Beiträge von void im Thema „Verstehe ich nicht. Diskussionen / Hilfe zu verschiedenen ( auch älteren ) Beiträgen.“

    Der Begriff "Berge und Flüsse 山河 ist ein stehender Ausdruck, der so etwas wie "äußere Umgebung" bedeutet. Wenn Mao Tse Tung sagt "Die Berge und Flüsse des Landes sind rot" dann kann das auch ganz schlicht als "das ganze Land ist rot/kommunistisch" übersetzt werden. Wenn der Dichter Du Fu "Das Reich ist zerstört, aber Berge und Flüsse bestehen weiter" schreibt dann spricht er über das was übrigbleibt , wenn man das Soziale wegnimmt - die äußere Umgebung.


    Berge und Flüsse sind also einfach die Bestandteile der äußeren Welt.


    Von daher geht es viel um die Beziehung zwischen Inneren und Außen.


    1. Ich verstehe es, so dass einerseits unsere ganze Vorstellung äußerer Dinge von Inneren - von diversen Wahrnehmungsprozesse bedingt ist.
    2. Und andererseits ist die Idee eines Ichs auch etwas was beständig - gerade durch Interaktion mit dem Außen erzeugt wird.

    Ich versteh Qingyuan Xingsi so, dass zuerst Illusionen der ersten Art wegfallen. Statt das was Leckeres als "aus sich lecker" gesehen wird und was "ekliges" als an "an sich eklig" erscheint dann alles als wandelbar und bedingt. ( von daher spricht Igor von der "geistgen Ebene)


    Je mehr er aber in seiner Praxis Fortschritt, gelangte er von Blättern zu den Zweigen zur Wurzel - zur Grundillusion - eines " festen Ichs". Hier ändert sich die

    Stoßrichtung. Statt zu schauen wie das scheinbar Äußere von Innerem bedingt ist, wird zunehmend zum Thema wie das Innere von Äußerem bedingt ist.


    Indem man bei dem was aufkommt, - Gedanken, Emotionen - ein "Das bin nicht ich, das ist nicht mein" wird ja quasi Inneres zu Äußerem. Emotionen "ereignen" sich so wie sich Äußeres ereignet. (Vielleicht lässt Igor den Zen-Meister Summen, weil im Summen körperliches und willentlich es so zusammenfallen)


    Um mit Du Fu zu reden

    "Das Reich (des Egos) ist zerstört, aber Berge und Flüsse bestehen weiter".

    Aha, ganz einfach also.

    Die Aussage empfinde ich als überheblich und verletzend.

    Wenn ich schreibe "das ist nicht so schwer zu verstehen" dann rede ich davon, dass das ( im Zitat vorher von mir gebrachten)

    Gedicht von Qingyuan Xingsi leichter zu verstehen ist als die poetisch Nacherzählung von Igor. Da hatte er wahrscheinlich das Original nicht vor Augen und es ist von verschiedenen Ebenen, der Essenz der Dinge, dem Göttlichen usw die Rede. Wo Qingyuan Xingsi viel proasischer einfach nur von seinem unterschiedlichen Verständnis im Laufe seiner 30 jährigen Praxis spricht. Von daher kommt mir das ein Stück einfacher vor.


    Während es bei dir wohl so rüberkommt als rede ich vom Leser und sage "Es ist alles ganz einfach - vielleicht bist du einfach zu blöd". Das wäre natürlich hochnäsig.

    - Auf dieser Ebene schaut man auf Bäume und sieht Bäume, man schaut auf Berge und sieht Berge.

    - Und die geistige Ebene?

    - Auf der zweiten Ebene sieht man die Essenz der Dinge - Bäume hören auf, Bäume zu sein, Berge hören auf, Berge zu sein.

    - Und das Göttliche?

    - Ah, das ist die Erleuchtung, - summte der Meister. - Bäume werden wieder zu Bäumen, und Berge werden wieder zu Bergen.

    Igor bezieht sich da auf ein beruhmtrs Gedicht von Zen-Meister Qingyuan Xingsi

    einem bedeutender Schüler des berühmten 6. chinesischen Patriarchen Huineng:


    Zitat

    Bevor ich für dreißig Jahre Zen studiert hatte, sah ich Berge als Berge und Flüsse als Flüsse. Als ich ein besseres Verständnis entwickelt hatte, kam ich an den Punkt, wo ich sah, dass Berge nicht Berge sind und Flüsse nicht Flüsse. Aber jetzt, wo ich in der Ruhe beheimatet bin, sage ich: Berge sind wirklich Berge und Flüsse wirklich Flüsse


    Das ist doch nicht so schwer zu verstehen. Unser normaler Geist ist verblendet und wir sehen die Dinge als aus sich selbst bestehend. Und wenn man dann mehr meditiert dann sieht man alle Sachen zunehmen als leer von inhärenter Existenz d.h als bedingt. Aber diese ist selber mit Unruhe behaftet und bringt da einen Gegensatz rein. Eben so komische Idee wie "Essenz", " tiefere Wahrheit" , "das Göttliche" und andere so gequirlte Transzedenz. Weswegen es wichtig ist "Befreiung" das Podest zu nehmen und es ganz in den Alltag zu integrieren so dass die Dinge zwar als leer durchschaut sind dem aber nichts abgehoben es mehr anhaftet.


    Es wird nicht nur die Dinge als leer dekonstruiert sondern die Dekonstruktion wird gleich mit dekonstruiert.