Beiträge von void im Thema „Wiedergeburt im Vajrayana“

    Xa Loi:

    Guten Abend,

    als außenstehender hätte ich ne Frage zum Vajrayana:

    So wie ich das verstanden habe, ist die Vorstellung der Wiedergeburt im tibetischen Buddhismus anders als im restlichen Buddhismus. Hier wird ja in etwa das Existieren eines anfangs- und endlosen Bewusstseins gelehrt (korrigiert mich wenn ich falsch liege).

    Es ist komplizierter: Im Buddhismus wird unter Bewußtsein im Allgemeinen "viññāna" verstanden - also das menschliche Bewusstsein. Dieses ist bedingt, kann also schlecht "anfang und endlos" sein. Wie Gedanken und Gefühl ist es zutiefst vergänglich. Man kann es - wie von ThoH beschrieben - als einen Bewußtseinstrom sehen.


    Ich glaube, dass die Idee eines "anfangs- und endlosen Bewusstseins" von wo anders stammt. Nämlich aus der buddhitischen Philosophie und hier im speziellen aus der Yogacara (Vijñānavāda) Schule. Der Hintergrund ist der, dass man sich fragt, warum - wenn alles leer von inhärenter Existenz ist - überhaupt etwas ist. Warum entstehen Phänomene? Warum entstehen Gefühle? Warum enstehen Wolken und Tiere? Und von dieser philosophischen Warte aus, kamen bestimmte Richtungen zu der Idee, dass es in der Welt auch nicht viel anderes ist als im Kopf. Auch die Welt ist in gewisser Weise "wie eine Traum". So wie im Kopf Gefühle und Gedanken entstehen und vergehen, entstehen in der Welt Phänomene. Den stärksten Niederschlag fand diese Vorstellung das der Grund der Wirklichkeit dem Bewusstsein ähndelt in der Yogacara Schule:


    Zitat

    Die Welt ist nichts mehr als eine mentale Konstruktion, somit nur Traum, nicht seiend. Nichtseiend ist aber auch der Träumer (Ich), denn ist die Welt nur Traum, dann ist auch der Träumer (Ich) nur geträumt.


    Die Yogacara Schule selbst wurden von vielen als "zu extrem" abgelehnt. Trotzdem hatte sie sowohl in Tibet als auch in Japan großen Einfluß


    Wenn ich sage: "Die Welt ist flüchtig wie eine Traum, ständig entstehen bedingt von diesem Dinge und vergehen wieder wenn diese Bedingungen verschwinden", dann würden ja nahezu alle Buddhisten zustimmen. Weil beim Menschen das "Träumen" vor dem Hintergrund eines Bewusstseins stattfindet, kann man dann den Hintergrund vor dem sich die Welt ereignet mit "Leerheit" assoziieren und dem Bewusstsein parallel setzten: So wie das Bewusstsein der Raum meiner Wahrnehmung ist, ereignet sich das was sich in der Welt ereignet vor dem Hintergrund von "Leerheit". Die damit strukturell "irgendwie ähnlich wie Bewusstsein" ist. Aber wie erst soll man die Ähnlichkeit nehmen? Ist so eine Parallelsetzung nur ästhetisch und poetisch befriedigend, oder ist sie legitim? ist es nicht vielleicht so, als wenn eine Kultur den Regen wegen einer ähnlichen Struktur "Weinen des Himmels" nennt?


    Eine Gefahr der Metapher liegt darin, dass man der Welt ein menschliches Bewusstsein (viññāna) unterstellt. Und zweitens kann man dazu kommen, viññāna statt als bedingt zu sehen und es zu etwas Ewigem machen.