Beiträge von Karnataka im Thema „Mara, bzw. "das Böse"“

    Hallo Son, ich seh das so:


    Nicht alles, was man in der Kindheit in problematischer Hinsicht erfährt, scheint mir reparabel. Nach meiner laienhaften Sicht kann eine Neigung zu bestimmten Affekten Folge sein, wenn diese in der Kindheit leider besonders „gefördert“ wurden. Wenn es also viel Grund beispielsweise zu Furcht oder Verlassenheitsgefühlen oder Ekel oder Wut etc. gab, dann kann über die Gehirnentwicklung eine Disposition oder Neigung für ein solches Erleben auch beim Erwachsenen verstärkt entstehen, weil gerade diese „Schaltkreise“ damals besonders befahren wurden.


    Was aber sicher unserem Einfluss unterliegt, sind die kognitiven Interpretationen, die wir später mit typischen Affekten, die unschwer entstehen, verknüpfen, wodurch dann komplexere Gefühle entstehen.


    Der zweite Bereich, den ich anmerken möchte, betrifft die Gruppendynamik, der wir als Rudeltier doch immer ausgesetzt sind. Fühlt man sich von prägenden Teilen einer Gruppe abgelehnt, ist es nur „menschlich“, ebenso kritisch zu reagieren und Charakter und Leistungen übertrieben kritisch zu beurteilen.


    Allein die so unterschiedlichen Bewertungen der Mitmenschen, die man selbst trifft, sind schon ein Hinweis darauf, dass es falsch wäre, Menschen pauschal als unethisch, prinzipiell schlecht zu klassifizieren. Dies ist sicher keine vorteilhafte Einstellung und wäre eine objektiv unrealistische Einschätzung.


    Als böse im eigentlichen Sinn sehe ich eine Gruppendynamik, die mit Hass zu tun hat. Das ist ein Thema, wozu der DL viel geschrieben hat.

    Was für mich ein wichtiger Aspekt ist, ist die Unterscheidung zwischen einer Person und dem, was die Person tut. Ich betrachte keinen Menschen als "böse", aber Menschen tun böses, und damit muss man umgehen. Für mich ist die buddhistische Umgangsweise, so schwer sie auch zu halten ist, dass man das Verhalten sanktioniert, aber dem Menschen deswegen nicht böse ist und man schon gar nicht Hass o.ä. empfinden sollte. Also: handeln, aber ohne Hass oder Zorn, vllt schafft man sogar, es mit Mitgefühl zu tun. Das ist eine Übung, an der man sich täglich messen kann.


    Ich habe das mal beim Dalai Lama gelesen, leider weiss ich nicht mehr wo, als er gefragt wurde, worauf die "zornvollen Gottheiten" den zornig seien, da Zorn ja als Störgefühl gelte. Er sagte sinngemäß, dass der Zorn sich als zerstörerische Energie auf das Verhalten richte, aber niemals auf den Menschen selbst. Es gebiete das Mitgefühl dem Schützer, dem Menschen zu helfen, sein zerstörerisches Verhalten aufzugeben. Da er sich ja auch selbst damit schadet. Das war für mich einleuchtend und etwas, an dem ich immer versuche, mich zu orientieren.

    Ich beziehe mich auf einen Dialog mit Howard C. Cutler. Folgende Gründe nennt der DL dafür, den Begriff des Bösen nicht zu verwenden:


    • Gefahr der Manipulation: Politische oder religiöse Führungspersönlichkeiten können mittels Schwarzweißmalerei Menschen aufwiegeln, sodass es zur Dämonisierung einer Person oder Gruppe und schlussendlich zu deren Entmenschlichung kommt.
    • Sehen wir die Natur eines Menschen als dauerhaft und unabänderlich böse an, so scheint dessen Beseitigung die einzige Lösung. Doch gibt es Gründe und Bedingungen, die dazu führen, dass sich ein Mensch destruktiv verhält. Daher kann destruktives Verhalten vorübergehender Natur sein. Das eröffnet die Möglichkeit für Veränderungen.
    • Das Etikett hindert uns daran, die wirklichen Wurzeln und Ursachen eines Verhaltens ausfindig zu machen. Das kann dazu führen, dass man das eigentliche Problem absichtlich anzugehen vermeidet.

    Ich hab über das Böse viel nachgedacht. Zu Beginn muss man aber sicher schreiben, dass das Böse ein gefährlicher Begriff ist, der zum Missbrauch einlädt. Der DL hat die Gründe gut dargestellt.


    Die Frage bleibt dennoch, ob sich das Böse auf innere Eigenschaften, Persönlichkeitsstrukturen anwenden lässt. Wenn man die buddhistische Trias Gier, Hass, Verblendung benutzen möchte, dann kann man die Verblendung gut mit dem Narzissmus in Verbindung setzen, scheint mir. Der bekannte Psychoanalytiker Kernberg hat dazu eine fortschreitende Kette vom harmlosen Narzissten bis zum bösartigen Narzissten gezeichnet und im Detail in Hinsicht auf forensische Psychiatrie beschrieben.


    Das bedeutet überhaupt nicht, dass alles Destruktive in der Welt auf den Narzissmus zurückzuführen wäre! Beispielsweise zeigten schon in den 60ern Tests, wie manipulierbar Menschen sind, andere zu quälen. Dies wurde im Zuge des Eichmann Prozesses zum Ziel psychologischer Forschung.