Beiträge von Rudolf im Thema „Untrennbarkeit von Samsara und Nirvana“

    In Mahayana-Unterweisungen höre ich oft, dass sich alle Dinge und Lebewesen im "natürlichen Nirvana" befänden.

    D.h. so wie der leere Raum ist Nirvana selbst kein Produkt.

    Nirvana ist jetzt schon da.

    Ursache und Wirkung beziehen sich nur auf das Eliminieren der Leidenschaften und falschen Vorstellungen (Illusionen)

    Die ganz Zeit ist Nirvana aber schon da.

    So wie der leere Raum schon da ist, obwohl er noch mit Unrat und anderen Gegenständen voll gestellt ist.


    Wie auch könnte Nirvana jetzt nicht vorhanden sein und später erst entstehen?

    Es entsteht doch essenziell gar nichts. Entstehen und Vergehen sind nur Illusionen (dies ist insbesondere Von Nagarjuna betont worden).

    Gibt es eine Untrennbarkeit von Samsara und Nirvana, dann müssen sie beide immer zusammen gegeben sein.


    Ob der Buddha sagen würde, er sei getrennt von Samsara, weiß ich nicht. Ich vermute mal nein, wegen seines Mitgefühls.


    Aber in dir sind Samsara und Nirvana gerade jetzt gleichzeitig vorhanden: Samsara, weil du noch Leidenschaften hast, Nirvana weil diese bloß ein Irrtum in deinem Geist sind. In Wahrheit ist dein Geist schon jetzt von Natur aus im Nirvana. Deine Leidenschaften sind nur Befleckungen in deinem Geist, die nicht inhärent zu deinem Geist gehören und deswegen ja auch entfernt werden können.


    Und ich denke, um nur im reinen Nirvana verweilen zu können (wie auch immer das funktionieren mag - oder vielleicht auch nicht?) muss man mal in Samsara gewesen sein. Das zeigt auch eine Untrennbarkeit an: denn wenn du die Ursachen (die frühere Zeit in Samsara, der Achtfache Pfad) wegnimmst (im Gedankenexperiment), dann fällt auch das Ergebnis Nirvana weg.

    Das Gehen und der Geher sind konkret und anschaulich.

    Da kann ich Nagarjunas Argumente nachvollziehen.


    Samsara und Nirvana sind sowas von allgemein und Nirvana auch noch ziemlich unbekannt, da bin ich überfordert, deinen Vergleich zu verstehen.


    Nagarjuna demontiert mit seinen Argumenten unser Denken an wahrhaft eigenständige Dinge und Sachverhalte.

    Was Nirvana positiv ist (wie der Buddha es erlebt hat), kann er dadurch aber nicht zeigen.

    Da müssen wir wohl auf unsere eigene Erfahrung warten.

    Dass Nirvana und Samsara "gleich" sind, wird eher bedeuten, dass sich die Realität nicht ändern braucht, nicht ändern kann. Die Änderung betrifft eher die Beseitigung unserer Unwissenheit (der falschen Konzepte) mittels Meditation.


    Was der instinktive, angeborene "Wille zum Leben" bei Schopenhauer ist, erfährt man eher aus der Praxis als aus Definitionen.

    (Schopenhauers und Buddhas Werke bzw. Reden sind übrigens nicht nur eine bloße Wort- und Definitionsanhäufung, sondern sie werden hauptsächlich mittels der eigenen Lebenserfahrung verstanden und mittels des großen Überblicks über die Gesamtlehren.)


    Der "Wille zum Leben" bei Schopenhauer ist derjenige, der sich deutlicher als sonst bemerkbar macht, wenn man z.B. vor einem Abgrund steht, der Boden lockert sich und man droht herunterzustürzen. Dieser angeborene Wille ( gibt's übrigens auch bei Tieren) entsteht eben nicht aus dem Denken oder bewussten Wählen. Deshalb nennt Schopenhauer diesen Willen im Grunde, im Ursprung, auch "blind".


    Bei Buddha ist es der von ihm sogenannte Durst oder Lebensdurst, der auf Unwissenheit, Berührung und Empfindung (in der 12er Kette des Bedingten Entstehens) beruht, angeboren ist und vor der Entwicklung des Intellekts des Gehirns da ist. Also auch zunächst "blind" ist. Die Weisheit ist da die Sehhilfe.


    Asanga ist halt auch nicht das absolute Maß aller buddhistischen Erklärungen. Was den Lebens-Willen und den Tatendrang betrifft, da empfehle ich eher, die Sutren des Buddha zu lesen.

    Welches Sanskritwort benutzt Asanga eigentlich bei seiner Definition?


    Übrigens ist gerade neu eine Mahayana-Sutrensammlung in englischer Übersetzung erschienen:

    Questioning the Buddha - The Wisdom Experience


    Für den Theravada ist natürlich immer noch der "Korb der Lehrreden" im Palikanon da.

    Weil es kein wahres Wesen gibt, ganz einfach.


    Das ist Wort-Akrobatik.

    Schau mehr auf die Bedeutung der Worte im jeweiligen Kontext.

    Ja eben, und ich fühle mich diesem sogenannten "Willen" nicht ausgeliefert -


    Dazu gratuliere ich natürlich. dass du schon so weit gekommen bist.


    Außerdem wird ja auch in der Praxis dieser "unaufhörliche Wille zum Leben" leicht ad absurdum geführt, wenn man sich mal die aktuellen Suizidzahlen anschaut.

    Zum Selbstmord hat Schopenhauer auch einen Abschnitt geschrieben, den du wohl auch nicht gelesen hast. Denn dann wüsstest du ja die Antwort Schopenhauers auf deinen Einwand.


    Übrigens gibt es auch im Buddhismus gelegentlich eine Diskussion darüber ob für einen Buddhisten Selbstmord "erlaubt" ist oder nicht. Manche sagen, wenn die Lebenssituation so schrecklich und schmerzhaft ist, dass man es nicht mehr aushält, dass dann Selbstmord ok wäre,

    Mit der Hoffnung auf eine bessere Wiedergeburt.

    Die Selbstmörder halten das Leben nicht mehr aus unter den aktuellen schlechten Lebensbedingungen. Das reicht nicht um den angeborenen Willen, den Lebensdurst zu vernichten, Dann wäre der Weg, den der Buddha aufgezeigt hat, ja lächerlich überflüssig.


    Gerade deshalb sehe ich eine Verbindung zwischen Nirvana und Samsara. Nirvana ist die Negation, und zwar die bewusste, absichtliche, dauerhafte Negation des ständigen Wollens.

    Eine Negation einer Sache ist immer abhängig und nur möglich in Bezug auf diese Sache.


    Ein Nicht-Zusammenhang wäre eher gegeben, wenn man positiv Nirvana als etwas ganz anderes beschreiben würde, was mit Wollen und Nicht-Wollen gar nichts zu tun hätte. Das hat der Buddha aber nicht gemacht (und Schopenhauer auch nicht).

    Also blelbt der Zusammenhang von Nirvana und Samsara bewahrt.


    Die "Gleichheit" von Nirvana und Samsara, die oft im Mahayan-Buddhismus genannt wird bedeutet meinem Verständnis nach nicht die Gleichheit des Subjekts (der gleiche Bewusstseinszustand), sondern eher die Gleichheit der Objekte, die Gleichheit der "Welt". Das Wahrnehmbare ändert sich nicht, ob wir oder der Buddha es wahrnehmen. Es gibt da nur andere Sichtweisen auf die Objekte.

    Überschriften wie: " Zur Lehre von der Unzerstörbarkeit unseres wahren Wesens durch den Tod" klingen für mich nicht sehr nach buddh. Lehre.


    Im Buddhismus ist unser Karma unser wahres Wesen, welches als Kontinuum im Daseinskreislauf nicht abreißt, sondern uns von Geburt zu Geburt führt.

    Bei Schopenhauer ist der unaufhörliche Wille (zum Leben und als Tatendrang) als Ding an sich die treibenden Kraft auch über den Tod in diesem Leben hinaus. (Dies ist der Inhalt der Schrift " Zur Lehre von der Unzerstörbarkeit unseres wahren Wesens durch den Tod"-


    Wenn man nun bedenkt, dass der Buddha oft gesagt hat, "der Wille ist die Tat" und vom "Lebensdurst" spricht: wie kommst du da auf die Idee, dass dies Überschrift nicht so sehr nach buddh. Lehre klingt?