Es heißt ja, wenn man den Weg des Zen geht, ist das einzige was man findet seine eigene Menschlichkeit.
Was bedeutet es für euch in diesem Sinne Mensch zu sein?
Bedeutet es die Chance zu bekommen, nicht mehr den "Spinnereien des Egos" zu unterliegen"? Oder bedeutet vielmehr diese Spinnereien als Teil seiner Menschlichkeit zu akzeptieren?
Bedeutet "richtig Mensch sein" auch von Natur aus Mitgefühl für jedes Wesen entwicklen zu können?
Und was bedeutet "Menschlichkeit" dann im Alltag?
Habt ihr Ideen, was man noch darunter verstehen - und noch wichtiger- in seinem Leben auch leben kann?
Viele liebe Grüße,
Sturm
Alles anzeigen
"Menschlichkeit" ist kein so buddhitischer Ausdruck sondern eine Lehnübersetzung des lateinischen Begriffs Humanitas.
Dieser Begriff bedeutet für die alten Römer, nicht einfach so der Gattung Homo Sapiens anzugehören, sondern ein menschliches Ideal zu efüllen - also Tugenden wie Gerechtigkeit, Diziplin und Wagemut zu kultivieren. Später wurde das dann mit den gerade aktuellen Vorstellungen, wie ein Mensch ideal zu sein hätte, ersetzt.
Auch im fernen Osten gibt es eine ähnliche Idee von Menschlichkeit nämlich im Konfuzianismus im Begriff Ren( 仁) Der einzelne kultiviert sich zum vollendeten "Gentleman", der allen gegenüber seine Pflicht tut und tugendsam ist.
Wenn Meister Linchi (Rinazi) on einem "wahren Mensch ohne Rang und Namen" spricht, daa klingt es erstmal als propagiert auch er da eine Idee von "Menschlichkeit". Aber das wäre ein Missverständnis. Es ist ein Affront gegenüber der Konfuzianistischen Ideal sich zum idealen Menschen zu kultivieren. Der wahre Mensch ist eher ein "roher" als ein fein kultivierter:
In diesem Körper, dieser Masse rötlichen Fleisches, existiert etwas, der wahre Mensch ohne Rang und Namen, das wahre Ich mit absoluter Freiheit, das nirgendwo haftet. Wer das noch nicht bemerkt hat, mache die Augen auf!
Wenn du das Heilige liebst und das Gewöhnliche verachtest, dümpelst du immer noch auf dem Meer der Verblendung.
Der wahrhaft religiöse Mensch hat nichts anderes zu tun, als mit seinem Leben weiterzumachen wie es sich in den wechselnden Umständen des weltlichen Daseins gerade bietet.
Jedem ersthaften Konfuzianer sträuben sich da die Nackenhaare: Für ihn das Ideal je der Edle (Gentleman), derjenige der sich in jeder Situation unter Kontrolle hat und sich von einem "bloss Mensch" zu einem kultivierten Edlen gemässigt und geschliffen hat. Mit seinem Leben je nach Umständen weiterzumachen klingt demgegenüber wie die Aufforderung zum unkultivierten Durchwursteln.
Und das war ja kein kleiner Konflikt sondern es herrschte gerade Krieg: Zu Rinzais Zeit gab es eine extreme Buddhistenvefolgung bei der über zweitausend Klöster zerstört und hundertausende Ordinierte in den Laienstand zurückversetzt wurde und von der sich viele buddhitische Sekten nicht erholten. Das Ganze wurde konfuzinaistisch begründet: Ordinierte galten als Faulenzer die auf Kosten anderen leben und die moralische Ordnung untergruben:
Buddhist monasteries daily grew higher. Men’s strength was used up in work with plaster and wood. Men’s gain was taken up in ornaments of gold and precious stones. Imperial and family relationships were forsaken for obedience to the fees of the priests. The marital relationship was opposed by the ascetic restraints. Destructive of law, injurious to mankind, nothing is worse than this way. Moreover, if one man does not plough, others feel hunger, if one woman does not tend the silk worms, others go cold. Now in the Empire there are monks and nuns innumerable. All depend on others to plough that they may eat, on others to raise silk that they may be clad. Monasteries and Refuges (Homes of ascetics, in Sanskrit) are beyond compute.
Statt für die Einhaltung der konfuzinaistischen Ordnung zu sorgen und brav Steuern zu zahlen, sich moralisch zu kultivieren und nach Ämtern zu streben, ermutigen die Buddhisten - so die Denkweise zum Rumgammeln. Rinzais Idee des "Wahren Menschen ohne Rang und Namen" ist also keine Verkündigung des Humanismus sondern kam bei den Konfizianisten seiner Zeit - die ein Kloster nach dem anderen zerstörten liesen - als Absage an ihr Ideal der Menschlichkeit an.
( Wobei man sagen musste das die Zenmönche im Gegensatz zu fast allen anderen buddhistischen Gruppen ihrer Zeit - hart arbeiteten)