Beiträge von void im Thema „5 Thesen zu einem Buddhismus im Westen“

    Was ich immer noch nicht weiß ist, was dieser ominöse Westen ist. "Der Westen" - wenn man jetzt mal Europa und Amerika meint - ist so vielfältig und unterschiedlich wie es nur sein kann.

    Ja, da hast du recht. "Westen" ist immer so eine Selbstbeschreibung gewesen. Gerade im kalten Krieg positionierte sich ja der "Westblock" gegenüber dem Ostblock, indem er sich als Hort von Demokratie, Kapitalismus und Freheit positionierte und Werte der Aufklärung zu verbreiten suchte. Am häufigsten werden da die liberale Demokratie und folgende Werte genannt:

    • Freiheit,
    • Rechtsstaatlichkeit,
    • Gleichheit vor dem Gesetz
    • Individualismus
    • Toleranz gegenüber Minderheiten


    Wobei es ja zentral ist , dass sich diese aufklärerischen Ideen selber gerade nicht geographisch verorten sondern als universell begreifen. Sie liegen nicht auf einem Chromosom sondern man kann sie verbreiten. Was ja im Zuge der Globalisierung passiert ist: Man findet nach wie vor meist europäische Länder die deutlichste Ausprägung aber im Detail ist es häufig überraschend:


    Demokratie


    Bei der Demokratiequalität liegen z.B Japan, Österreich, Korea und Kanada ungefähr auf dem selben Level während Griechenland das ja einigen als Erfinder der Demokratie gilt als"defizitäre Demokratie" und auch die USA ist nur knapp drüber.


    Rechtsstaatlichkeit:

    Auch bei Rechtsstaatlichkeit ist es so, dass europäische Länder zwar insgesamt weit vorne liegen, im Detail aber Japan vor Ländern wie Belgien und England rangiert.

    Auch hier macht also das Ost-West Denken wenig Sinn.


    Toleranz:

    Wenn man sich als Beispiel für Toleranz den LGBTQ equality Index ansieht, dann ist da Europa zwar sehr tolerant aber auch dies taugt nicht zur Abgrenzung. So liegen z.B Indien und Thailand vor Italien ( Wahrscheinlich wegen des neofaschistischen Backslash)


    Freiheit:

    Die politische und zivile Freheit nach Freedom House ergibt folgendes Bild:

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    Hier sind Japan, Mongolei und Indien ebenso wie der Westen mit zivilen und politischen Freiheiten gesegnet. Bei der persönlichen Freheit liegt Taiwan vor Italien.


    Individualismus:

    Zu Individualismus gibt es bei Hofstede die Kulturdimension Kollektivismus/Individualismus. Da sieht man dass es in Europa/Nordamerika tatsächlich besonders "individualistisch" ist.

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    Dies gilt aber interessanterweise nicht für Portugal und Spanien.


    Gerade Spanien war ja bis 1975 noch eine Militärdiktatur, in der die Jungfrau Maria den Titel eines Ehrengenerals der spanischen Armee zugesprochen wurde. Während Japan damals schon eine Demokratie war.


    Ich denke jeder Zen-Lehrer der jünger als 80 Jahre alt ist, ist in einem liberalen, säkularen Rechtstaat aufgewachsen - in einer modernen individualisierten Konsumgesellschaft.


    Und sogar vor mehr als hundert Jahren gab es im Buddhismus ja Leute wie den anarchosyndikalistischen antiimperalistischen Sōtō Abt Uchiyama Gudō:

    Uchiyama war ein entschiedener Verfechter demokratischer Rechte. Er forderte die Abschaffung des Meiji-Kaisersystems und eine Landreform zugunsten armer Bauern. Scharf kritisierte er Zen-Führer seiner Zeit, die der Meinung waren, die niedrige soziale Position von Menschen sei eine Folge ihres schlechten Karmas, und damit das Elend der Bauern rechtfertigten.[5] Als Sozialist setzte Uchiyama sich für eine schrittweise Abschaffung des Privateigentums, für die Gleichberechtigung der Geschlechter, für kostenlose Gesundheitsversorgung und freie öffentliche Bildung ein.[6] Bei Eintritt Japans in den 1. Weltkrieg rief er die Wehrpflichtigen auf, massenhaft zu desertieren

    Uchiyama war ein Radikaldemokrat mit Diamantsutra dran, der ( neun Jahre vor Rosa Luxemburg) für sein Eintreten für die Recht der Armen hingerichtet wurde.


    Es ist eine Welt mit zahlreichen Parallelen und Verstrickungen.

    Während Luthers Thesen ja in erster Linie etwas Politisches waren, würde ich bei heutigen Thesen erwarten dass man sie empirisch belegen kann.


    Der Buddhismus im Westen ist vorwiegend ein asiatische Buddhismus. Den 30 000 deutschstämmigen Buddhisten stehen 230 000 bis 250 000 asiatische Buddhisten gegenüber. Diese sind in ihrer Herkunftskultur verwurzelt.


    Von den 30 000 vertritt die DBU ungefähr 9 500. Während es große Organisationen außerhalb der DBU gibt. So gibt der Diamantweg an, 5 500 Mitglieder zu haben und die Sokka Gakkai 3 500 Mitglieder zu haben. Allein diese beiden Organisationen haben also so viele Mitglieder wie die DBU. ( Zahlen von hier )


    Von daher ist die Frage, wo genau die von dir aufgestellten Thesen überprüfbar sind. Kann man feststellen, dass in der DBU die traditionellen Buddhisten an Halt verlieren und es mehr größere Organisationen gibt, die nicht mehr einer Tradition zuzuordnen sind?


    Wie könnte man die Thesen empirisch überprüfen?