Beiträge von void im Thema „2 Reinkarnationen gleichzeitig?“

    accinca:


    Soweit es die Lehre des Buddha angeht ist nibbāna kein Prinzip welches sich
    verkörpere, sondern das Loslassen von jedem Prinzip sogar von der Lehre.
    Nichts steigt in dem Körper ein oder verkörpert sich.


    Da scheinte viel um Worte zu gehe Im Schritt hin zum Mahyana hat sich eine Abstraktion und Personifikation von nibbāna vollzogen. Mann kann ja Sätze gebrauchen wie "die Arbeitslosigkeit greift um sich und erfasst jetzt auch Hochqualifizierte". Das so zu verstehen, als würde da etwas externes in den körper von Menschen eindringen, ist eine seltsame Vorstellung. Der Satz ist eine Abstraktion von Einzelereignissen nämlich "xy wurde arbeitslos" und xy ist "hochqualifiziert".


    Abstraktion und Personifikation können zu einem Punkt gelangen, wo sie das Eigentliche überwuchern. Das ist eine reale Gefahr. Um auf deine Raucherbeipiele zurückzukommen, könnte man da drei Stufen der Abstraktion folgendermassen beschreiben:



    • Ich bin Raucher und muss zu Rauchen aufhören.
    • Ich bin Raucher und muss das Nichtrauchen in meinem Leben Platz gewinnen lassen.
    • Ich bin Raucher und werde das Nichtrauchen verehren. Vielleicht stell ich eine Statue im Keller auf, der ich Rauchopfer darbringe damit sie sich daran erfreut.


    Letzterer Punkt verkörpert das Problem, das du im Mahayana siehst. Anstatt Befreiung im Handeln zu verwirklichen, ist es auf einen Sockel gehoben worden, in dem die Verbindung zur eigentlichen Bedeutung abgerissen ist. Der erste Punkt, ist wie ich deine Sichtweise verstanden habe. Der mittlere Punkt ist wie ich den Mahayana Ansatz sehe. Wenn man mal konkret mit dem Rauchen aufgehört hat, dann weiss man das das eben nicht mit der Konzentration auf Zigaretten zu tun hat, sondern eben darin, sich einen Tagesablauf zurechtzulegen in dem die Spannungen die sich in der Nikotinsucht entladen haben, auf positive Weise auflösen. Das bedeutet Verlöschen nicht als etwas rein negatives zu sehen, sondern als eine Geisteshaltung die einer anderen heilsameren Geisteshaltung Platz macht.


    Ich versuche dir jetzt lediglich die Sichtweise zu erläutern, und bin mir schon dessen bewusst das das nicht mit deiner übereinstimmt.

    Akuma:

    Ich meine eher einen Abidharma-artigen Text, welcher behandelt, was genau eine Emanation sein soll und wie sich das in das philosophische System einfügen soll. So dahergesagt ist das für mich die bescheuertste Lehre schlechthin, ein Bodhisattva müsste ein Zentrum bilden für seine Emanationen, müsste zusätzliche Bewusstseine haben, müsste die Bewusstseinsinhalte seiner Emanationen wahrnehmen können, dann stellt sich die Frage vermittels was er das täte, es stellt sich die Frage nach dem Karma, ohne welches garnichts entstehen kann, es stellt sich die Frage nach der Fremdverursachung der Emanation durch das Sinnesbewusstseinskarma des die Emanation wahrnehmenden Subjektes usw usw viele philosophische Probleme.


    Es geht doch nicht um ein Wesen, das jetzt Teile seines Bewustseins ausstrahlt wie eine durchgeknallte Discokugel. Es geht darum dass Buddhaschaft nicht als etwas Individuelles gesehen wird, sondern als ein Prinzip, das sich in bestimmten Menschen zu verschiedenen Zeiten verkörpert. Ein Prinzip das wichtiger ist als Umstände und Details. Weil es doch tangentiell peripher ist, ob ein Müllmann in Chicago oder ein Arzt in Thailand Befreiung erfährt. So wie Militarismus sowohl bei den Spartanern als auch bei den Samurais als auch bei den Nazis auftauchen konnten. Zu fragen, wo da jetzt die verdeckten Marionettenfäden sind, und ob jetzt jeder Nazi als Wiedergeburt eines Spartaners zu sehen ist, in welchem Teil eines Schwertes 'Militarismus' residiert oder ob es jetzt im Lauf oder in der Kugel des Gewehrs bewohnt. Ob man es eventuell durch Plastikwaffen und Warnhinweise eliminieren liese? All dies wäre ein Denken, dass das Grosse sucht in dem es Kiesel umdreht.

    Es gibt doch immer wieder die Idee, etwas Konkretes als Manifestation eines allgemeinen Prinzips zu sehen. Also die konkrete Wut als Manifestation der "Wut im Allgemeinen" zu sehen. So wie man ja auch ganz allgemein sagt "Nebel bildet sich" ohne den Nebel von heute vom Nebel von gestern abgrenzen zu wollen. Während es noch Sinn macht einzelnen Hochdruckgebieten Namen zu geben, macht sich schon bei Wolken geschweige denn bei Nebelbänken keiner mehr die Mühe sie als "Einheiten" zu betrachten. Weil sie so vergänglich sind. Und weil auch wir flüchtig und unsere Grenzen recht beliebig gezogen sind, finde ich, dass man Erwachen nicht jeweils als ein isoliertes Geschehen bei einer konkreten Person sehen kann sondern als ein "Auftreten des Prinzip Erwachens".


    Von daher kann ich immer dann wenn die Geistesqualität des allumfassenden Mitgefühls (bei einem Menschen) auftritt, davon reden dass sich "allumfassendes Mitgefühl manifestiert". Der Begriff der Emanation ergibt sich nur daraus, dass man sich das personifiziert (z.B als Buddha des Mitgefühls). Auch im Thervada wird ja z.B Verblendung in der Gestalt von Mara symbolisiert.

    looque:

    Wunderbar, vielen dank.
    Es ist also vom religioesen Standpunkt nicht moeglich, dass ein Bewusstsein in zwei Koerpern inkarniert wird, richtig?


    Wie gesagt. Ich verstehe es nicht wirklich und bin deswegen keine grosse Hilfe.

    Da kenn ich mich auch nicht aus.


    Aber ein wichtiger Pubnkt ist, dass im tibetischen Buddhimus Religion und Machtfragen immer sehr stark verbunden waren. Dazu kann ich dir das Buch "Religion und Politik im Tibetischen Buddhismus" von Michael von Brück empfehlen. Da wird recht gut erklärt, dass auch politische Bedingungen beim Entstehung des Tulku-Systems eine Rolle spielten. Damals herrschten ja die Mongolen, und der Karma Kagyü Orden war nicht nur eine religiöse Organisation, sondern auch ein wichtiger politischer Ansprechpartner für die Mongolen. Deswegen war wichtig, dass es da keine wilden Nachfolgestreiterein und Machtkämpfe gab sondern eine feste Nachfolgeregel. Der Karmapa Karma Pakshi war ja der spirituelle Lehrer von Möngke Khan, dem Bruder des grosse mongolischen Führers Kublai Khans und das Tulku System garantierte ( in der Theorie ) , dass die Verhältnisse stabil blieben.


    Damals wie heute würde ich, wenn es da auf einmal Parallelinkarnationen gibt, zuerst einmal Machtkämpfe vermuten. Oder das verschiedene Linien parallel ein Kind als Tulku anerkennen.