Beiträge von Ochse im Thema „Sind Buddhisten eher konservativ, liberal oder sozialistisch?“

    Gilt das nicht für alle Menschen aller Religionen, dass sie in der Vergangenheit in Gesellschaftsformen lebten, die sich auf eine Weise weiterentwickelt haben, dass man heute das Einstige als nicht (mehr) erstrebenswert ansehen würde?

    Selbstverständlich.


    Verzeih' bitte. So, wie ich das geschrieben habe, kann kein Mensch verstehen, auf was ich hinaus wollte.


    Ich versuche es mal so: In den letzten Jahrzehnten hat sich im globalen 'Westen' (also vor allem Europa, USA, Australien, mit Einschränkungen auch Japan) als vorherrschende Religion eine 'Religion des Marktes' herausgebildet. Der Zen-Lehrer David Loy, den hier vielleicht einige kennen, hat darüber und über den Einfluss dieser neuen Religion auf die 'traditionellen' Religionen einen guten Artikel geschrieben - 'The Religion of the Market', es gab im Netz irgendwo mal eine deutsche Übersetzung. Den Gesetzen dieser Religion des Marktes mussten sich auch die herkömmlichen Religionen mehr oder weniger anpassen, weil es auch in der Religion jetzt um Marktanteile ging. Die Religion musste von allem 'Altmodischen', allem nicht Marktkonformen 'gereinigt' werden (im Falle des Buddhismus etwa von Karma und Wiedergeburt - das war nicht die Absicht von Batchelor, aber er hat da schon ein bisschen die Rolle eines nützlichen Idioten gespielt :grinsen:).


    Aus diesem Grund haben wir hier einen Buddhismus, der zwangsläufig von den Residuen der Gesellschaftsformen, in denen er entstand, 'gereinigt' werden muss. Wehrt er sich gegen diese Zumutung, prophezeie ich mal, dass mit der positiven Berichterstattung von 'Brigitte' bis Deutschlandfunk ganz schnell Schluss ist.


    Damit ist vielleicht auch Deine zweite Frage etwas beantwortet: Es gibt Formen des Buddhismus die zumindest ich nicht brauche.

    In dieser Versammlung ( Sangha) besprach besprach man die Angelegenheiten der Shakyas als z.B wie man mit den anderen Fürstentümer umgeht aber auch interne Sache. Und es ist bezeichnend, dass Buddha die Organisation die gründete ebenfalls mit Sangha bezeichnete. Buddha blieb in dem was er tat dem Gemeinwohl verpflichtet. Als er starb, würde kein Nachfolger gewählt sondern es war eine Versammlung von gelehrten Mönchen die in Konzilien zusammensaussen. Buddha behielt also den demokratischen Impetus seiner Herkunft.


    Während in einer Diktatur nur einer entscheidend und die anderen ignoriert werden, dürfen in der Demokratie viele mitreden und ihre Wünsche äußern. Und dass können Wünsche nach mehr Gerechtigkeit sein oder nach mehr Freheit, nach mehr Bewahrung oder mehr Veränderung. Politik ist ein Prozess in dem diese Wunsche miteinander ringen und unter einen Hut gebracht werden. In einem System wo die Wünsche sich nicht politisch artikulieren dürfen, brodeln diese als Unmut.

    Man kann sich bestimmt fragen, ob es sinnvoll ist, die direkte Demokratie einer Stammesgesellschaft mit der repräsentativen Parteiendemokratie in einer spätkapitalistischen Konsumgesellschaft zu vergleichen.


    Vielleicht wäre auch noch anzumerken, dass historisch 99% aller Buddhisten in Gesellschaftsformen lebten, die die meisten von uns nicht erstrebenswert finden würden, und der Buddhismus (u.a.) durch diese Gesellschaftsformen zu dem wurde, was er heute ist.


    Schwierig, da jetzt 'Handlungsanweisungen' für Konservative, Liberale, Linke, den 'konsumfreudigen grünen Citoyen' oder andere moderne Ismen abzuleiten.

    Nämlich, was sind sie?

    Ich denke, das sieht man jedesmal, wenn versucht wird, die jeweilige politische Lieblingsforderung mit irgendwelchen Buddhazitaten zu stützen und dann erstaunt feststellt, dass Leute mit der Gegenposition auch passende Zitate finden.


    In Anlehnung an ein Tucholsky-Zitat über Nietzsche: Sage mir, welche politische Position Du vertrittst, und ich finde das passende Buddhazitat.


    (Was übrigens nicht bedeutet, dass ein Buddhist nicht politisch handeln kann - er/sie könnte es nichtmal vermeiden, wenn er/sie es wollte.)