Beiträge von Sudhana im Thema „Wahnhafte Rechte Erkenntnis“

    Da im Kontext des Ausgangsthreads offtopic hier eine Antwort in einem neuen Thread.

    Bakram:

    1. rechte Erkenntnis


    Bekanntlich gibt es zwei Arten rechter Erkenntnis:

    Muss wohl. Da es auch zwei Arten von Wahrheit gibt ...

    Bakram:


    Eine rechte Erkenntnis in minderwertiger Qualität für das gemeine Volk. Diese ist zwar wahnhaft(=verblendet) aber zur Bewältigung des weltlichen Alltags hilfreich und zuträglich.

    Richtig. George Orwell nennt dies in seiner Beschreibung des Engsoz "Prolefutter". Wobei - wohlgemerkt - nicht diese Bezeichnung zynisch ist, sondern das, was sie bezeichnet.

    Bakram:

    Das ist die Art rechter Ansicht um die ihr hier streitet.

    So ist es. Und das nicht nur im Ausgangsthread. Das Einzige, was das freigebige Verteilen von Prolefutter rechtfertigt, ist dessen Nützlichkeit. Eine zur rechten Sicht höchster Wahrheit führende verhüllte Wahrheit mag ja in diesem Sinne nützliches Prolefutter sein. Das hat dann aber mit "Bewältigung des weltlichen Alltags" eher wenig zu tun. Jedenfalls - bei der Beurteilung von Nützlichkeit ist anzuraten, nicht aus dem Blick zu verlieren, wem was nützt. Die Frage stellt sich insbesondere hier:

    Zitat

    Was ist das nun, ihr Mönche, für eine rechte Erkenntnis, die wahnhaft, hilfreich, zuträglich ist?


    •'Almosengeben, Verzichtleisten, Spenden ist kein Unsinn;
    [...]
    •die Welt hat Asketen und Priester, die vollkommen und vollendet sind, die sich den Sinn dieser und jener Welt begreiflich machen, anschaulich vorstellen und erklären können'

    Auch, wenn dies in der Tat "wahnhaft" ist: "Almosengeben" und "Spenden" hat zweifellos einen Nutzen - im plump darwinistischen Sinn. Vor allem für den Empfänger. Sicher auch für den Geber, insofern (und zwar ausschließlich) ihm dies Gelegenheit gibt, die brahmavihara und paramitas zu praktizieren. Aber, wenn man schon zwischen Gebenden und Empfängern unterscheidet und den einen als zum "gemeinen Volk" gehörenden allenfalls "rechte Erkenntnis in minderwertiger Qualität" zugesteht, muss man sich auf Empfängerseite schon auch die Unterscheidung zwischen Bedürftigen und Parasiten gefallen lassen. Ein solch unterscheidender Blick kann selbst jemandem mit "rechter Erkenntnis in minderwertiger Qualität" den Umfang dieser Erkenntnis erheblich erweitern. Das Tor, das sich Leuten, die sich im Besitz rechter Erkenntnis in höherwertiger Qualität wähnen (oder solchen Wahn bei Anderen befördern), da öffnet, ist das schleichender Korrumpierung. Und es gibt genug Leute, die dieses Tor ohne zu zögern durchschreiten.


    Man findet dieses slippery-slope-Phänomen sehr schön in Cullavagga VI des Vinaya abgeschildert - auch ein schönes Beispiel, mit welcher Nachsicht und Geduld Buddha seinen Bhikkus ihr Gejammer bzw. ihre Inkonsequenz nachsah und ihren Wünschen nachgab.


    Der Prajñā-Aspekt des Weges ist eine Übung für Geber und Empfänger. Wenn Geben und Empfangen korrekt geübt werden, dann ist der Unterschied zwischen Geber und Empfänger aufgehoben. Und das hat etwas damit zu tun, zunächst den Unterschied zwischen "gemeinem Volk" und "Edlen" und damit zwischen "rechter Erkenntnis in minderwertiger Qualität" und "rechter Erkenntnis in höherwertiger Qualität" aufzuheben. Tatsächlich gibt es nur eine rechte Erkenntnis; sie offenbart sich lediglich in unterschiedlichen Graden der Verhüllung. Deswegen gibt es auch nur eine Sangha und darin keine Grenze zwischen Ariyas und "gemeinem Volk".


    Insbesondere ziehe ich in Zweifel, dass Buddha - wenn er dies denn tatsächlich so gesagt haben sollte, hier

    Zitat

    Was aber ist es, ihr Mönche, für eine rechte Erkenntnis, die heilig, wahnlos, überweltlich, auf dem Wege zu finden ist?


    •Was da, ihr Mönche, im heiligen Herzen, im wahnlosen Herzen, das sich auf heiligem Wege befindet, heiligen Weg vollendet, Weisheit, fähige Weisheit, vermögende Weisheit ist, Ergründung der Wahrheit, die zur Erwachung führt, eine rechte Erkenntnis, die auf dem Wege zu finden ist: das ist, ihr Mönche, eine rechte Erkenntnis, die heilig, wahnlos, überweltlich, auf dem Wege zu finden ist.

    - hinsichtlich dieser "wahnlosen" rechten Erkenntnis zwischen Bhikkus und Haushältern unterschied. Es gibt - auch, wenn er acht Aspekte hat - nur einen Weg. Nicht einen für Haushälter und einen für Bhikshus. Der Unterschied liegt nicht in der Art und Weise, diesen einen Weg zu gehen, sondern im "Wahnhaften". Sich frei davon zu wähnen, ist dessen tiefste Wurzel.


    ()