Beiträge von Thorsten Hallscheidt im Thema „Selbsthilfe-/Psychologie-/Perönlichkeitsentwicklungs-Bücher und Zen - kontraproduktiv?“

    Wer den Weg geht, um etwas für sich zu erlangen, der identifiziert sich notwendigerweise mit den Aggregaten.

    Ja, das ist ja auch völlig in Ordnung, da der Weg ein Weg der allmählichen Änderung von Gewohnheitsmustern bedeutet. Dazu gehört auch eine sich allmählich verändernde (Intensität und Qualität der) Identifikation mit den Aggregaten, denn sie sind das Feld, an dem sich Erkenntnis entfalten kann: Das bin ich nicht, das gehört mit nicht, das ist nicht mein Selbst. Der Bereich dessen, mit dem eine Identifikation möglich, gewünscht, ersehnt und zwanghaft ist, wird im Laufe dieser Entsüchtung immer kleiner:


    Zitat

    Da, Ānanda, hat der Mönch die Wahrnehmung: 'Dies ist der Friede, dies das Erhabene, nämlich: der Stillstand aller karmischen Bildungen, die Loslösung von allen Daseinsgrundlagen, die Versiegung des Begehrens, die Entsüchtung, Erlöschung, das Nibbāna!' Auf diese Weise mag der Mönch eine solche Sammlung erreichen.


    Quelle


    Diese Sammlung zeitigt das Erkennen einer Instanz oder Bewusstwerdung jenseits der durch die Geistesgifte hervorgerufenen Ich-Konstruktion, die durch Identifikation mit den Skandha entsteht. Was da zu Bewusstsein kommt, ist nicht das Ich, das wünscht und fürchtet oder durch diese oder jene Charakteristika ausgezeichnet ist. Es ist:


    Zitat

    gleichwie der große Ozean


    Diese Erfahrung ist offenbar etwas, das sich nach sehr langer und intensiver Praxis einstellt, die mit einem endgültigen Erlöschen der Geistesgifte und einem Enden der Identifikation mit einem auf den Skandha beruhenden Ich einhergeht. In einer Zen-Geschichte wird dieses Erleben mit der Erfahrung eines Fisches verglichen, der sein Leben lang nach "Wasser" sucht, bis er eines Tages über die Wasseroberfläche hinausgehoben wird. Man könnte diese Metapher erweitern, indem man sagt, dass der Fisch nicht nur erkennt, dass er sich die gesamte Zeit in dem Wasser befunden hat, das er gesucht hat, sondern gleichzeitig auch erkennt, dass seine Existenz in keiner Weise vom Wasser und allem anderen darin getrennt ist. Zudem wird er nie wieder in der Lage sein, das Wasser und seine totale Verbundenheit damit NICHT wahrzunehmen. Dies könnte man sehr gut mit dem Stromeintritt vergleichen.

    dass ich mit meinen Aggregagte nichts zu tun habe

    Ich (im Sinne von Identität = ich bin das und das, mag/mag nicht, fürchte/fürchte nicht, will/will nicht) hat ausschließlich mit Aggregaten zu tun, besteht auf Basis der Aggregate, wie die Bezeichnung "Wagen" auf den Teilen desselben beruht.


    Da ich also nicht mein Bewußtsein bin

    Bewusstsein gehört zu den Teilen, aus denen sich die Ich-Illusion zusammensetzt. Ich entsteht also auch auf der Basis von Bewusstseinsmomenten, wobei Bewusstsein in diesem Kontext immer das Bewusstsein von etwas ist und eng mit den sechs Sinnen und deren Sinnesorganen zusammenhängt.


    denn es kann nur der Versuch sein, zu etablierten, dass die Aggregate ICH sein sollten

    Ich ist nicht identisch mit den Aggregaten, wie auch der Wagen nicht identisch ist mit seinen Teilen.


    Interessant wird das ganze bei der Frage, ob es denn noch etwas darüber hinaus (jenseits der Skandha) überhaupt geben kann – in jedem Fall ist das nicht Ich. Der Palikanon formuliert die folgenden poetischen Metaphern, um DAS zu beschreiben:


    Zitat

    Ebenso nun auch, großer König, ist jede Form, jedes Gefühl, jede Wahrnehmung, jede Gestaltung, jedes Bewußtsein, durch welche man den Vollendeten bezeichnen wollte, vom Vollendeten überwunden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so daß sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln können. Von der Bezeichnung durch Form, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltung, Bewußtsein erlöst ist der Vollendete tief, unermeßlich, unergründlich, gleichwie der große Ozean: Auferstehn, das trifft nicht zu; Nichtauferstehn, das trifft nicht zu; Auferstehn und Nichtauferstehn, das trifft nicht zu; Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn, das trifft nicht zu