Beiträge von Himmelsbaum im Thema „Was versteht man im Buddhismus unter Unwissenheit“

    Da bin ich mir nicht sicher, ob das der Zweck der Aneinanderreihung ist.


    Gilt deine Ablehnung allgemein oder nur für das vorliegende Beispiel?


    Oft hat ein und dasselbe Wort mehrere Bedeutungen. Taucht so ein Wort in einer Kette auf, dann bestimmen die anderen Wörter, welche Bedeutung des Wortes in diesem Zusammenhang gemeint ist.


    Natürlich, Kontext ist Sinn bestimmend. Aber der Kontext, jetzt zum Beispiel die von dir angeführten 2 Ketten bei Analayo, sind Kette 1 und Kette 2. Abhängig vom Kontext folgt die Bedeutung. Mein Begriffsredundanz bezieht sich auf eben solche Begriffsketten. Andere Ketten, andere Bedeutungen.


    Mein Beitrag war als allgemeiner Hinweis gedacht. Jetzt einmal Fall konkret. Im Dhammasaṅgaṇī heißt es auf die Frage, was Verblendung ist?


    Zitat

    Katamo tasmiṁ samaye moho hoti?


    Yaṁ tasmiṁ samaye aññāṇaṁ adassanaṁ anabhisamayo ananubodho asambodho appaṭivedho asaṅgāhanā apariyogāhanā asamapekkhanā apaccavekkhanā apaccakkhakammaṁ dummejjhaṁ bālyaṁ asampajaññaṁ moho pamoho sammoho avijjā avijjogho avijjāyogo avijjānusayo avijjāpariyuṭṭhānaṁ avijjālaṅgī moho akusalamūlaṁ ayaṁ tasmiṁ samaye moho hoti.


    Der Ehrw. Santuttho übersetzt dies mit:


    Zitat

    Was ist die zu dieser Zeit bestehende Verblendung?


    Die zu dieser Zeit bestehende Unkenntnis, Einsichtslosigkeit, mangelnde Auffassungs­gabe, Verständnislosigkeit, Unfähigkeit, Zusammenhänge zu verste­hen, das Nicht-Durchdringen, Begriffsstutzigkeit, Mangel an Verständ­nistiefe, an reflektivem Erkennen und Betrachten; [geistige] Unklarheit, Unreinheit, Torheit, Unaufmerksamkeit, Wahn, Wahnsinn, Wahnhaftig­keit, Nichtwissen, Flut des Nichtwissens, Joch des Nichtwissens, Neigung zum Nichtwissen, Befangenheit im Nichtwissen, die Schranke des Nichtwissens; Verblendung als Wurzel des Unheilsamen.


    Moha wird hier also durch die Begriffe avijjā, aññāṇā und sammohā definiert. Bei Bodhi (2012) A Comprehensive Manual of Abhidhamma heißt es: Moha ist Synonym zu avijja, sein Merkmal ist aññāṇā (S. 83).

    Das und deutet für mich eher darauf hin, dass im Theravada moha und avijja nicht gleichgesetzt werden.

    Eine schwer zu widerlegende Deutung...


    Ein Merkmal der Palitexte ist Begriffsredundanz. Dies soll verhindern, dass Textkorruption zwingend zur Aussagekorruption führt. Falls während der Überlieferung - sei es mündlich oder schriftlich - die Begriffe avijjā und sammohā verloren gehen, dann bleibt immer noch aññāṇā übrig und die Textaussage bleibt identisch erhalten, obwohl der Text selbst korrupt ist. Siehe u.a.


    Anālayo: Oral Dimensions of Pāli Discourses:

    Another oral feature of the early discourses can be found in the frequent use of strings of synonyms. Such a string of synonyms serves to safeguard against loss, since a whole set of similar words stands much greater chance of being remembered than a single word and also better impresses itself on the audience. {Anālayo 2007 #1056D: 6, meine Hervorhebung}


    Allon, Mark: The Buddha's Words - a Gift to Humanity:

    Early Buddhist texts recording the discourses and teachings of the Buddha and the words of his disciples were orally composed and then orally transmitted for hundreds of years. These texts were clearly designed with memorization, group recitation, and the faithful transmission of those ideas, those teachings in mind and these are indicated by two main factors: the first is stylistic features, so this would be the use of formulas … another feature is repetition … another feature is the tendency to build up strings of words semi synonymous … and to arrange them according to their syllable length and to have metrical and sound similarities … another [second] feature is to group like-material into collections {Allon 16.-23. März 2019 #2875D: 0:20–5:02, meine Hervorhebung}

    Es gibt die 6 Wurzeln (mūla), die eingeteilt sind in heilsame und unheilsame. Die unheilsamen sind Gier, Hass und Verblendung. Der Palibegriff für Verblendung ist moha und nicht avijja (Unwissenheit). Die heilsamen Wurzeln sind das Gegenteil.


    Falls moha hier verstanden wird als das Nicht-Erkennen der Edlen Wahrheiten und amoha als das Erkennen der Edlen Wahrheiten, dann führt dies zu folgenden Schlussfolgerungen:


    a. Es gibt nur heilsames Bewusstsein ab dem Stromeintritt, der das Erkennen der Edlen Wahrheiten verkörpert. Aber wie kann man in den Strom eintreten ohne vorher Heilsames zu tun. Oder:


    b. Nicht in allem heilsamen Bewusstsein ist Unverblendung (amoha) vorhanden.