Liebe Rigpa,
von diesem Thema mal abgesehen: mir scheint, dass Du Dir viele, viele - um nicht zu sagen allzu viele Gedanken machst.
Diese vielen Gedanken blockieren Dich, in Dich zu schauen. Sie kommen und gehen, ohne einen direkten Zusammenhang zu haben, tauchen auf und vergehen wieder. So, wie man einen Strich ins Wasser zieht und er dann wieder unmittelbar verschwunden ist.
Betrachtet man diesen Vorgang einmal genauer, so erkennt man, dass er einen auch quälen kann, indem der Fluss der unzusammenhänglichen Fragen nicht abreißt.
Klar sollen wir nicht nur in uns schauen, sondern auch studieren. Wenn Du also studieren willst, dann beschäftige Dich erstmal sehr gründlich mit einer einzigen Sache, egal was Dich da am meisten anspricht. Und wenn Du gründlich bist, dann kommen die spezifischen Fragen von ganz allein. Diese haben dann eine andere Qualität als Deine bisherigen Fragen, die kaum miteinander im Zusammenhang stehen (höchstens weitläufig).
Wenn man studiert, so geht man üblicherweise so vor, dass man sich mit einem bestimmten Thema genau befasst. Anschließend geht man systematisch vor, indem man sich daraus ergebende Themen gründlich abarbeitet. Dazu sucht man sich dann Aussagen von Experten zum Beispiel und vergleicht diese, undsoweiter. So ist das ein sehr spezifisches Vorgehen.
Wenn man sich auf diese Weise ein genaues Bild gemacht hat, kann es sein, dass eine kleine "partielle" Einsicht auftritt, nach Art einer "Heureka"-Erfahrung. Das ist sehr gut, denn das Heureka bedeutet: ich habe eine übergeordnete Gesetzmäßigkeit erkannt und durchschaut, sie lebt in mir. Wir erkennen dann die subtile Vernetzung innerhalb des Seins.
Solche Erfahrungen sind großartigen (Geistes- und Natur-)Wissenschaftlern gekommen, wie Einstein, Kekulé, Kepler, Nietzsche zum Beispiel, Sie erlebten in sich solche Offenbarungen, dabei haben sie noch nicht einmal meditiert.
Aber wie gesagt, solche Erlebnisse sind niemandem gegeben, der sich nicht außerordentlich mit einem Thema punktuell befasst.
Man kann das auch "einspitzig" nennen, dieser Ausdruck, den Du kennst, wird bei Meditationsangelegenheiten angewandt.
Einspitzigkeit kann aber auch bei jedweder Tätigkeit oder beim Lesen und Studieren auftreten, womit hier der Kreis meiner Darlegungen sich wiederum schließt.
Du fragst zwar nach dem Lebens- und Erlebensweg großer Lehrer. Dann musst Du Dich auch fragen, was Dir die Antworten darauf bringen.
Es sind aber vor allem innere Erlebnisse. Wenn Du diese nicht mit Deinen eigenen inneren Erlebnissen in Verbindung bringen kannst, dann lass' all dieses fallen.
Ich habe Dir schon mal gesagt, dass meine Lieblingsgeschichte vom Buddha die seiner Rede an die Kalamer ist. Hier sagt der Buddha u. a.:
Geht nicht nach dem Hörensagen, probiert es selbst aus.
Was euch zusagt und euch weiterbringt, das nehmt an, was aber nicht kompatibel ist, das verwerft.
Dazu kommt es aber nur durch Gründlichkeit. Hierdurch erkennt man auch die Zeitverschwendung, die durch zusammenhangloses Hin-und-Her-Fragen entsteht.