Beiträge von Sudhana im Thema „Zen Buddhismus & Christentum“

    Wenn philosophische Setzungen nicht kompatibel sind mit Zen, sondern eher mit Agnostizismus und Skeptizismus, kann da aus meiner Sicht nichts christliches andocken.

    Nun - Chan / Zen ist hinsichtlich philosophischer "Setzungen" / Doktrinen ausgesprochen unscharf bzw. pluralistisch. Wie schwierig alleine schon der Diskurs über eine geistesgeschichtliche Einordnung ist, hat sich hier ja kürzlich gezeigt. Einfach, weil es für Zen (ich benutze den Begriff mal subsumierend für unterschiedliche lokale Traditionen) kein objektivierbares theoretisches Konzept gibt, das entsprechende Kriterien vorgäbe. Verständnis von Zen ist subjektiv - bestimmt durch den jeweiligen subjektiven Erfahrungshorizont.


    Ich gehe nicht so weit wie D.T. Suzuki, der ein faschistisches oder faschistoides Zen-Verständnis für etwas völlig normales hielt und da auch (wie als Gegenstück Dürckheim) keinerlei Berührungsängste hatte. Dafür bedarf es freilich zunächst einer nicht unproblematischen "Setzung": nämlich der, Zen sei ethikfrei. Da ziehe ich - so parteiisch bin ich - dann doch die subjektive Setzung vor, dass der Zen - Weg ein Bodhisattva-Weg ist, ein Teil des 'Großen Fahrzeugs'.


    So viel zu meiner Sicht der wirklich grundlegenden Setzungen - wobei darauf aufbauende, weitere Setzungen, notwendig mit einer der beiden Alternativen "kompatibel" (um den Begriff aufzugreifen) sein müssen und etliche davon wiederum nicht mit beiden kompatibel sein können. Dazu die kleine Anmerkung, dass Christopher den Titel seiner Studie 'Zen has no morals' zwar etwas provokant formuliert hat - aber er weist auf die grundsätzliche Fragestellung hin, die man als Zen-Praktizierender beantworten muss: ist Zen amoralisch oder nicht? Ich persönlich fand da Hyakujos Fuchs recht nützlich und es auch bezeichnend, dass Wumen ihn als zweiten Präzedenzfall nach Wu/Mu nimmt, aber das nur nebenbei.


    Natürlich gibt es auch Setzungen, die zu beiden Alternativen kompatibel sind - etwa Skeptizismus und Agnostizismus. Theistische Setzungen passen wohl nur zum 'moralischen' Zen - wobei man schon ehrlich sagen muss, dass nach meiner Wahrnehmung die Setzungen da schon etwas differenzierter sind, als sie Barstukken auflistet. Kompatibel gemacht wird da (jedenfalls habe ich es bisher nicht anders gesehen) speziell eine negative Theologie und gerade evangelische Pfarrer kommen idR auch von Bultmann (Sichwort Entmythologisierung) her.


    Jedenfalls sind natürlich theistische und agnostische Setzungen inkompatibel. Christliches Zen ist Waidao-Chan / Gedo-Zen nach der Klassifizierung Zongmis, "Zen außerhalb des Weges". Wobei man das mE vor allem aus der Perspektive einer weiteren Setzung ins Auge fassen kann: dem der 'nützlichen Mittel' entsprechend der hōben-Doktrin des Lotossutra. Dann ist beides Teil eines Fahrzeuges, das größer ist, als das Mahāyāna: das 'eine Fahrzeug', Ekayāna. Zwar eine im Tiantai entwickelte Setzung - was aber nicht heisst, dass sie für Zen nicht nützlich sein kann.


    Generell sollte man sich freilich bewusst sein, dass alle Setzungen nichts sind als Geschichten, die wir uns selbst erzählen. Entscheidend ist das Tun und das Lassen, zu dem sie uns bewegen.