Beiträge von void im Thema „Östliche Kultur und Stolz/ Gesicht verlieren“

    Das Gesicht verlieren ist nur dann möglich wenn jemand mir auf meine Hintergedanken gekommen ist.

    "Scham" geht in die Richtung wo das was die öffentliche Meinung sagt, das Ausschlaggebende ist. Im Gefühl der Scham macht man sich das Urteil der anderen über einen zu eigen. man betrachtet sich mit den Augen der anderen.


    Von daher kann man sich dann auch für Sachen schämen, die man selber überhaupt nicht verschuldet hat und die man selber überhaupt nicht schlimm findet. Das man zu klein ist, dass man schwul ist, dass man Schlager mag. In der "Scham" fällt man quasi der eigenen Position in den Rücken.


    Während das bei der Schuld nicht so ist. Schuld ist eher etwas, wo man wie bei einem Gericht auf "unschuldig" plädieren kann.

    Da Abweichungen vom gewünschten Verhalten recht stark sanktioniert werden, bleibt einem oft nicht viel anderes übrig als sich totzustellen, wenn man doch etwas falsch gemacht hat. So kam man in vielen Bereichen vom Regen in die Traufe, und die Entwicklung einer "Fehlerkultur" wird sicher wieder einige Jahre in Anspruch nehmen.

    Ich glaube, eine "Schamkultur" ist viel verbreiteter und viel ursprünglicher als eine "Schuldkultur". Auch bei Kafka - sagen wir bei Gregor Samsa, der sich eines Tages zu „zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt“ sieht, ist die beherrschende Emotion Scham. Von da aus ist es ein großer Schritt zu Schuld (etwas was beglichen werden kann) überzugehen. Oder sogar Fehler, als etwas zu sehen, zu dem man stehen kann, und was nicht nicht eigene Person in Frage stellt.

    Es gibt ja die alte Idee von dem Unterschied zwischen Scham und Schuldkultur.

    Die Begriffe Schamkultur und Schuldkultur bezeichnen einander gegenübergestellte Konzepte, die Kulturen danach unterscheiden, ob diese sich eher äußerer (Scham) oder innerer (Schuld) Instanzen für den Umgang mit Fehlverhalten zur Konfliktregulierung bedienen. Die Gegenüberstellung der Schamkultur, die vornehmlich dem Nahen und Fernen Osten zugeschrieben wird, und Schuldkultur, die Teilen der westlichen Welt zugeschrieben wird, wurde von Ruth Benedict etabliert und gilt als umstritten


    Nach der Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Claudia Benthien besteht die Unterscheidung zwischen Schuld- und Schamkulturen in der Frage, ob der Affekt durch Konfession, Buße oder auferlegte Sanktionen verarbeitet werden kann. Dies sei in Schuldkulturen möglich, in Schamkulturen jedoch nicht. Ein Gesichtsverlust sei daher im alten Japan irreversibel gewesen.


    Zitat

    Ich habe eigentlich gedacht, dass man im "Osten" erst recht kein Gesicht hat... was soll man also verlieren.

    Antlitz verstanden, sondern auch die Meinungen bzw. der Ruf, die andere über eine bestimmte Person haben, bzw. die Wertschätzung die ihr entgegengebracht wird. Auf ihr Gesicht legen Chinesen traditionell großen Wert.


    Gesicht „verliert“ etwa, wer den an ihn in seiner sozialen Rolle etwa als Vater, Angestellter, Student etc. gestellten Anforderungen nicht genügt. Besonders stark ist der Gesichtsverlust dann, wenn dieses Defizit auch durch andere etwa durch Kritik, Zurechtweisung, Bloßstellung etc. vor Dritten ausdrücklich festgestellt wird, wobei in diesen Fällen meist auch der Kritisierende Gesicht verliert. Tief sitzt bei Chinesen von Kindheit an die Angst, ausgegrenzt oder „ausgelacht“ zu werden; Oskar Weggel spricht insofern von einer chinesischen Schamkultur, die er der westlichen Schuldkultur gegenüberstellt. Letztlich führt diese Haltung zu einem erhöhten Konformitätsdruck, der wiederum das unten angesprochene „Ritualisierungsprinzip“ verstärkt. Ebenfalls zu Gesichtsverlust führen Verstöße gegen das o. g. Harmoniegebot, etwa durch das Zeigen von Ärger und Wut.


    Häufig hindert die Angst vor dem Gesichtsverlust Chinesen daran, auch nur geringe Wagnisse und Risiken einzugehen. So wird hiermit etwa die Scheu chinesischer Hotelangestellter erklärt, (ausnahmsweise) in Vertretung Aufgaben zu übernehmen, die ihnen nicht ausdrücklich zugewiesen worden sind. Auch das Ignorieren von Anfragen, die nur abschlägig beschieden werden könnten, hängt häufig mit der Gefahr des Gesichtsverlusts für beide Seiten zusammen. Eine der schlimmsten Beleidigungen im Chinesischen ist die Phrase 不要臉子 / 不要脸子 búyào liǎnzi. Was in etwa als „schamlos sein“ oder „ohne Anstand sein“ übersetzt werden kann, heißt wörtlich „kein Gesicht nötig haben“, also "kein Ruf zu verlieren haben".

    Das Gesicht ist also, das Ansehen, das man bei anderen hat. Während bei der Schuld die "schlechte Tat" im Zentrum steht, ist man bei der Scham selber zutiefst ungenügend.


    Aber das kann man natürlich auch überwerten. Gerade im Bezug auf China liegt ja vielleicht viel daran, dass China eine Diktatur ist, wo man ständig kontrolliert wird und deswegen eine Stimmung der Angst herrscht, wie es das ja in vielen Diktaturen gibt.


    Wahrscheinlich muß man, um zu ermessen, wie viel das ausmacht, nach Taiwan oder Hongkong reisen, die auch chineisch aber eben nicht kmmunistisch sind.