Beiträge von Adrenaline im Thema „Tod und Wiedergeburt aus tibetischer Sicht, Quellen und Dialog“

    Geschieht diese Wahrnehmung Stufenweise , oder ist das klare Licht eher spontan ?

    LG und sehr schönes Thema

    im Sterbeprozess und auch während des Bardo des Todes gibt es sehr viele stufenweise Wahrnehmungen. Siehe das Buch "der Geist überwindet den Tod" von Dzogchen Ponlop Rinpoche.

    Wenn irgendwas stufenweise erlebt wird muss es ja immer in einem Zustand sein wo das Bewusstsein mindestens ansatzweise dual ist. Sonst würde ja keine Zeit erfahren. Während der Todes-und Nachtodesbardos gibt es viele Zustände wo das Bewusstsein zwar nicht so dual ist wie unseres jetzt aber auch nicht vollständig non-dual. Da eben im Sterbeprozess das duale Bewusstsein stufenweise aufgelöst wird, im ersten Teil des Bado Dharmata ist es vollständig aufgelöst. ( Klares Licht des Dharmakaya) . Danach kommt das duale Bewusstsein nach und nach zurück bis dann die Dualität vollständig "festgebunkert" wird durch die Geburt in einem der 6 Daseinsbereiche.


    Das Klare Licht an sich ist komplett jenseits von Zeit. Es gibt weder Subjekt noch Objekt noch Raum und Zeit.

    Während der Auflösung des Körpers werden verschiedene geheime Zeichen erfahren, welche Farben haben. Sie sind das "beispielhafte Klare Licht" (Seite 204 DPR) und sind noch nicht das wahre klare Licht.


    Alles sehr schwierig. Unter Thema im extra-Thread (könnte man machen) wären die geheimen Zeichen des beispielhaften Klaren Lichts während des Sterbeprozess und das wahre Klare Lich im Bardo Dharmata. Also man würde dann den Sterbeprozess und den ersten der NachTodes Bardos gesondert anschauen müssen.

    Ja, gute Idee, für Sachen die für sich gesehen in die Tiefe gehen sollen, jeweils einen neuen Thread aufzumachen.

    Materie-Geist Dualismus ist für mich ein Thema was VOR Wiedergeburt verstanden werden sollte. Weil sonst wird die Vorstellung der Wiedergeburt naiv. Daher fänd ich Zitate aus diesen Kapieln des Buches unter extra-Überschrift schon gut.

    Aber Kilaya.... äh, ich bin nicht so schlau, dass ich in deinem Tempo neben der Arbeit mitkomme, nur mal als kurze Rückmeldung.... Also, Erklärungen so einfach wie es geht wären schon gut. Wobei mir klar ist, dass so richtig einfach eben nicht geht.;)


    Übrigens kannte ich den Begriff: Materie-Geist-Dualismus so noch nicht....ist klar, welche Ebene gemeint ist, eben die auf der ich gerne diskutiere. Aber den Begriff so kannte ich noch nicht.

    Ich stelle mir vor, dass es in diesen Kapiteln keine Schulen-Unterschiede tibetischer Schulen gibt. :? Ich hoffe mal. Dass das eben noch nicht das ist wo die tibetische Symbolik ins Spiel kommt? Sondern die allgemein-buddhistisch verständliche Ebene?

    Wie gehst du mit dem Problem um, dass solches verdinglichend vorgestellt wird? Wenn du so ein Thema reinstellst?

    Verstehe nicht ganz, was Du meinst?

    Ich habe eine gewisse Sorge, dass Leerheit zu so einem Schlagwort verkommt, auch "unter uns". Dass Bewusstseinsaspekte als "Dinger" vorgestellt werden.

    Der Thread ist halt sehr anspruchsvoll. Wenn ich meine, dass man da vielleicht noch eine Ebene tiefer ansetzen könnte in der Diskussion, dann muss ich halt einen weiteren Thread aufmachen.

    Ja also den Materie-Geist-Dualismus erst mal ohne das Wiedergeburts-Thema würde ich schon gerne diskutieren.

    Payer, Alois <1944 - >: Karma und Wiedergeburt im Buddhismus : Vortrag.

    -- Fassung vom 26. Juni 2000.

    -- URL: http://www.payer.de/einzel/karma.htm

    Zitat

    Der Vorgang der Wiedergeburt ist keine Seelenwanderung: es gibt kein Ich, keine Seele oder dergl., das von einem Zustand zum anderen wandern könnte. Nein, Wiedergeburt ist ein reiner Bedingungszusammenhang, bei dem ein vorhergehender Zustand einen späteren bedingt, ohne dass irgendein substantielles Substrat bleiben würde. Darin unterscheidet sich übrigens Wiedergeburt nicht von dem, was während des Lebens ständig geschieht.

    den letzten Satz finde ich echt einen Kracher. Eigentlich klar, trotzdem neu für mich.

    Zitat

    Jemand, der an den Lehren des Buddha über die nicht offensichtlichen, verborgenen Themen zweifelt, sollte seine Lehren über die Leerheit betrachten [die der direkten logischen Untersuchung mit Hilfe von Schlußfolgerungen durch die Kraft der Tatsachen zugänglich sind] und dadurch zu der Überzeugung kommen, daß auch die Lehren über die anderen Themen, die solchen Schlußfolgerungen nicht zugänglich sind, untrügerisch sind. Durch diese Art der Untersuchung kann die Gültigkeit solcher Aussagen in den Schriften nachgewiesen werden, die äußerst verborgene Sachverhalte behandeln. Eine solche analytische Erkenntnis wird "Schlußfolgerung aufgrund der Glaubwürdigkeit" genannt. Es geht also nicht darum, eine Aussage in den Schriften ungeprüft anzunehmen. Im Gegenteil, man muß sie mit logischem Denken untersuchen.

    diese Aussage finde ich unglaublich wichtig.

    Ich denke man kann mit Hilfe von Leerheits-Erklärungen, klassischen, zumindest beweisen, dass es sich bei den tibetischen Bardo-Belehrungen keinesfalls um naive Vorstellungen handelt. Ich weiß aber nicht ob das richtig ist es zu tun. Leerheit sozusagen als Verteidigung gegen den Naivitäts-Vorwurf. Da müsste ich einen Lehrer anschreiben.

    Denn es könnte passieren, dass man zu Menschen über Leerheit spricht, die es nicht wissen wollen.


    Stichwort die Vajrayana-Samayas....

    @kilaya : hab ich was übersehen oder wir den Zitaten: Subtiles Bewusstsein oder sehr subtiler Geist irgendwo definiert? Ich hab das Gefühl an der Stelle muss man Leerheit erklären, oder wie würdest du da erklären was das überhaupt sein soll?

    Sonst kann es nämlich gleich wieder als ein irgendwie feinstoffliches Zeug vorgestellt werden... und dann wird es gleich als Phantasiegebilde bezeichnet, was wir angeblich hätten. Hokuspokus und so....

    ebenda, S. 208 / 209 Dalai Lama:

    Zitat

    Buddhisten stimmen zu, daß die groben Bewußtseinsebenen vom Körper abhängig sind, und daß sie nicht auftreten, wenn das Gehirn aufhört zu funktionieren. ... Wir sind uns also einig, daß das Bewußtsein in Abhängigkeit vom Gehirn entsteht. ... Was ist die Natur dieser kausalen Beziehung? Stellt die Gehirnfunktion eine substantielle Ursache für geistige Prozesse dar, oder liefert sie beitragende Bedingungen dafür? ... es [wäre] vernünftig zu vermuten, daß die Gehirnfunktion eine beitragende Bedingung für das Auftreten mentaler Prozesse darstellt. Doch was ist dann die substantielle

    Ursache der primären, unterscheidenden Qualität des Bewußtseins, nämlich von Klarheit und Erkennen? ... Im Vajrayana wird die substantielle Ursache, wie schon erwähnt, mit dem sehr subtilen, ursprünglichen Geist identifiziert. ... Was ist es, das die Verbindung zwischen dem Sehr Subtilen Geist und dem groben Körper oder dem groben Geist gewährleistet? An dieser Stelle sprechen wir von dem "sehr subtilen energieerhaltenden fünf-farbigen Licht". Damit wird nahegelegt, daß diese sehr subtile Energie ausgestattet ist mit dem Potential, letztlich die fünf Elemente hervorzubringen: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum. Aus dieser Energie entstehen zunächst die fünf inneren Elemente, und aus diesen dann die fünf äußeren Elemente.

    (Hervorhebungen von mir)

    Ich empfinde es als einen Unterschied, ob ich zu einem Buddhisten sprechen würde, um zu versuchen die Sichtweise des tibetisches Buddhismus zu erklären, oder ob ich zu einem Wissenschafts-affinen Menschen sprechen würde der Atheist ist. Denn ich denke, ich kann zu jedem Buddhisten sagen, dass das Gehirn ein gedachtes Objekt ist und damit nicht im naiven Sinne existent ist. Damit hätte ich dann die Vorstellung schon weg, dass das Gehirn Gedanken absondere wie die Leber Galle usw. Denn nicht das Gehirn produziert Gedanken, sondern der Geist produziert das Denk-Objekt: Gehirn.


    Ist der Mensch Atheist und geht von der realen Existenz inhärenter Objekte aus, müsste man ja erst mal beweisen dass das nicht stimmt und diese Ansicht naiv und sozusagen unwissenschaftlich ist.


    Setz ich grad völlig anders an, als das Zitat ansetzt?

    Zu dem ersten Zitat von Varela das Stück worauf ich mich beziehe:


    "Diese subtilen Bewusstseinsebenen sind per Definition prä-individuell - sie sind nicht personenbezogen. In westlichen Augen erscheinen sie deshalb als eine Form von Dualismus und werden vorschnell abgelehnt. "


    Das verstehe ich eben so, dass es sich auf Leerheit bezieht. Dass man zunächst die nicht-Existenz eines inhärent existierenden Selbst und der Objekte verstehen muss, wenn man die tibetischen Bardo-Belehrungen versucht zu verstehen. Die Bardo Belehrungen sind nicht wirklich zu verstehen, wenn man selbst im konzeptuellen Denken ist, das heißt sich als ein denkendes Subjekt erlebt.

    Denn dann glaubt man es permanent mit der Behauptung zu tun zu haben, dass äußerliche, an-sich-existierende Wesen dem Menschen nach dem Tod erscheinen usw. Es wird dann eben alles total naiv verstanden in dem Sinne, dass man Yidams sehen würde so wie Christen sich vorstellen, dass der Erzengel Michael einem an der Himmelspforte guten Tag sagen würde usw...

    Bei Dzogchen-Ponlop Rinpoche enthalten die Bardo-Belehrungen permanent Erläuterungen zur Ebene des nicht-dualen Bewusstseins. Ich denke mal, dass stammt so von Padmasambhava, aber ich weiß es nicht da ich das originale Totenbuch nicht gelesen habe.

    Jedenfalls: Die Basis ist das Verstehen von Shunyata und das könnte für Praktizierende anderer buddhistischer Schulen ein Ansatz sein, sich den Bardo-Belehrungen anzunähern. Oder auch für Wissenschaftler.


    Naiv ist, zu denken, dass der Baum auf den ich schaue, dort wirklich vorhanden ist. Aufgrund der Tatsache, dass im tibetischen Buddhismus, das Instrument des Erkennens, der Geist, zunächst untersucht wird, bevor "Erkennen" angewendet wird, kann kein Inhalt des tibetischen Buddhismus als "naiv" bezeichnet werden im Unterschied zur "nicht-naiven" Wissenschaft.