Der klassische Fall für eine Vipassana-Mediation.
Ein Praxisbeispiel:
Kopenhagen, Anfang der der Zehner Jahre, ein Sommerabend.
Meine erste Frau ist wieder in mein Leben getreten, eine heftige Amour Fou.
Wir spielen Sartre und Simone de Beauvoire.
Ich blicke aus dem Hotelfenster, zwölfter Stock.
Wenn ich jetzt runterspringe, ist der Wahnsinn vorbei.
Aber vorher noch eine Vipassana-Meditation.
Ich setze mich im Viertel-Lotus-Sitz aufs Hotelbett.
Wut und Eifersucht sind gewaltige Energien.
Ideal zum Meditieren, einschlafen und dösen werde ich jetzt bestimmt nicht.
Ich lenke die Aufmerksamkeit auf die Wut, sie ist das Meditationsobjekt.
Ich sehe meine erste Frau im Bett mit ihrem Lover.
Wut, Eifersucht, Ohnmacht.
Kommentiere die Szene textuell mit drastischen Worten über meine Frau.
Mit zunehmender Meditation löst sich der Kommentar auf.
Es bleiben die Bilder von meiner ersten Frau und ihrem Lover.
Und die ungeheuer starken Emotionen.
Es tut weh, ist schmerzhaft.
Ich gehe mit meditativer Konzentration ins Zentrum der Emotionen.
Nach einigen Minuten lösen sie sich auf wie ein Spuk.
Was bleibt, ist ein intensives Körpergefühl.
Als ob ein Starkstromkabel an mein Herz angeschlossen wäre.
Ein ungeheuer intensives Körpergefühl.
Und jetzt die Überraschung:
Dieses Gefühl ist nicht unangenehm, nicht schmerzhaft.
Es ist einfach nur intensiv und lebendig.
Ich gehe mit meditativer Konzentration ins Zentrum des Körpergefühls.
Nach einigen Minuten löst es sich auf wie ein Spuk.
Es bleibt ein wache, klare, entspannte Präsenz.
"Körper und Geist sind abgefallen".
Die ungeheure Leichtigkeit des Seins.
Als mein "Ich" zurückkehrt, sieht es zwei kleine Kinder auf einer Frühlingswiese:
Meine erste Frau und ich, zwei unschuldig spielende Kinder.
Was habe ich daraus gelernt?
Ich bin süchtig nach starken Gefühlen, nach Drama wie in einem Taylor-/Burton-Film.
Nach der Achterbahn der Gefühle.
Hauptsache keine Langeweile.
Unsere Amour Fou haben wir unbewusst perfekt inszeniert.
Zwei Wochen später habe ich meine heutige Freundin und "spirituelle Muse" kennnengelernt.
Sie hat mich sozusagen gerettet.
Meine erste Frau und ich blieben in Liebe verbunden und in Kontakt bis zu ihrem frühen Tod.
Das Thema unseres letzten Treffens war, was wir im nächsten Leben anders machen wollen.
Verrückt ?