Beiträge von void im Thema „Der weise Tsongkhapa über manche sexuelle Praktiken : )“

    Unsere Wahrnehmung hat doch drei Grundintuitiinenn:

    1. Wir erleben uns selber als ein Subjekt
    2. ...das auf interne Geisteszustände blickt ...
    3. .. und zusätzlich auf eine Welt von Dingen ( Objekten)

    Die westliche Philosophie hat den aus diesen Intuition erwachsende Grundwiderspruch zwischen subjektiven und objektiven sehr bewegt.


    Während die ostasiatischen Religionen das Problem viel weniger haben. Wenn man die Welt nicht als dinghaft sieht sondern als ein flüchtiges Spiel von Kräften, dann mißtraut man ja der scheinbaren Dinghaftigkeit der Objekte


    Und der Buddhismus mit seiner Anatta Lehre mißtraut ja sowohl dem Subjekt als auch der Idee das dieses Subjekt Geisteszustände hat.


    Wenn aber Subjekt und Objekt und ihre Trennung leer sind, muß ich mir dann ein Leib-Seele Problem aufbürden und anfangen über Geist und Materie zu sprechen als wären das im Buddhismus wichtige Begriffe?


    Soweit ich weiß hat dich das Leib Seele Problem Buddha nicht bekümmert, oder?

    Der Schmerz ist keine Wirkung einer materiellen Ursache. Nehmen wir als Beispiel einem Armbruch. Wenn der Armbruch die materielle Ursache für den empfundenen Schmerz ist, dann müsste der Armbruch überwunden sein, wenn der Schmerz eintritt. Denn Ursache und Wirkung existieren nur zeitlich nacheinander, aber nie gleichzeitig.

    In der Physik ist Wirkung eine durch eine verursachende Kraft bewirkte Veränderung. So bewirkt die Gravitation, dass ich nicht einfach davon fliege.


    Deine Verwendung der Begriffe "Ursache" und "Wirkung" von von beiden verlangt wird hintereinander und von gleicher Art zu sein ist eine ganz andere. Woher stammt die denn?

    "In einer 1995 im Biological Psychology Journal veröffentlichten Studie (Harte et al.) wurde die Freisetzung neurochemischer Substanzen bei zwei Gruppen - 11 Eliteläufer und 12 hochtrainierte Meditierende - nach dem Laufen bzw. der Meditation untersucht. Was haben sie herausgefunden? Bei beiden Gruppen war der Endorphinspiegel stark erhöht. Und was vielleicht noch erstaunlicher ist: Der "Wohlfühleffekt" der Meditation war sogar besser als der des Laufens!!

    Man muss schauen was im Buddhismus die Funktion von Meditation ist. Ich würde da in zwei Stufen aufteilen:

    1. "Sammlung" dient dazu , dass Körper und Geist zur Ruhe kommen.
    2. Dadurch gerät man in eine Situation, wo man das Funktionieren des eigenen Geistes verstehen kann und von dem Ausagieren von Impulsen frei wird.

    Zunächst ist für jemand der meditieren lernt zuerst 1 wichtig. Dabei ist es aber so, dass "Sammlung" erstmal etwas neutrales ist. Etwas was Sportler als "Flow" kennen. Wenn die Sammlung glückt und die Teile nicht mehr gegeneinander arbeiten sondern miteinander, dann wird Energie frei und Glück kommt ganz natürlich auf. Von daher denke ich, dass die Studie mit den Läufern da den Effekt der Sammlung(1) gemessen hat. Und ich denke ja, das heute wirklich viele Leute genau wegen diesen Effekt meditieren.


    Aber der "Witz vom Buddhismus" ist ja eben nicht 1 sondern 2. Das Angehen von Gier, Hass und Verblendung. Und da ist ja das Ziel "Freheit". Freheit ist kein Geisteszustand sondern ein Systemzustand.


    In der Psychologie und auch in der Ökologie gibt es ja den Begriff der Resilienz (von lateinisch resilire: zurückspringen, abprallen, nicht anhaften) Es ist die dynamische Stabilitätseigenschaft - sich durch Störungen nicht ins Ungleichgewicht bringt zu lassen sondern immer ins Gleichgewicht zurückufinden. Ich sehe 2

    Nicht Anhaften (Upādāna) sehr nahe bei diesem "Zurückspringen". Zurückspringen aus Zuständen ist selber kein Zustand sondern die Freheit von diesem.


    Und nur wenn Sammlung(1) mit dem Weg zur Befreiung(2) verbunden ist wird "rechte Sammlung" draus.


    Sammlung(1) selber ist zwar durchaus toll aber halt so wie halt auch Sex toll ist. Einheitserfahrungen jeder Art sind beglückend und wenn sie vorbei sind, jammert man ihnen gerne nach. Das Ziel von Meditation liegt nicht in der Erlangung glückseliger Zustände sondern in der Freheit von Zuständen und so das Gegenteil von Sucht. Ein Befreiter kann jederzeit aus jeden Zustand heraus und ist von daher nicht mehr auf formale Meditation angewiesen.


    Aber was bedeutet das für das Thema? Ich denke, dass der Weg beinhaltet von der Anhaftung auf Sexualität und die damit verbundenen Zustände frei zu werden. Prinzipiell ist das vollkommen unabhängig ob man Sex hat oder nicht. Ich denke dazu kann es sinnvoll sein keinen Sex zu haben. Aber wenn jemand zu viel Sex hat - wir eine Prostituierte - hat das wahrscheinlich sogar einen stärkeren Effekt.

    Die schlimmsten Monster sind die Minister usw. die das, was der Herrscher glaubt, umsetzen, Hauptsache er belohnt sie. Die Menschen, die Parteiführern folgen, ohne überhaupt zu wissen, was die Partei eigentlich vertritt.

    Die Priester, die ihren Kirchenoberhäuptern folgen, egal ob das menschlich ist oder nicht.

    Je idealistischen man ist, je mehr man von einem guten, wohlwollenden, egalitären und friedlichen Menschen ausgeht, desto mehr wird man wohl davon ausgehen, dass man da irgendwo "Monster" vorfindet, die alles versaut haben. Aber ich denke, dass sich gesellschaftliche Ungleichgewichte langsam und schrittweise ergeben haben. Gerade als Gemeinwesen größer wurden und es mehr und mehr kriegerische Konflikte gab, war es ja wichtig immer mehr Krieger mobilisieren zu können und da war es dann häufig so dass es zur Herausbildung einer Bauern und einer Kriegerschicht kam und im Zuge dieser Umstellung zu einer Arbeitsteilung kam in der die Frauen auf Herd und Kinder beschränkt wurden. Die Abwertung der Frau kam mit der Aufwertung des Krieges und der Organisation der Gesellschaft in patrilineare Clans. Auch Shakyamuni entstammte ja so einem Clan.


    Als an Buddha der Wunsch zur Etablierung eines Nonnenordens herangetragen wurde, war dass Problem natürlich, wie man das im Kontext einer patrarchale Gesellschaft bewerkstelligt.


    Ein Status als Nonne bietet ja ein Druckventil für negative Zustande für Frauen, die ja womöglich den Zustand als geschätzte Nonne einem Leben als unterdrückte Gattin und Mutter vorziehen.


    Weil die Leute also fürchteten ihnen würden Frauen und Töchter davonlaufen, hatte es das solche soziale Sprengkraft, dass die Gefahr bestand, dass es überhaupt keine Nonnenorden geben könnte.


    Buddha entschärfte diese Situation durch einen Kompromiss mit den patrarchale Verhältnissen, wo Frauen auch als Binnen gegenüber Männern zurückgesetzt sind. Die Alternative zu diesem zweifelhaften Kompromiss wäre vielleicht ein Nonnenorden gewesen der nach kürzester Zeit wieder eingestampft würde.


    Und dieser Gefahr ist ja real. Die Vollordination von Nonnen im Theravada ging ja vor 800 Jahren verloren.


    Dhammananda war die erste Frau in Thailand, die als Nonne in der Theravada-Tradition geweiht wurde. Ihre Mutter erhielt bereits 1971 in Taiwan die Ordination, von Nonnen und Mönchen des Mahayana-Buddhismus. Sie war die erste, voll ordinierte Nonne in Thailand überhaupt.

    Allerdings erkennt der Höchste Rat der thailändischen Buddhisten die Ordination von Nonnen nicht an. Eine Vorschrift besagt, dass eine einmal unterbrochene Ordinationslinie nicht wieder aufgenommen werden darf. Und die Nonnenorden wurden schon vor achthundert Jahren aufgelöst.

    Trotzdem gibt es in einem anderen Theravada-Land, in Sri Lanka, seit 1998 wieder buddhistische Nonnen. Auch die thailändische Nonne Dhammananda erhielt ihre Weihe in Sri Lanka. Ihrem Beispiel folgten viele Frauen.

    Wenn Buddha damals nicht eine Herabsetzung von Frauen im Norden zugelassen hätte, hätte das Patrarchat die Thervada Nonnenordination vielleicht schon früher beendet. Ein komisches Gefühl bleibt.

    Wenn man heute an Homosexualität denkt, dann denkt man an gleichberechtige Partnerschaften zwischen Erwachsenen.


    Natürlich gab es das auch in einigen traditionellen Gesellschaften aber was es auch gab, waren sehr assymetrische Machtverhältnisse zwischen Erwachsenen und jungen Männern wie z.B in Japan, wo die Tradition von buddhistischen Mönchen eingeführt wurde und in diesem

    Video von Linfamy sogar Kukai dem Begründer des japanischen Vajrayana zugeschrieben wird.

    Nanshoku (男色, literally “male colors”)

    While nanshoku (also pronounced danshoku) as a term has been used to refer to male homosexuality (for example in works like Nanshoku Okagami by Ihara Saikaku, translated into English as The Great Mirror of Male Love) between a older man and a young boy, the origin of the term is found in religion. Nanshoku was imported from China into Japan from monks who had studied Buddhism in China, and it referred to a relationship between two monks. In nanshoku, a younger, usually pre-pubescent, monk (called chigo) would come to be under the wing of an older monk (called nenja). When the chigo grew older, the nanshoku relationship between the two would end and the nenja would be free to look for a different acolyte.

    In Japan war also - wie im alten Griechenland eine Form der Homosexualität vorherrschend die sehr weit von Gleichberechtigung entfernt war und die man wohl besser mit "Päderastentum" beschreibt.


    Von daher kann es sein, dass man bei der Ablehnung von Homosexualität in buddhistischen Klöstern solche von Beziehungen vor Augen hatte.

    Und genau das macht Tsongkhaopa zu einem unglaubwürdigen Lehrer. Diese scheinbar kleine Irritation, wird sein gesamtes Denken durchwirken.

    Ich denke jeder ist ein Kind seiner Zeit und auch von einen Erwachten kann man nicht erwarten das nicht zu sein. Auch wenn ich keine Gier und keinen Hass habe, und jedem das Beste wünsche ist es die Gesellschaft der Zeit die mitunter das was als das Beste gedacht wird, vorgibt.


    So kann man wie die moderne Gesellschaft oder wie Buddha in den obigen Zitat bei einer Handlung fragen, inwieweit sie anderen schadet, aber in einer traditionellen Gesellschaft wird als erstes die Frage gestellt, inwieweit es die als heilsam gesehene Gesellschaftsstruktur aufrecht erhält oder ihr schadet. Und dann kommt man dann eben schnell auf Schlüsse wie das Prositution ( auch wenn sie Leid zufügt ) als ein Ventil wirkt und verhindert dass "ehrbare Frauen" vergewaltigt werden. Wenn man erstmal von der Aufrechterhaltung der Gesellschaft aus denkt, dann kommt man - wie gierlos oder hasslos man auch sein mag, zu ganz anderen Ergebnissen als wenn man vom Individuum aus denkt.

    Yeshe Ragbye schreibt zu dem Thema:

    As you can see Tsongkhapa heavily weighed the odds in men’s favour – not surprising, as he was a man. In fact, it appears his list only seems to be aimed at men, in Tibetan culture women should do what men want them to do. That point comes across loud and clear when married women , who are seen to belong to their husband, have no say in whether they want sex or not.

    It would appear Tsongkhapa was trying to force lay-people to adhere to rules that were actually meant for monks and nuns. This way of thinking stems not from Buddhism but is a cultural thing.

    It does seem that Tsongkhapa’s view is out of step with today’s society and so we have to go back to what Gautama Buddha meant by sexual misconduct. He wanted us to reflect on our acts and see if they bring harm or are helpful. So in this context, I believe if we want to know if an act constitutes sexual misconduct or not, we should ask ourselves the following questions:

    • Does the act cause harm or does it bring joy?
    • Is the act motivated by love and understanding?
    • Would you like it if someone did it to you?
    • Is there mutual consent?

    If there is mutual consent between two adults, it is not abusive and is an expression of love, respect and loyalty, I believe it cannot be classified as sexual misconduct, irrespective of whether it is between a man and a woman, two men or two women.

    Während Buddha da rein danach fragt ob ein Verhalten einem anderen schadet oder nicht, scheinen die Aussagen von Tsongkhapa die Werte seiner patrarchale Gesellschaft widerzuspiegeln.


    Das sieht man ja gerade an der Aussage, dass eine Frau keinerlei Entscheidung über Uhr eigenes Sexualleben haben sollte und escausreicgen sollte, dass er will.


    Es gibt keinen Grund Tsongkhapa nicht in anderen Aussagen als weise und als bedeutenden buddhistischen Lehrer zu schätzen, aber hier reproduziert er eben patrarchale und sexistische Werte.

    Es kommt auf das Ziel der Praxis an, ob und welche Form der Sexualität als problematisch angesehen werden könnte oder nicht. Viele religiöse Texte sind aus der Perspektive des Erwachens geschrieben. Aus dieser Perspektive mag Sexualität egal welcher Form dem Ausbrennen der Wunden eines Aussätzigen an einem Kohlenfeuer gleichen, das dieser aus Mangel an anders gearteter Erfahrung als Glück fehlinterpretiert. Daher können solche Texte auch heute möglicherweise eine Orientierung bieten.

    Wenn Begierde und Sexualität insgesamt als schädlich gesehen werden, dann ist dies etwas was rein einen geistigen Zustand sagen wir Begierde oder Lust bezeichnet.


    Wenn aber männliche Homosexualität schlimmer als Heterosexualität oder weibliche Homosexualität gesehen wird dann schaut man nicht auf den Geisteszustand sondern auf die beteiligten Genitalien. Und es ist interessant was es für eine Begründung dafür gibt.


    Eine solche Begründung ist eben eine bestimmte Medizinische Idee das eine Aufstauung von Yang Energie krank macht. Wobei das zweifelhaft ist warum das bei Yin nicht genauso ist.


    Eine andere Behründung ist zu schauen, in welcher Form Homosexualität in der Gesellschaft auftritt. Ob in gleichberechtigten Verhältnissen oder in Mißbrauchverhältnissen.

    Der Punkt ist, dass Tsongkhapa aus dem medizinischen Wissen seiner Zeit und seiner Kultur heraus Schlüsse zog. Etwas anderes als auf den Wissen seiner Zeit heraus zu denken, kann man kaum tun. Jemand aus dem Mittelalter (1400) kann eben mittelalterliche Vorstellungen haben.


    Auch wenn er ethisch hochstehende, weise und voller Mitgefühl ist. Selbst wenn man annimmt, dass Tsongkhapa Befreiung erlangt hat, gibt es doch keinen Grund anzunehmen, dass das irgendwie geeignet ist medizinische oder soziale Fehlschlüsse zu überwinden.


    So wie ja auch perfekte Kenntnis medizinischer und sozialer Fakten einen der Befreiung nicht näher bringt.


    Und umgekehrt ist eben auch so, dass man eben einem der den buddhistischen Weg gemeistert hat, auf dem Gebiet - also dass er einen zur Befreiung führen kann - trauen kann, aber eben nicht auf anderen Gebieten : Wenn er über Politik, Soziales, Medizin u.s.w spricht dann Tut er das als Laie. Im Bezug auf sagen wie "Halbleiter" ist uns dass doch klar.


    Aber wie zum Teufel kommt jemand dazu von einem buddhistischen Lehrer aus dem Mittelalter politische Korrektheit zu erwarten? Das ist doch eine sehr überzogene Erwartung die da irgendein "Übermenschentum" voraussetzt , das schlicht nicht gegeben ist.

    Selbst wenn ich wohlwollend und weise bin kann ich nur auf dem Wissen meiner Zeit aufbauen. Als Rauchen als gesund galt, hatte man vielleicht - weil man es ja nicht besser wußte - dazu geraten und wenn Masturbation als etwas galt, was die menschlichen Säfte und Kräfte auszehrt und zu allen möglichen Krankheiten führt, hätte man davon abgeraten:

    Samuel Auguste Tissot untermauerte seine Theorie mit der alten anatomischen Auffassung, dass die Samenflüssigkeit ursprünglich aus dem Gehirn stamme und durch die Wirbelsäule in den Penis gelange. Wer also masturbiert, so der Arzt, «opfere» einen Teil seiner Hirnflüssigkeit. Die Folgen: unzählige Gebrechen und Krankheiten, eine Schädigung des Nervensystems sowie die Beeinträchtigung des Gedächtnisses und des Denkvermögens.

    Vielleicht hätte man das im 18 Jh einfach als medizinisches Wissen hingenommen und dann davon abgeraten.


    Tsongkhapa lebte noch früher - um 1400 herum - also im Mittelalter und mußte mit der Information leben die es damals gab. Und da war es in der traditionellen tibetischen Medizin die Idee, dass Krankheiten aus einem Ungleichgewicht der Kräfte stammen. Und in so einem Denksystem ist es ja dann sehr leicht zu folgern das die Kombination "Mann-Frau" zu einem Ausgleich der Kräfte führt und "Mann-Mann" nicht. Und basierend auf solcher Information kann man dann - selbst wenn man weiße und mitfühlend ist - den Schluss ziehen, dass männliche Homosexualität krankmachend ist.


    Ich finde es nicht gut, wenn man sich da 600 Jahre später darüber lustig macht. Und ich würde Tsonkpapa da keinen Vorwurf machen. Bei Leuten die heutzutage und in Berufung auf ihn genauso denken würde ich das aber ablehnen..