Beiträge von Sudhana im Thema „Geschlecht (Mann, Frau) im Buddhismus“

    Buddhismus entstand und wurde tradiert in einer patriarchalischen Gesellschaft - aber er begründet und rechtfertigt solche Strukturen nicht, er vertritt keine patriarchalische Ideologie. Er wandte sich zugegeben allerdings auch nicht explizit gegen sie. Gesellschafts- und Ideologiekritik war ursprünglich kein Anliegen des Buddhadharma - eine Einsicht in duḥkha bedarf der Untersuchung solch vergleichsweise subtiler Erscheinungsformen von duḥkha wie speziell der Benachteiligung von Frauen durch eine patriarchaliche Gesellschaftsform nicht. Da sind Alter, Krankheit und Tod doch etwas naheliegender ...


    Trotzdem ist der Buddhadharma in Bezug auf Frauen - nach dem Maßstab seiner Entstehungszeit gemessen - bemerkenswert "fortschrittlich". Bereits von Anfang an gab es nach buddhistischer Vorstellung keine Entstehungshierarchie der Geschlechter wie beispielsweise nach biblischer Lehre - also keine vorgeblich "natürliche" Rangordnung. Nach buddhistischer Auffassung gab es zunächst keine unterschiedlichen Geschlechter bei den Menschen; erklärt werden sie durch eine Entwicklung parallel zur Arbeitsteilung (DN.27). Daraus ergeben sich u.a. gleichgewichtige Rechte und Pflichten in der Partnerschaft für Mann und Frau (DN. 31). Wichtiger als solche obsoleten Herleitungen jedoch ist: das Ziel buddhistischer Praxis, also die 'Erleuchtung' (bodhi), kann in gleicher Weise von Mann und Frau erlangt werden, ohne geschlechtsspezifische Unterschiede in der Methode oder in der Qualität des Erreichten. Es gibt bei Mann und Frau keine Unterschiede bei den Abhängigkeiten und Anhaftungen, die überwunden werden müssen (das schon genannte AN. 1,1). Restvorbehalte wie der, dass eine Frau kein sammasambuddha werden könne (also wie Buddha selbst aus eigener Kraft und ohne Vorbild / Lehre den Weg zum Erwachen finden könne) sind von recht marginaler praktischer Bedeutung und durch die schon genannten zeitlichen und gesellschaftlichen Entstehungsbedingungen der Sutren erklärbar.


    Selbstverständlich erkannte auch Buddha Ungleichheiten (SN. 37,3), nämlich solche biologischer Natur (Menstruation, Schwangerschaft und Geburt) und solche sozialer Natur im Kontext der damaligen indischen Gesellschaft. So muß im Gegensatz zum Mann eine Frau ihr Elternhaus verlassen, um zum Mann zu ziehen und sie muss ihrem Ehemann dienen. Diese Unterschiede werden aber nicht als notwendige / 'natürliche' oder gar gottgewollte Übel angesehen, sondern schlicht als Tatsachen des Frau-Seins in der indischen Gesellschaft.Der ganze Abschnitt, in dem das Sutra steht (Matugāma-Saṃyutta) ist für das Thema von Interesse. Dabei ist zu beachten, dass in der Begrifflichkeit der frühen Sutren zwischen dem neutralen Begriff itthī (Frau) und dem diskriminierenden Begriff matugāma (etwa: 'Mutter im Dorf') zu unterscheiden ist. Wenn in den Sutren z.B. von einfältigen Frauen und weiblicher Launenhaftigkeit gesprochen wird, dann ist in aller Regel von matugāma die Rede, nicht von itthī. Nun ist zwar jede matugāma eine itthī, aber nicht jede itthī eine matugāma ...


    So wurde auch der buddhistische Frauenorden von Buddha an den Männerorden angegliedert und ihm unterstellt, weil es in der damaligen indischen Gesellschaft keine Möglichkeit für einen unabhängigen Frauenorden gab. Eine Frau ohne Vormundschaft eines Mannes - sei es Vater, Ehemann, Sohn oder ersatzweise sonst ein naher männlicher Verwandter - dessen Haushalt sie angehörte, war in der indischen Gesellschaft schutz- und rechtlos; sie konnte z.B. ohne weiteres versklavt werden. Bemerkenswert ist vielmehr, dass Buddha überhaupt einen Frauenorden schuf - das war zu seiner Zeit eine revolutionäre Neuerung, was auch die oft angeführten Vorbehalte gegen die Zulassung des Frauenordens erklärt und relativiert. Buddha war der erste, der Frauen die Möglichkeit eröffnete, in die Hauslosigkeit zu gehen und ihr Leben ausschließlich einem sprituellen Weg zu widmen.