Beiträge von Amdap im Thema „Erfahrung über den Tod“

    Können wir uns denn nicht damit abfinden, dass es prägungs- und kulturbedingt ist, wie man das Sterben erlebt?

    Ich habe vor zwei Wochen auf YouTube ein Video gefunden (Interview mit einem Psychiater), dass die Sterbeerfahrung ganz wesentlich von der Kultur abhängt, in der man aufgewachsen ist. Die Erfahrung eines langen Tunnels, durch den man geht, an dessen Ende sich ein großes Licht befindet, ist nach seiner Aussage typisch westlich! und das finde ich bemerkenswert, denn dieser Tunnel ist oft von Esoterikern als Sushumna interpretiert worden, dieses wahrscheinlich ganz zu Unrecht, denn im Ursprungsland Indien, wo die Sushumna Bestandteil yogischer Praktiken ist, die ja immer auf die Einübung des Sterbeprozesses abzielen, haben bewusst Sterbende andere Erlebnisse.

    Leider kann ich das Video nicht wiederfinden, weil ich in Eile war und mir den Namen des Psychiaters nicht gemerkt habe!


    Aber es geht ja in der Frage vielmehr darum, was nach dem Tod sein wird, nicht, was während des Sterbens geschieht.

    Uns bleibt nur, unsere Sehnsüchte unseres Innenlebens zu erforschen und uns in diesen Bildern auszuruhen, die uns dabei kommen.

    Mir zum Beispiel gefällt es sehr gut, mich nach dem Tod wieder im unendlich großen Weltall aufzulösen. Dazu kommen mir herrliche Bilder vom Sternenhimmel, oder auch solche, die den Fotos des Hubble-Teleskops ähnlich sind. Das trägt bei mir zu Glücksgefühlen bei. Ich empfinde eine solche Auflösung als große Befreiung.

    Doch muss es wohl sein, dass nach einem solchen Ausruhen ein gewisses Individual-Rest-Bewusstsein für eine gewisse Zeit dann wieder einen Planeten besuchen muss. Wahrscheinlich hängt das mit der rätselhaften Vernetzung des Universums zusammen.

    Es gibt ja anscheinend genug Planeten in habitablen Zonen, wie die jüngste Forschung aufgezeigt hat.

    Hallo SGM,


    Du hast vollkommen Recht, und ich bin dergleichen Meinung (Deine Antwort Nr. 9), während Du mich gleichzeitig missverstanden hast. Das liegt vermutlich daran, dass Du einer anderen spirituellen Praxis nachgehst und bei Dir der Begriff "Sadhana" (meine Antwort Nr. 4) nicht richtig angekommen ist.

    Entschuldige bitte!


    Ein Sadhana ist im Wesentlichen ein dynamischer Visualisationsprozess, wie er traditionell vorgegeben ist. und bezieht sich in der Regel auf einen bestimmten Yidam. Ein Yidam ist eine spezifische Meditationsgottheit, die persönliche Gottheit, deren Charakter der individuellen psychologischen Veranlagung des Übenden entspricht. Jedem Yidam ist eine spezifische Keimsilbe zugeordnet (Bija-Mantra), an der man erkennen kann, von welchem Dhyani-Buddha der spezielle Yidam emaniert ist.

    Die fünf Dhyani-Buddhas sind: Vairochana (weiß), Akshobhya (blau), Ratnasambhava (gelb), Amitabha (rot) und Amoghasiddhi (dunkelgrün).

    (Gelegentlich wird Vajrasattva als sechster Dhyani-Buddha dazugezählt, das ist aber nicht wirklich korrekt, da er eine Emanation Akshobhyas ist, was man an seiner Keimsilbe HUM erkennen kann).

    Sie repräsentieren bestimmte Aspekte des erleuchteten Bewusstseins, gleichzeitig sind sie Manifestationen des einen Buddha-Prinzips.

    Es gibt sowohl Sadhanas auf diese fünf transzendenten Grund-Buddhas, als auch auf deren Emanationen, sowie deren weibliche Aspekte.

    Es kann auch sein, dass ein Sadhana im Wesentlichen lediglich das jeweilige Bija-Mantra eines solchen Dhyani-Buddhas zum Inhalt hat. Das spielt aber keine so große Rolle, da die Keimsilbe mit ihrem jeweiligen Yidam als identisch angesehen wird. Immer kommt es hierzu auf die psychologische Grundhaltung des Übenden an, und natürlich auf seine Fähigkeiten (zur Visualisation).


    Ein Sadhana im Allgemeinen nun, das hat eine bestimmte dynamische Folge: es besteht aus Aufbau, dem "Halten" der Visualisation, und, ganz wichtig (!), der korrekten Auflösung. Es symbolisiert die Entstehung, Geburt, das Leben, Sterben und den Tod. Darum ist es so wichtig, dass man in der Übung dieser Dynamik in der richtigen Reihenfolge nachgeht.

    Gleichzeitig ist es von größter Wichtigkeit, dass man eine innere Verbindung zu dieser Visualisation hat. Hat man trotz sehr guter Fähigkeit, solches zu visualisieren, keine innere Verbindung, so sieht man es innerlich nur "wie im Kino": so, wie ich es in meiner Antwort Nr. 4 nannte.


    Große Meister haben zu solchen Visualisationen in ihren Sadhanas eine innere Verbindung, und darum können sie den Sterbeprozess "in echt" nachstellen. Wenn sie hoch verwirklicht sind, können sie so auf echte Weise sterben (können aber, eben weil sie hoch verwirklicht sind, diesen Prozess auch an einem bestimmten Punkt stoppen), um zum Wohl der suchenden Wesen ihnen betreffs des Sterbeprozesses zur Seite zu stehen. Nur auf diese Weise wurde es bekannt und wurde es aufgeschrieben, wie und in welcher Reihenfolge sich der Sterbeprozess zusammensetzt.

    Wir können dem auf keine andere Weise nachgehen, als dass wir uns informieren und diese Aufzeichnungen nachlesen, denn im Normalfall begegnet man ja solchen hoch Verwirklichten gar nicht, bzw. aufgrund eigener Verschleierungen erkennt man sie nicht, falls sie einem mal gegenüberstehen.

    Darum können wir das im Bardo Thödol, der "Befreiung durch Hören im Zwischenzustand", etwas missverständlich hier im Westen auch "Tibetisches Totenbuch" genannt, nachlesen.

    Wir können hoffen, dass die dortigen Beschreibungen der stufenweisen Zustände uns die Angst vor dem Tod nehmen, und dafür sind diese Aufzeichnungen ja da. Aber eine Garantie gibt es nicht. Darüberhinaus soll es wohl auch so sein, dass die meisten Menschen den Sterbeprozess gar nicht so bewusst merken, und man kann nur hoffen, dass die zeitlebens geübten Sadhanas einem da etwas helfen, indem sie den eigenen Sterbeprozess etwas bewusster und transparenter machen. Es heißt, dass bei einem völlig Ungeübten diese Phasen blitzartig-schnell ablaufen und darum unbemerkt und nur reflexartig ablaufen.


    Da ich ja nicht weiß, welcher Praxis Du nachgehst und ich jetzt vermute, dass es keine traditionstibetische Praxis ist, habe ich das hier für Dich und für alle, die ebenso wenig versiert in solchen Methoden sind, nochmal etwas ausführlicher dargestellt.

    Gerne würde ich noch wissen, welcher Praxis Du, CLK93 als Themenersteller, nachgehst. Wenn es keine traditionstibetische Praxis ist, hoffe ich, dass ich mich für Dich nicht zu kompliziert ausgedrückt habe.


    Ich danke Euch sehr für Eure Aufmerksamkeit!


    Amdap

    In der Theorie heißt es ja, dass die klassischen Methoden der Traditionstibetischen Linien den Sterbeprozess nachahmen. Im Idealfall müsste man dann Entsprechendes erfahren - wenn man es richtig macht.


    Aber wer macht es schon richtig...?

    Nehmen wir mal an, wir können uns gut konzentrieren und schaffen es, in der Visualisation nicht zu oft abzuschweifen.

    Setzen wir das mal voraus.

    Trotzdem läuft man dann Gefahr, das Sadhana "wie im Kino" zu erleben. In diesem Fall sind künstlerisch Begabte im Vorteil, was diesen Kino-Modus betrifft. Aber das ist hier nicht gemeint.


    Also, wer macht es schon richtig...?

    Man muss sich einfach darauf verlassen, dass es offensichtlich begabte Menschen gegeben hat, oder sagen wir besser: begabte Wesen, die das Sterben im Sadhana so perfekt erleben konnten, dass sie es als authentisch erkannt haben und sich darum gedrängt fühlten, dieses zum Wohle nachfolgender Wesen aufzuschreiben.

    So ungefähr, auf diese Weise, wie sie es erlebt haben, scheint es möglich zu sein, die Sterbeerfahrung vorwegzunehmen.


    Da solche Erlebnisse extrem selten sind, muss man einfach glauben und sich darauf verlassen, dass es stimmt, was diesbezüglich aufgeschrieben wurde.

    Mehr können wir nicht tun.


    Amdap