Beiträge von void im Thema „Ursachen, Bedingungen und wissenschaftliche Erklärungen“

    Aristoteles war jemand der sich für die Welt interessiert . Als er im Exil auf Lesbos war beschäftigte er sich sehr mit den dortigen Tiere und suchte zu ergründen, wie das alles zusammenhing:


    Aristoteles interessierte sich als einer der Ersten für den Bauplan von Meereswürmern und Kopffüßern, für den „Vollkommenheitsgrad“ ihres Körperbaus und für die Lebensweise anderer Wirbelloser, für die Funktionsweise von Schneckenmägen, für die Struktur des menschlichen Herzens und Blutkreislaufs, aber auch für die Tanzsprache von Bienen, die Paarung von Reihern und die elterliche Fürsorge von Xphjnen. Aristoteles wollte wissen, wie sich Lebewesen aus dem Ei entwickeln, warum einige länger leben als andere, warum wir sterben

    Aristoteles war also jemand der neugierig auf die Natur war und von daher als einer der Gründerväter der Naturwissenschaft helfen kann.


    Über Nagarjuna weiß man wenig aber ich würde nicht annehmen, dass er sich groß für Delphine und Bienen interssiert. Seine Sprache ist nicht dazu geeignet die Beziehung zwischen Ei und Tier zwischen Sprössling und Pflanze zu ergründen.


    Er war ein Weltentsagender der sich nicht für weltliche Beziehungen interessiert sondern dafür unter welchen Bedingungen

    leidvollen Phänomene im Geist auftauchen.


    Auch wenn es beides Philosophen sind, folgen sie zwei gegensätzliche Bewegungsrichtungen "Hin zur Welt/ weg von der Welt" die ihr Denken kennzeichnet und von daher ihr Verständnis von Ursachen prägt.


    Das das was für Aristoteles wichtig ist für Nagarjuna unwichtig ist, ist vielleicht eben nur Ausdruck der Entsagung.

    In der Übersetzung des Mulamadhyakakarika von Geldsetzer findet sich im Vorwort die These, dass Nagarjunas Werk eine Kritik an Aristoteles Lehre von den vier Ursachen sei:

    Zitat

    Setzt man dies voraus, wird deutlich, daß er seine eigene Theorie vom »Entstehen im Zusammenhang« (pratitya-samutpada) in der Kritik an der aristotelischen Vier-Ursachen-Lehre entwickelt und dieser gegenübergestellt hat. Ebenso wird die Bedeutung der Benennung dieser vier Ursachen sowohl im Sanskrit wie im Chinesischen als Übersetzung der griechischen Bezeichnungen der »Form- und Materieursache sowie der Wirk- und Zweckursachen« überhaupt erst verständlich.

    Der Gang seiner Analysen der einzelnen Ursachen aber zeigt, wie er drei dieser Ursachen, nämlich die materiellen und die Wirk- und Zweckursachen als wiederum »unvorstellbar« destruiert und nur die Formursache in einer neuen und originellen Deutung für seine »Kausaltheorie« der Entstehung in Abhängigkeit

    Demnach gilt für die buddhistische Schule des Mittleren Wegs anscheinend allein die Formursache also die Idee oder der Begriff als Ursache.

    Ja, für Geldsetzer ist Nagarjuna ein Vertreter des philosophischen Idealismus, der die Existenz von Dingen dort draussen und die Beziehung die sie haben leugnet und bei dem deswegen eher alles von Geist konstruiert wird.


    Ich habe noch den Artikel gefunden:


    Mulamadhyamakakarika - Nagarjunas grundlegende Gedanken zum Mittleren WegEntwicklung einer deutschsprachigen Interpretation - von Hans Korfmacher


    Hier kommt mir das differenzierter gedacht vor.


    Zitat

    Das Erscheinen ist gleichzeitig Begründung dafür, dass Ursachen nicht aus sich heraus existieren. Deshalb lehnt Nagarjuna radikal jedes Entstehens aus isolierbaren Ursachen ab.


    Doch wie kann etwas ohne Ursachen und nicht ohne Ursachen entstehen? In diesem scheinbaren Paradoxon zeigt sich die besondere Qualität Nagarjunas Denken: Er will uns von der üblichen Denkweise wegführen, die die eigenständige Existenz von Erscheinungen annimmt und die wir im Sinne der ebenfalls üblichen Kausalitätsgesetze als Ursache oder einer Nicht-Ursache begreifen, um uns auf neuen Wegen darauf hinzuweisen, dass Erscheinungen sich in einem ständigen Werden und Vergehen befinden, ohne je als eigenständige Ursachen oder Wirkungen isoliert werden zu können.


    Hier klingt es so, als lehr er das "Wirken" nicht ab sondern eher die Idee isolierbarer Ursachen.

    Danke für die Erläuterung! Um mal bei dem Beispiel mit der Vase zu bleiben. In unserem Sprachgebrauch würde man ja eher nicht auf die Idee kommen den Ton als Ursache der Vase zu bezeichnen. Der Ton an sich bewirkt ja nichts.

    Das war nicht immer so. Ich denke man geht von der Frage "Warum ist da eine Vase?" und kommt von da aus auf all die Bedingungen, die die eine Vase ermöglichen. Ohne Ton keine Vase. Ohne Töpfer keine Vase. Ohne Plan keine Vase.


    Es ist interessant sich da die Ursachen bei Aristoteles anzusehen:

    Während Aristoteles noch Stoff-, Form- und Zweckursache gelten ließ, verstehen wir nur die Wirkursache als Ursache .


    Aber ich glaube, es gibt neben den von Aristoteles in der Physik genannten Ursachen noch weitere Richtungen in der man das Feld der Ursachen ausweiten kann. Ein Bereich ist natürlich der der nicht-physikalischen Ursachen z.B Schicksal, göttliche Ursache oder karmische Ursache.


    Aber ein anderer wichtiger Punkt ist, wenn man nicht zwischen der physikalischen und der begrifflichen Ebene trennt.


    Also sich z.B fragt, welche Bedingungen die Verwendung des Begriffs "Vase" hat. Wann spricht man von einer Vase?


    Zum Beispiel wenn es Hohlgefäß ist, wenn es aus einem haltbaren Material ist ( z.B keine Melone) wenn es nicht gleichzeitig als Trikgefäß verwendet wird. Wenn man die begriffliche Ebene und die physikalische Ebene nicht trennt, passiert es ganz leicht dass man die "Ursachen des Begriffs" mit den "Ursachen des Dings" gleichzeitig betrachtet.


    Ich denke, es hat unglaublich lange gedauert und viel Disziplin erfordert, die Beziehung zwischen Sprache und Welt zu klären. Man hat ja sehr lange Sachen, die rein Fragen der Benennung sind "wie lange nenne ich etwas Samen, ab wann nenne ich es Sprößling" mit dem auf was sich die Benennungen bezieht vermischt. Eben gerade weil Unterschiede in der Benennung ja ein Weg sind um sich auf Unterschiede in der Wirklichkeit beziehen und man selber als Mittel die Sprache benutzt.


    Von daher gab es in der Moderne drei Bewegungen.


    1. Erstens, dass man den Begriff von dem Ding trennt.
    2. Zweitens, dass man Übernatürliches ausschließt.
    3. Drittens, dass man nur mehr die Wirkursache als Ursache gelten ließ.

    Ich denke, dass es auch in Asien Denker gab, die ersteres praktizierten und es auch im Buddhismus versucht wird.


    Während Punkt 3 viel seltener ist. Es hat glaube ich mit der westlichen Auseinandergehen zwischen Naturwissenschaft und Theologie zu tun.