Beiträge von Sudhana im Thema „Der Bodhisattva des großen Mitgefühls und des Helfens“

    Geschätzter sati-zen - falls Deine Äußerung (auch) auf mich Bezug nahm, haben wir wohl aneinander vorbei geschrieben. Ich kann Dir durchaus zustimmen, möchte jedoch in Erinnerung bringen, dass ich von Uneigennützigkeit geschrieben hatte. Das ist genau der Punkt, wo eine Grenzscheide zwischen Helfern und "Helfern" liegt. Die zweite, mit Anführungszeichen markierte Gruppe ist die, an die Deine - berechtigte - Kritik sich richtet. Um Leute, die Hilfe zwar als Selbsthilfe verstehen, aber dabei aufgrund ihres Selbst-Begriffs (dieser und das damit erfahrene Ich mag nun defizitär oder hypertroph sein) keine Balance halten. Dann wird's - in beiden Richtungen - pathologisch (d.h. leiderzeugend). Und in solchem Kontext mag man auch bestimmte Symptome als 'Helfersyndrom' diagnostizieren, um eine geeignete Therapie vorschlagen zu können. Okay, aber ich will da diese Namenswahl bemängeln insofern diese Bezeichnung dem eigentlichen, altruistischen Begriffsinhalt von 'Helfer' nicht wirklich gerecht wird. Gibt da auch im 10. Kapitel des Lukasevangeliums eine nette Parallelstelle dazu. Aber ich räume ein, dass das (und anderes) Geschmackssache ist.


    Kannon (um die es in diesem Thread ja geht) siehst Du dort:

    Zitat

    So viel Wesen es in dieser Welt des Daseins gibt, zusammengefasst unter dem Begriff der Wesen - sie seien aus einem Ei geboren oder aus dem Mutterleib, aus Feuchtigkeit entstanden oder durch Verwandlung - geformt oder ohne Form, denkend oder nicht denkend, oder weder denkend noch nicht-denkend; soweit Welten von Dasein bekannt sind, alle diese müssen von mir in der vollkommenen Welt der Auslöschung erlöst werden. Und dennoch, wenn so unermesslich viele Wesen erlöst wurden, wurde doch kein einziges Wesen erlöst. Und warum? Wenn, o Subhuti, ein Bodhisattva dem Gedanken eines Wesens anhinge, könnte er nicht Bodhisattva genannt werden. Und warum? Weil, o Subhuti, niemand ein Bodhisattva genannt werden sollte, für den der Gedanke eines Wesens, der Gedanke des Lebens oder der Gedanke einer Person existiert.

    (Vajracchedikāprajñāpāramitāsūtra)



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    Ist schon erstaunlich, wie "Helfer" oder "Gutmenschen" zu alles andere als schmeichelhaften Bezeichnungen verkommen sind. Wobei die, die gerne abwertend von "Helfersyndrom" und/oder "Gutmenschentum" schwadronieren, das durchaus ernst meinen, dass so Leute einen kräftigen Hau weghaben. Leute, die uneigennützig etwas für Andere tun - wie krank ist das denn? Das passt in die neoliberalen Frischauf-jeder-seines-Glückes-Schmied-Zeiten (was auf 'Jeder für sich und Gott gegen Alle' hinausläuft) nun wirklich nicht mehr.


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    Für mich war aber schon klar, dass es da nicht nur ums Bodhisattva-Ideal geht, sondern dass die Beschreibung mit dem Griff nach dem Kissen eigentlich auch allgemein für absichtsloses Handeln verwendet werden kann.

    Klar. Kann. Die Frage ist: wird es? Zunächst - der Verweis auf die Kōan-Sammlungen ist natürlich richtig. Wobei es, wie kürzlich schon gesagt wurde, unterschiedliche Wege gibt, mit Kōan umzugehen. Der Text, auf den in Deinen Links verwiesen wird, ist ein Beispiel für solchen Umgang. Wobei es empfehlenswert ist, den Text selbst zu studieren. Das bewahrt zumindest davor, den Missverständnissen Anderer statt den eigenen zu folgen, wenn es schon kein Verständnis befördert ...

    Zitat

    Der Unterschied zwischen der Kannon, von der Ungan sprach und der Kannon, von der andere Buddhas sprachen, ist wie der Unterschied zwischen fähig sein, es in Worte zu fassen und nicht fähig sein, es in Worte zu fassen.

    [...]

    Um das zugrunde liegende Prinzip auszudrücken, nennt Dōgo als Beispiel jemanden, der in der Mitte der Nacht hinter sich nach einem Kissen tastet. "Tasten nach" bedeutet "suchen nach". "In der Nacht" ist eine Art zu sagen "im Dunkel sein", gerade so wie wir davon sprechen könnten "einen Berg im Tageslicht zu sehen". Das heisst, "seine Hände und Augen benutzen" ist wie jemand, der in der Nacht hinter sich greift, seine Hand nach einem Kissen tastend. Wir müssen "seine Hände und Augen benutzen" auf dieser Basis untersuchen. Und wir müssen "in der Nacht" aus der Perspektive von "im Licht des Tages" untersuchen, ebenso wie aus der Perspektive der Nachtzeit und wie müssen es untersuchen aus der Perspektive einer Zeit, die weder Tag noch Nacht ist. Wenn Leute nach einem Kissen tasten, obwohl sie es nicht als etwas, das Kannons Gebrauch seiner Hände und Augen gleicht, verstehen, können wir dem Prinzip nicht entkommen, das genau so ist.

    Ehei Dōgen, Shōbōgenzō Kannon

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