Beiträge von void im Thema „Konsumorientierung“

    Moosgarten:

    das ist ja klar. Nur was soll denn dieses Grundlegende sein?


    Ja, das ist eine gute Frage.


    Was unterscheidet den Kapitialismus von all den alten Formen des tempoäraren exponetiellen Wachsens, bei denen neue Ressourcen erschlossen werden?


    • In einem Flugzeug ist eine exotische Spinnart nach Spanien gelangt. Weil sie dort keine natürlichen Feinde hat, vermehrt sie sich rasant.


    • Hugo hat ne tödliche Krankheit: Viren breiten sich exponentiell auf ihm aus. Mit Hugos Tod gehen auch Milliarden Viren drauf. Ein paar davon haben Glück gehabt, weil sie jetzt auf Hugos Freundin Sandra leben.


    • Die Spanier haben wieder mal ne neue Kolonie entdeckt. Auch diesmal ist es wie immer: Die Eingeborenen haben keine Chance und Spanien bekommt lauter neue Resourcen und Gebiete.


    Der Witz beim kapitalismus scheint mir zu sein, dass er unglaublich gut Kräfte mobilisieren kann, indem er die Zukunft vorweg nehmen kann. Man muss keine bisherigen Beutefahrten gewagt haben, um zu einem neuen starten zu können, sondern man kann mit noch nicht verdienten Geld ein Schiff ausstatten. Kapitalismus ist eine Wette auf zukünftiges exponentielles Wachstum.


    Hmm, damit wäre ich wieder am Ausgangspunkt und "Zins,"Schulden" und "Investitionen" wären die zentalen Begriffe. Und Produktionskräfte ist nur insofern wichtig, als sie sowohl hohe Investitionen brauchen und somit Kapital darstellen.


    Mist! Du hast also wohl recht.

    Moosgarten:

    nein, das ist keineswegs zwingend. Und der "real existierende Sozialismus" kein Gegenbeweis.


    Mir geht es darum, die materielle Basis und ihre Eigenlogik zu beschreiben. Dass es eine Eigenlogik ist, bedeutet nicht, dass sie nicht überwunden werden kann, sondern nur dass sie nicht überwunden werden kann, ohne etwas Grundlegendes zu ändern.

    Moosgarten:

    Der Knackpunkt ist, dass die kapitalistische Reproduktionsweise notwendigerweise zu einer Vernichtung von Produktivkräften führt. Und angeheizt wird das durch den private Aneignung des Mehrwertes (Gier) gesellschaftlicher Produktion. Daran hat sich auch seit Max nichts geändert, nur die Ausreden nehmen immer neue Formen an.
    Deine Darststellung war auch so eine ;)


    Mir ging es darum, dass die industriellen Produktionsweise so eine Eigenlogik der Maschinerie ausweist, nach der produziert und rationalisisert werden muss. Villeicht so wie die Besen in Goethes Zauberlehrling emsig Wasser herbeischaffen müssen. Dass die Maschinen nicht stillstehen dürfen (und wir mit unsere Arbeitsplätze davon abhängen ) beschreibt für mich die Eigenlogik des system und ist für mich damit mehr als eine Ausrede.


    Vielleicht hilft es da, auf den real exitierenden Sozialismus in der Sowjetunion zu schauen: Da hat man ja versucht, die industrielle Produktionsweise beizubehalten, in der gewalige Industrienalagen Zeug schaffen. Während man gleichzeitig versuchte, Eigentumverhältnisse, Aneignung privaten Mehrwerts und Kapitalisten loszuwerden. Aber dort war ja trotz veränderter Eigentumverhältnisse eine ganz starke Eigenlogik der Produktion am Werke, wo die Räder nicht stillstehn dürfen.

    Moosgarten:

    haha, du solltest wirklich mal Marx lesen.


    Ja, villeicht. Bei Marx wird die Akkumulationslogik des Kapital betont, also der Zwang das "Geld immer noch mehr Geld hecken" muss. Wobei aber ja Marx in einer Gesellschaft lebte, in der die Produktionskräfte noch dabei waren, den bestehenden Mangel zu beheben.


    Er ging davon aus, dass eine Überproduktionskrise zu Automatisierung, Rationalisierung, Effizienzsteigerung, Lohndumping, Arbeitszeiterhöhungen führt, die damit dann zu einer Verelendung (Proletarisierung) der Arbeiter führt. Das man einer Überproduktionskrise entegenwrken kann, dass man die Bedürfnisse der Menschen steigert und ihnen sogar mehr bezahlt kam ja dann erst mit dem Fordismus nach dem ersten Weltkrieg.


    Es hatwas von einem Teufelskeis: Damit das System stabil bleibt, muss die Wirtschaft wachsen und damit die Wirtscaft wachsen kann, muss immer mehr produziert und immer mehr vebraucht werden. Der Umsatz muss gesteigert werden, die Kessel geheizt werden und der Stoffwechsel hochfahren werden.


    Immer mehr muss vebraucht und verzehrt werden. Alles muss brennen.
    Während ja Nibbana das Verlöschen ist.

    mukti:

    Mit der Industriealisierung sind Ideale wie Bescheidenheit und Genügsamkeit noch mehr in den Hintergrund getreten, die Schranken der Gier immer mehr gefallen - genug ist zu wenig. Mehr Autos, mehr Straßen, mehr Flugzeuge und Pisten, schneller, besser, weiter, größer. Riesige Supermärkte mit tausenden Artikeln, Regale übervoll mit stilischen Verpackungen in allen Variationen und Duftnoten der Kosmetikartikel, Lebensmittel in allen Nuancen des Geschmacks, 50 Käsesorten, Milchprodukte aller Art, usw. usw. Weil alles immer verfügbar sein muss wird weggeworfen was übrigbleibt.


    Es ist ja nicht so, dass deswegen so viel produziert wird, weil die Leute so gierig ist. Es war ungekehrt. Zuerst sind die unglaublichen Erweiterungen der Produktionsmöglichkeiten gekommen, die so viele Arbeitsplätze geschaffen haben. Und weil so viel produziert wird, muss über Marketing Nachfrage und neue Märkte geschaffen werden.


    "Bescheidenheit und Genügsamkeit" klingt ja sehr erstrebenswert. Aber gäbe es statt der 50 Marken nur 2 und statt der 50 Varianten nur 2, dann würden all die anderen Fabriken schliessen. Wären die Leute bescheidener, müssten Millionen von Leute um ihre Arbeitsplätze fürchten:


      Und die Kaufleute auf Erden werden weinen und Leid tragen um sie, weil ihre Ware niemand mehr kaufen wird:Ware aus Gold und Silber und Edelsteinen und Perlen und feinem Leinen und Purpur und Seide und Scharlach und allerlei wohlriechendem Holz und allerlei Gerät aus Elfenbein und allerlei Gerät aus kostbarstem Holz und Erz und Eisen und Marmor und Zimt und Balsam und Räucherwerk und Myrrhe und Weihrauch und Wein und Öl und feines Mehl und Weizen und Vieh und Schafe und Pferde und Wagen und Leiber und Seelen von Menschen! [url=https://www.bibleserver.com/text/LUT/Offenbarung18(Offenbarung 18:2)[/url]


    Es ist also so eine verkehrte Welt, in der Bescheidenheit dem anderen seiner Möglichkeiten beraubt. Und Konsumieren zu so einer Art Bürgerpflicht wird. Lieber 5 Schampoos ( eines für die linke Achsel eines für die rechte Achsel...) statt einem und all den Beschäftigten in der Schaumindustrie ein schönes Fest bereiten.