Beiträge von void im Thema „"Ist der Guru noch zeitgemäß?"“

    Die indische ( also erstmal hinduistische) Idee eines Gurus geht über die Idee eines Lehrers hinaus. Als erster Guru eines Menschen werden die Eltern gesehen - die man als jemand sieht die einem alles gegeben haben was man ist - Leben, Körper, Erziehung. Und dafür ist man ihnen Dankbarkeit, Hingabe und Unterwerfung unter ihre Autorität schuldig.


    Auch Leute die einem etwas beibringen wird der Begriff "Guru" verwendet, aber eben eingeschränkt als "Siksha Guru". Laut Yogawiki kann man unterschiedlichste Shiksha Gurus für unterschiedliche Fähigkeiten haben.


    Aber davon abgegrenzt wird " der Guru" der eben nicht nur Lehrer ist sondern selbst auch Objekt der Hingabe und lebendige Manifestation der ganzen Übertragungslinie. Und diesem gebührt dann die gleiche Hingabe und Achtung wie den Eltern.


    Ich glaube es ist dieser "Elterngleiche Guru" der zu vielen Misverständnissen und Problemen führt. Wobei natürlich so eine tiefe Beziehung wie zu den Eltern auch ganz viel Potential zum Positiven hat.

    Bedeutet Aufklärung, dass alles auf einer rationalen Ebene zu basieren hat? Und dass deswegen alles was ambivalent ist oder nicht auf der Ebene von Worten transportiert wird, vermieden werden soll?Weil in jedem Dunkeln, dass nicht rational kontrolliert und ausgeleuchtet wird, sich potentiell schädliche Machtstrukturen etablieren? Dies wäre eine einseitige, überzogene Sicht auf Aufklärung.


    In dem Interview nennt Werner Vogd die Psychoanalyse als ein gutes Modell. Auch in der Psychoanalyse ist das Nicht-Rationale erlaubt und man begegnet sich auf einer tiefen Ebene. Der Punkt ist aber, dass der therapeutische Rahmen klar abgesteckt ist. Und sich das therapeutische Verhältnis nicht auf alle Bereiche des Lebens erstreckt. Ja - ein guter Therapeut sollte alle Versuche seines Klienten ihn zum Fetisch und zum Führer für alle Lebensbereiche zu machen, aktiv und konsequent abweisen. Von daher sollte auch ein spiritueller Lehrer klar innerhalb eines abgesteckten Definitionsbereichs wirken, statt zum Familienersatz zu werden.


    Als mein Urgrossvater mit 14 seine Lehre als Kaufmann begann, war es auch noch so, dass er in die Familie seines Lehrherrn aufgenommen wurde. Er war nicht nur Lehrjunge sondern fast so etwas wie ein Pflegekind. Dies war vor 120 Jahren so üblich. Heute muss ein Lehrherr kein Pflegevater mehr sein und von daher muss auch ein "spiritueller Lehrer" kein Elternersatz mehr sein.