnis nicht aushält, "verliert" ihn. Śraddhā wiederum steht nicht im Gegensatz zur Vernunft, Śraddhā übersteigt sie allenfalls. Und zwar da, wo die Erfahrung die Vernunfterkenntnis übersteigt. Aber vor allem ist Śraddhā nicht statisch, sondern dynamisch, anitya. Und Śraddhā hat keinen Kern, dem man sich durch Vertiefung annähern (oder den man "freilegen") könnte - Śraddhā ist leer.
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