Beiträge von void im Thema „Empfindung und (Ich-)Bewusstsein bei Tieren“

    jianwang:

    Ich bin mir da noch unsicher, aber "denkt" z.B. ein Raubtier an seine Beute, BEVOR es Hunger verspürt?


    Wenn das Raubtier ein Hai ist bestimmt nicht. Wenn "Denken" unsere Art zu denken bezeichnet auch nicht. Aber nehmen wir mal einen Wolf und seine "Denkobjekte". Wie sehen die Denkobjekte eines Wolfs aus? Was ist denken für einen Wolf? Ich würde sagen, es ist das Verknüpfen von Indizien zu einer Ordnung, die dann zu einer Handlung führen kann. So wie es bei uns einen Denktrieb trieb, gibt es bei den höheren tieren, einen Trieb zu Neugierde, zum Erkunden und zum Erforschen. Kommt ein Wolf in eine Gegend die er nicht kennt, erfroscht er sie. Und dabei strukturiert sich ihm die Gegend. Er kann dann z.B auf einen Platz zum Trinken stossen, den er sich merkt auch wenn er keinen Durst hat, auf ein Gebüsch, in dem es nach Kaninchen riecht, auf ein fremdes Revier. Er bildet sich eine innere Landkarte. Und diese innere Landkarte dient ihm dann Hypothesen zu bilden. Zum Beispiel wohin eine Beute gelaufen ist. Ein Wolf denkt insofern, das zu dem was er sieht und riecht eben auch die innere Landkarte hinzukommt, um sein Verhalten zu bestimmen. Er ist nicht allein im "Hier und Jetzt" sondern hat eine Referenz.


    jianwang:

    Es gibt, so ich weis, z.B. Untersuchungen über einen der wichtigsten essentiellen Lebenstriebe, die Vermehrung der Art. Und wie oben erwähnt, sind es nur wenige Spezies, die Sex neben Arteehaltung als (abstrakten) Lustgewinn erfahren.


    Also es ist doch umgekehrt: Jedes Tier macht Sex, weil es eine Begierde dazu hat. Und es ist ihm nicht klar, dass diese Begierde ein Produkt der Arterhaltung ist. Während sich manchmal die Begierde evolutionär noch aus anderen Quellen speist.


    jianwang:

    Das Gleiche ist imho auch bei "Gefühlen" zu sehen. Allzu leicht tendieren Menschen dazu, Reaktionen auf innere und äusserte Reize als "Gefühl" anzusehen. In meinem Verständnis gehört zum Gefühl auch die Fähigkeit zur Abstraktion.


    Für mich kommt Gefühl von Fühlen. Und dadruch, dass man auf das Gefühl reagiert, werden dessen konkrten Enstehungbedingungen verdeckt.


    jianwang:

    Da Abstrahierung ein gewisses Mass an Komplexität der "Denkstrukturen" voraussetzt ist imho ein Fühlen im Sinne von "Gefühl haben" bei "niederen" Arten auszuschliessen, wobei im Bereich der "biologischen Informatik" die Höhe dieser Komplexität strittig ist.
    Und genau diese Abstrahierung führt zum "Ich-Bewusstsein".


    "Gefühle haben" ist zweischneidig. Ich würde sagen, dass beim vielen Tieren eben sehr viel "Gefühle" da sind, die miteinander konkurrieren, Handlung des Köpers zu bewirken. Und da die istanz die Gefühl "haben" können, eher schwach ist. Es sind nicht die Gefühl die fehlen, sondern sie so dominant, dass sie kein Ich hervorbringen, das sie dann "haben" d.h. dämpfen oder dirigieren könnte.

    Selbst in Pflanzen drückt sich ein Drang zum Leben und Wachsen aus. Schon ganz einfache Wesen haben verschiedene "innere Zustände". Eine ganz basale Unterschedung ist z.B ob sich eine Pflanze in einem Status des Gedeihens befindet oder sich unter Druck befindet. Während der Zustand des Geideihens keine Änderung der Struktur erfordert, zerren Zustände des Stresses zur Änderung. "Wassermangel" kann bedeuten, tiefere Wurzeln wachsen zu lassen. "Verletzung" kann dazu führen, dass ein Baum vor seiner Zeit blüht. Und einfache Tere haben noch mehr innere Zustände wie "Furcht", "Hunger" oder "Begierde", die das Verhaltensspektrum verschieben.


    Einerseits sind diese inneren Zustände das fundament dessen, was man geistige Zustände nennt. Auf der andernen Seite sind sie wohl noch keine, weil sie eben noch nicht zu Geist geworden sind. Ich denke zu Geist werden sie, wenn noch eine weitere Lage dazukommt. Wenn es innere Zustände gibt, die sich nicht auf das Handeln bezieht sondern auf andere innere Zustände. Wenn z.B ein Tier zwischen Hunger und Furcht hin und hergerissen ist. Oder wenn ein Raubtier versucht, das Verhalten eines Beutetiers vorherzusagen. Ich denke solchen "geistigen Zustände" gibt es eher bei höheren Tieren.


    Aber geistige Zustände sind noch kein Denken sondern eher die Vorraussetzung von Denken.


    Ich sehe das alles eher so zwiebelhaft,, wo sich eine Schicht um die andere legt, so wie sich im Gehirn das Grosshirn um das Kleinhirn legt und dieses um das Stammhirn. Und auch unsere geistigen Zustände wurzeln in den inneren Zuständen die wir mit Tieren gemeinsam haben. Dieses "Wurzeln" verleitet und einerseits, in die Tiere unsere komplexen Geisteszusände reinzuinterpretieren, was ja falsch wäre. Aber auf der anderen Seite haben wir wohl so ganz basalen Formen gemeinsam. So unaussprechliche Angst, blindes Begrehren, blinder Hass. Gerade dort, wo es mehr ein körperlicher Zustand ist, wo Hass zum Schnauben wird, Gier zum Geifern und Angst zum Bibbern.