Beiträge von Arthur1788 im Thema „Der Karmapa, Missbrauchsvorwürfe, eine Initiativen von Karma Kagyüs“

    Ich muss ganz ehrlich gestehen: mein Mitgefühl und mein Verständnis für die Opfer und auch für diese Karma-Kagyü-Initiative hält sich in Grenzen. Ich stelle mir da immer die Frage: wie kann man sich als erwachsener, halbwegs intelligenter und in einer aufgeklärten Kultur aufgewachsener Mensch auf so etwas einlassen?

    Ich denke in der Regel finden westliche Menschen zum Buddhismus, wenn sie eine persönliche Krise durchleben. Daher ist es nicht verwunderlich, dass einige von ihnen bereit sind, sich selbst zu entmündigen, wenn ein vermeintlicher Heilsbringer erscheint, der eine einfache Lösung für sämtliche Probleme anbietet. Die "Gurus" die es auf so etwas abgesehen haben, entwickeln sicherlich ein Gespür dafür, wer die eher instabilen Persönlichkeiten sind, denen sie sich unangemessen nähern können. Das macht das Ganze natürlich besonders perfide.


    Und dass das Aufwachsen in einer aufgeklärten Kultur nicht davor schützt, einer völlig irrationalen Heilslehre zu verfallen, lehrt ja insbesondere die deutsche Geschichte zu Genüge.

    In bud. Gruppen sehe ich das nicht. Das hat verschiedene Gründe. Schauen wir uns die drei großen problematischen Gruppen Rigpa, Triratna und Shambala an. Da wird bis heute geleugnet, dass es überhaupt Missbrauch gab. Die Täter, Sogyal, Sangharakshita und Trungpa hätten über eine Weisheit verfügt, die weit über die Urteilsfähigkeit normaler Menschen hinaus gehe, die in konventionellen Rahmen denken. Das, was in der konventionellen Wirklichkeit nach Missbrauch aussieht, sei nur eine von großer Weisheit durchdrungene Methode, um zu Erleuchtung zu führen.


    Sich im Besitz einer eigenen höheren Weisheit und Ethik zu wähnen, macht unempfindlich gegenüber jedem Aufklärungsversuch. Diese werden dann dann abgetan: Man verstehe eben den Meister und seine Methoden nicht richtig. Dieses Prinzip findet man bei allen der drei genannten Gruppen und bei vielen anderen bud. Gruppen, die durch Missbrauch auffallen.


    Deshalb funktioniert der Vorschlag auch nicht diesen Gruppen die Aufarbeitung der eigenen Missbräuche selbst zu überlassen. Dieses Problem sehe ich auch erweitert auf ganze Traditionen. Der tib. Bud. wird ohne Interventionen von außen nicht heilbar sein, auch weil hier kulturelle Hürden zu nehmen wären.

    Ich verfolge die Neuigkeiten aus der buddhistischen Community eher sporadisch, aber was da in letzter Zeit alles hochkommt lässt einem wirklich...nun ja, alles hochkommen. Ich frag mich ehrlich gesagt auch, ob das ganze nicht weniger ein Problem "des Buddhismus" als viel mehr des tibetischen Buddhismus ist. Dieses ganze Guru-System ist doch prädestiniert für Personenkult und in einem gewissen Sinne für totalitäre Strukturen. Auch Zen scheint mir tendenziell anfällig dafür, wenn auch etwas weniger stark als die tibetischen Traditionen.


    Was doch sehr bemerkenswert ist, dass es solche Vorfälle im Theravada so gut wie gar nicht zu geben scheint, obwohl dort die strengsten Regeln hinsichtlich des Zölibats herrschen. Das scheint ja zumindest die beliebte Erzählung zu widerlegen, dass Missbrauchsfälle in religiösen Gruppen auf das Zölibat zurückzuführen sind.