Es überrascht mich schon, so etwas von dir zu hören. Ich mein, klar leben wir in einer Gesellschaft, die von ungesundem Leistungs- und Performancedruck geprägt ist. Aber du wirst doch nicht behaupten, dass die unnatürlich hohe Geschwindigkeit von Kraftfahrzeugen das verursacht hat?
Behaupte ich. Die Steigerung der Geschwindigkeit bewirkt eine Rückkoppelung. Zum einen wissen wir, dass sich auf der physiologischen Ebene die Wahrnehmungen verändern. Auch wir merken das. Die Kameraführung hat sich seit der Jahrtausendwende verschnellert, weshalb viele ältere Menschen Probleme beim Betrachten von Filmen bekommen.
Je schneller alles geht, alle Prozesse, die Fortbewegung, desto mehr wird nach noch höherer Geschwindigkeit verlangt. Das wird schon lange nicht mehr hinterfragt, die Opfer, die das fordert, werden übersehen, obwohl jeder von uns zum Opfer geworden ist. Wenn früher ein Brief ein paar Tage dauerte, soll er heute in Echtzeit kommen und wir drehen durch, wenn was verzögert. Wenn der Zug von München nach Berlin eine halbe Stunde Verspätung hat, dann geht für einige Leute die Welt unter. Und wenn es heute vier Stunden dauert und morgen zwei, dann wird gezetert, weil es zwei Stunden und fünf Minuten gedauert hat.
Das ist alles ein Ding, geht Hand in Hand: Geschwindigkeit in der Fortbewegung und Geschwindigkeit des Lebens. Das eine ist nur möglich wegen des anderen.
Wenn das nicht Wahnsinn ist.