Beiträge von Bebop im Thema „Welchen Ruf genießt Thich Nhat Hanh unter Buddhisten?“

    Leonie: Danke für die Korrektur zu Nakagawa, ich dachte zwar an den richtigen, verwechselte aber die Namen.


    Pano: Ich stimme Sudhana zu, rund um TNH entstand "Etikettenschwindel". Die Frage, wie man eine solche Organisation am Laufen halten soll, stellt sich dann nicht, wenn man nicht geil darauf ist, eine eigene Sekte zu bilden. TNH hätte sich und eine Menge Leute allein mit seinen Bucheinnahmen durchfüttern können, im Theravada gibt es eine Tradition, in Hütten zu leben, dazu muss man nicht zig Immobilien und Ländereien erwerben. Hier ist also zunächst ein Profil von TNH zu erstellen, was könnte der für ein Mensch gewesen sein, welche Ambitionen hatte er, wieso musste er einen Haufen Anhänger um sich scharren? Und da ist eine Menge Ehrgeiz und Ego erkennbar, und ich sehe in dieser Hinsicht keine großen Berührungspunkte mit dem, wie ein buddhistischer Weg aussehen sollte ("kleine Brötchen backen").


    Seine frühe Auffälligkeit in militanten Mönchskreisen legt eine geistige Nähe zu den Kommunisten nahe, was erklären könnte, dass er in Vietnam selbst in Regierungskreisen noch eine gewisse Akzeptanz genoss, auch wenn man seine zunehmend kapitalischen Alleingänge wahrscheinlich weniger guthieß. Genau das müsste mal aufwändig recherchiert werden, dazu müsste ein Insider auspacken und Dokumente herbeibringen (wie etwa auch eine Geburtsurkunde des angeblichen Kindes). Für mich ist auch das Verhalten der Sangha-Leitung stimmig, etwa Ignorieren von Vorwürfen und Schönfärberei von Biografien, wie das von Kadern gelehrt wird und z.B. in China ebenfalls beobachtet werden kann. Das sind natürlich nur Indizien, die mal jemand erhärten sollte, und ich habe mir da auch mehr aus der vietnamesichen Community erwartet. Allerdings, wenn dort tatsächlich eine beträchtliche Zahl glaubt, die vietn. Äbte im Ausland seien überwiegend von der KP in Vietnam gesteuert, dann muss man erheblich Ängste unter den Exilanten befürchten, die mir gegenüber auch formuliert wurden (siehe: Entführung (!) durch vietn. Agenten ).


    Zu anderen Kritikpunkten: Dubiose Besitzverhältnisse haben nichts mit der Verwestlichung der Lehre zu tun, es ist auch nichts gegen eine verständliche Lehre zu sagen. Die Frage ist, was gelehrt wird. In einer Diskussion ist man regelmäßig dualistisch, es geht um Pro und Contra, aber wenn ich Menschen ernsthaft vom Fernsehen abrate oder den Verzicht predige und dann dauernd um die Welt jette, mache ich einen Dualismus in der Lehre auf, was etwas anderes ist. Ich erinnere mich an einen Besuch von TNH in China, den ein dortiger Mönch kommentierte: "Das ist kein Chan (Zen)." Aber Zen war in den 60ern viel angesagter als Theravada, wo sich TNH m.E. hätte einordnen sollen. Gerade wegen seiner Theravada-Lastigkeit ist er ja in Thailand beliebt. Abgesehen davon gibt es akademische Meinungen, dass Thien als Zen-Spielart vor hunderten Jahren in Vietnam ausgestorben ist, dass also niemand mehr wirklich eine ungebrochene Verbindung dazu behaupten kann, was die vielen Mischformen auch nahe legen.

    Ich möchte versuchen, zusammenfassen, was auf dem Asso-Blog behauptet wird, und dabei auch einiges "korrigieren", was hier dazu gesagt wurde. M.E. gibt es freilich in dieser umfassenden Form niemanden sonst, der TNH derart vernichtend kritisiert. Es gibt sogar Zen-Lehrer wie Soen Nakagawa, die ihn ausdrücklich empfahlen.


    1) Es wird (u.a. auch von Buddhologen wie Charles Prebish) die Authorisierung von TNH als Thien-Meister angezweifelt (diese gibt es auch im vietnamesichen Buddhismus, ich habe selbst in den 90ern Thien-Klöster aufgesucht). TNH hat das mit maschinengeschriebenen Gatha zu beweisen gesucht.


    2) Es wird aufgezeigt, dass TNH während des Vietnamkriegs eine gewalt-bejahende Phase hatte. Zum einen hatte der CIA ihn als Einflüsterer eines militant Widerstand leistenden vietn. Mönchs beschrieben. Zum anderen gab es aus seiner Sangha eine Nonne, die sich selbst verbrannte, was offensichtlich als Protestform für TNH okay war. Aus den unter 4) genannten Kreisen war jedoch zu vernehmen, dass zumindest einige der sich angeblich selbst verbrennenden Ordinierten tatsächlich unter Drogen gesetzt worden und Opfer kommunistischer Propaganda und des Geheimdienstes waren.


    3) Der (verstorbene) Millionenspender, der zeitnah von TNH den Titel acarya verliehen bekam, war deutschsprachig (Genpo Döring und andere aus der DBU kennen den Fall), ich habe den Namen vergessen, dies wurde damals auf der Zenforum-Mailingliste verhandelt und ein TNH-Anhänger reagierte ziemlich angepisst.


    4) Aus der vietnamesichen Gemeinde gibt es schwerwiegende Vorwürfe, die ein Rechercheprojekt in Vietnam erhärten sollte, dass die Robert Bosch Stiftung leider nicht unterstützte, u.a.: a) die Verwicklung von Mönchen in das Massaker von Hue (aufgebracht vom dortigen ehemaligen Polizeichef in einem in den USA auf Vietnamesich veröffentlichten Buch); b) TNH sollte mit Chan Khong, seiner Gefährtin, ein Kind in Vietnam haben (das ist zwar an sich alles andere als verwerflich, aber die Heuchelei wäre es).


    5) TNH hat, wie erst kürzlich ein Zeuge berichtete, Anhängern erst nach jahrelanger Teilnahme an seinen Retreats und Leben in der Gemeinschaft die Ordination bewilligt, selbst die von Laien war mit derartigen Hürden versehen; dies ist nur ein Beispiel - neben seiner Umformulierung von Regeln -, dass er sein eigenes Ding machte, seine eigene "Sekte". Auch seine Ordination von Chan Khong war nicht regelkonform, da es einen Orden gab, der die Bedingungen dafür erfüllte (etwa auf Taiwan).


    6) TNH hat dualistisch gelehrt (Paradebeispiel ist seine Warnung vor dem Fernsehen, sein Unverständnis gegenüber der Rolle von Soldaten usw.), ohne darüber entsprechend zu reflektieren, In seinen Büchern hat er oft nur sich selbst zitiert (ähnlich auch die von seinen Anhängern wild verteidigten Wikipedia-Einträge, deren Quellen sich meist auf die immer gleichen Legenden zurückführen lassen).


    7) TNH ging nicht nach Vietnam, sondern wurde gegangen. Sein Zustand nach dem Hirnschlag war: geistig erledigt. Alles andere war Propaganda von Plumvillage, und genau daran konnte man das Verkleistern und Verschönern dieser Gemeinschaft erkennen.


    8) Buchproduktion und Immobilienerwerb der Gemeinschaft haben für Millionenumsätze gesorgt; dennoch sind die Ländereien nicht unbedingt im Besitz der Gemeinschaft, sondern teils auch im Besitz Einzelner (vorwiegend - oder gar ausschließlich (?) - von Vietnamesen).


    9) TNH zeigte ein etwas wahnhaft verzerrtes Selbstbild, als er etwa George Bush mit einem Brief zu erreichen suchte. Er predigte zwar den umweltbewussten Verzicht, jettete aber permanent durch die Welt und hatte selbst einen üblen CO2-Abdruck.


    10) Es gibt konkurrierende Thien-Schulen in Vietnam, es wird auch noch Koanschulung etc. praktiziert, hier im Buddhaland war mal jemand, der für diese andere wohl zumindest in Berlin aktive Richtung warb ("Bambusschule").


    Im Einzelnen wurden dann Textpassagen und auch Mimik von TNH und sogar Chan Khong bewertet, um aufzuzeigen, dass beide seichten Buddhismus lehren, unpassende Metaphern wählen oder sogar im Einzelfall "lügen". Auch ein frühes Buch von TNH zu einem Begründer des vietn. Buddhismus wurde genauer beleuchtet.


    M.E. handelt es sich um einen Glücksritter, der im Zuge der Proteste gegen den Vietnamkrieg, durch die Fürsprache von M. Luther King u.a. und das aufflammende Interesse an Zen ein Standing gewann, das er dann geschickt zu nutzen wusste. Nach Meinung von unter 4) genannten Vietnamesen war TNH selbst von kommunistischen Kadern geschult und in dieser Zeit der verlängerte Arm kommunistischer Interessen in Vietnam. Meines Erachtens ist der Wissensstand, den seine Bücher reflektieren (ich kenne einige, und in Thailand z.B. belegt er den größten Teil der buddhistischen Regale in Buchhandlungen, wo man auch immer mal wieder auf seine Ordinierten mit den Mützen trifft), von einem gewöhnlich ausgebildeten Mönch reproduzierbar und keine darüber hinaus gehende tiefere Erkenntnis oder "Erleuchtung" erkennbar.