Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Angst nach Meditation? Meditiere ich richtig?“

    Zitat

    Es stimmt, dass ich bisher vor allem meditiert habe gegen die Angst, was vermutlich die falsche Intention ist.


    Ich hatte selbst während des Studiums einige Jahre mit einer generalisierten Angststörung zu tun. Meditation und Yoga haben ergänzend zu einer Verhaltentsherapie dabei sehr gut geholfen, so dass ich heute komplett symptomfrei bin. Auch die Meditation von liebender Güte kann bei psychischen Problemen nachgewiesenermaßen helfen.


    Eine halbe Stunde Meditation pro Tag halte ich persönlich ohnehin für nicht sonderlich bedenklich, vor allem, wenn Du auf Dich aufpasst, und bei Angst oder Derealisationserlebnissen die Meditation abbrichst. Bei dem Link zur Hyperventilation, den ich Dir geschickt hatte, befindet sich ganz unten eine ganz gute Beschreibung für einfache Atemübungen bei Angstgefühlen.


    Sprich doch am besten mit einem Psychologen oder einer Psychologin im Rahmen eines Beratungsgespräches, ob in Deinem Fall, mit Deiner Vorgeschichte überhaupt ein Risiko besteht, oder ob und in welchem Umfang Meditation nicht im Gegenteil sogar helfen kann. Dann bist Du auf der sicheren Seite und musst nicht erst ewig auf einen Therapieplatz warten.


    Meditieren kann man meiner Erfahrung nach über lange Strecken auch ohne Meister oder Meisterin. Ich halte bei psychischen Schwierigkeiten einen gut ausgebildeten Psychologen oder eine Psychologin ohnehin für geeigneter, einem zu helfen, als ein spirituellen Lehrer. Bei spirituellen Fragen sieht das vielleicht anders aus. Aber auch dabei ist es von Bedeutung, an wen man gerät. Hier ist sicher nicht alles Gold was glänzt oder exotische Namen trägt. Der Esomarkt ist voll von merkwürdigen und zwielichtigen Gestalten... Da ist Vorsicht geboten. Selbst bei den traditionellen buddhistischen Linien gibt es Leute, die man besser nicht auf die Menschheit loslassen sollte. Nach den Aussagen des Buddha ist es zudem nicht falsch und zuweilen sogar besser, sich selbst Lehrer zu sein oder zu werden.


    Nebenbei: Wenn Dich jemand unter Druck setzen möchte, indem er Dir nahelegt, zwischen Christentum oder Buddhismus entscheiden zu müssen, kann er oder sie ohnehin als Lehrer nicht viel taugen. Soetwas muss von alleine kommen, und meiner Erfahrung nach ist es oft auch gar nicht nowendig (Siehe z.B. Paul Tillich oder Enomiya Lassalle).


    Viele Grüße


    Thorsten

    Hallo Tranfunzel.


    Diese "außerkörperliche Erfahrung" klingt ein wenig nach dem Ergebnis einer leichten Hyperventilation. Möglicherweise atmest Du durch die Konzentration auf den Atem deutlich tiefer und mehr als notwendig ist? Das kann zu solchen Zuständen und auch zu Angst führen, oder zu dem Gefühl, neben sich oder über sich zu stehen, so als wäre der Körper taub (weg) und der Geist vom Körper getrennt. Üblicherweise brauchst Du in der Meditation nur sehr wenig zu atmen, da Du Dich ja kaum oder nicht bewegst. Bei mir beispielsweise reichen 4 - 5 Atemzüge pro Minute. Generell wird empfohlen sich zwar auf den Atem zu konzentrieren, aber nicht, den Atem zu kontrollieren. Lass den Atem seinen eigenen Rhythmus finden, dem Du dann zuschauen kannst, wie man vielleicht der Brandung der Wellen am Meer zuschauen würde oder vorbeiziehenden Wolken.


    Bei der Einatmung wölbt sich die Bauchdecke nach außen, bei der Ausatmung geht die Bauchdecke wieder nach innen. Nicht umgekehrt. Atmung über das Heben und Senken des Brustkorbes sollte man generell bei der Meditation vermeiden, es sei denn, man macht bestimmte Pranayama-Übungen.


    Sind viele Gedanken und große Unruhe im Kopf, hilft es, sich auf das Heben und Senken der Bauchdecke zu konzentrieren. Bei Müdigkeit oder Stumpfheit ist die Konzentration auf das Gefühl des ein- und ausströmenden Atems an den Nasenlöchern hilfreich, das macht wacher und hilft bei der Konzentration. Jede Ausatmung lädt dazu ein, den ganzen Körper und den ganzen Geist bewusst zu entspannen. Nach der Ausatmung kann auch mal eine Pause eintreten von ein paar Sekunden, bevor der nächste Atemzug ganz von selbst beginnt.


    Angst ist immer ein Warnzeichen, das man ernst nehmen sollte, gerade wenn Du schon eine drogeninduzierte psychotische Episode hattest. Es ist vielleicht wie mit den Schmerzen bei Dehnübungen: Ein wenig Schmerz ist durchaus in Ordnung, es sollte sich in jedem Fall aber noch "heilsam", gesund anfühlen. Die meisten Menschen spüren recht genau, bis zu welchem Punkt Schmerz sich noch gesund anfühlt und ab wann der Körper Schaden davonträgt. Mit der Angst ist es ähnlich. Meditation kann auch verdrängte Dinge, vergessene Erinnerungen wieder an die Oberfläche bringen, und das kann einen dann durchaus mal sehr überfordern. Es ist sehr wichtig, auf sich acht zu geben!


    Es gibt viele Ratgeber zum Thema Meditation. Das für mich und einige meiner Freunde hilfreichste Buch war "Die Achtsamkeitsrevolution" von Alan Wallace.


    Liebe Grüße


    Thorsten